Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
Vom Netzwerk:
sich nun deutliche Rufe vernehmen. »Habt Erbarmen! Rettet uns!«
    Jeronimus schloss für einen Moment die Augen. Dann lächelte er. »Bringt sie um!«, befahl er Zeevanck.
    Zeevanck gab Wouter Loos ein Zeichen, der daraufhin sein Bajonett ergriff und in die Lagune hinaus stürzte.
    »Alle an die Bajonette!«, brüllte Jeronimus.
    Vier, fünf Soldaten hetzten mit hochgereckten Waffen zum Strand und setzten mit großen Sprüngen ins Wasser.
    -370-

    Wouter Loos hatte seinem ersten Opfer bereits das Bajonett in die Brust gerammt. Mit dem zweiten Hieb durchtrennte er ihm die Kehle und schaute abwartend zu, wie es sich ein letztes Mal aufbäumte, ehe es blutüberströmt versank. Suchend blickte er sich um, bis er den nächsten Schwimmer erspähte.
    Jeronimus* wandte sich zu Lucretia um, die schreckensstarr zusah, wie ein Schwimmer nach dem anderen ermordet wurde.
    Die Lagune färbte sich rot.
    »Schaut nur gut hin«, ermunterte Jeronimus sie. »Das ist die Strafe für ihren Verrat.«
    Lucretia riss den Blick von den Wellen los und richtete ihn auf Jeronimus.
    Seine Augen glänzten.
    Er ist verzückt, dachte Lucretia. Dem Morden zuzusehen versetzt ihn in Ekstase.
    Jeronimus schmunzelte. »Ganz recht«, erklärte er, als läse er ihre Gedanken. »Nichts ist so erhebend wie der Tod. Ich wünschte, Ihr würdet dasselbe empfinden, denn der Genuss ist überaus köstlich.«

    -371-

    XXIII

    Ich habe noch etwas Lustiges für Sie parat. Dieses Mal geht es um die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens.
    Stellen Sie sich vor, Sie sehen einen Menschen, der entsetzliche Qualen leidet. Er fleht einen anderen an, ihn davon zu erlösen. Das tut dieser aber nicht, denn das Leben ist ein Schatz, den es zu bewahren gilt.
    Bei anderen Gelegenheiten wiederum - sagen wir im Fall eines Krieges - wird der Mensch gebeten, beziehungsweise wird ihm befohlen, sein Leben wie eine wertlose Münze zu opfern.
    Beide Male wird davon gesprochen, Gottes Wille würde befolgt, wiewohl es in Wahrheit der Mensch ist, der entscheidet, wann ein Leben heilig ist und wann nicht.
    Warum aber immer so gehemmt, so verdruckst, so heuchlerisch?
    Warum sagt man nicht offen und gerade heraus: Wenn der Mensch Glück hat, darf er sein Leben genießen, wenn nicht, soll er es sich nehmen, und wenn er Pech hat, wird er es ohnehin ungefragt los.

    Auf dem Friedhof

    Als Sussie aufsah, stand Andries im Eingang des Krankenzeltes. Hinter ihm lauerten Pelgrom, die Ratte, und der Jonker Lennart van Os.
    Sussie erhob sich langsam. Noch ehe sie das Messer in Andries' Hand ausmachte, wusste sie, dass sich etwas Entsetzliches ereignen würde.
    -372-

    Sie warf einen Hilfe suchenden Blick in die Runde, doch es war niemand da. Judith kam nicht mehr zu den Kranken, und Aris Janz war fort.
    »Geh nach draußen, Sussie!«, sagte Andries leise.
    »Warum? Was hast du vor?«
    »Du kannst nicht bleiben. Bitte geh!«, drängte Andries.
    »Wozu haben sie dich gezwungen, Andries? Tu's nicht!«
    Sussies Stimme war schrill.
    Andries gab ihr keine Antwort.
    Sussie fürchtete, sie müsste sich vor Angst übergeben.
    Van Os packte Sussie und presste ihr die Arme auf den Rücken. Sein Gesicht war ganz nah. Er grinste und leckte sich die Lippen.
    Sussie bespuckte ihn. Van Os stieß sie von sich. Dann holte er aus und ohrfeigte sie. Sussie schwankte benommen.
    Van Os zerrte sie nach draußen. »Es ist nur zu deinem Besten, du dumme, kleine Gans«, murmelte er.
    Vor dem Zelt hatten sich Zeevanck und Jeronimus aufgebaut.
    Sie lachten, als Sussie ihnen entgegenstolperte.
    »Ihr seid nicht besser als Tiere!«, kreischte Sussie.
    »Na, na, na«, bemerkte Jeronimus und drohte ihr mit dem Finger.
    Er und Zeevanck bückten sich, um das Zelt zu betreten.
    Sussie stürzte hinter ihnen her.
    Als Erstes sah Sussie Andries. Ein feiner roter Sprühregen hatte sich auf sein Gesicht gelegt, und sein Hemd war blutdurchtränkt. Er stand halb aufgerichtet über einem Kranken.
    Mit einem tödlichen Streich hatte er ihm die Kehle durchtrennt.
    Sussie tat ein, zwei hastige Schritte auf ihn zu - und rutschte in einer Blutlache aus.
    -373-

    Andries blickte sich um. Sussie schauderte, als sie seine Augen sah. Es war nichts mehr in ihnen zu erkennen - sie waren wie tot.
    Andries murmelte etwas und streifte sein Messer am Ärmel ab. Dann wandte er sich dem nächsten Kranken zu.
    Er nimmt sich einen nach dem anderen vor, erkannte Sussie.
    Sie überlegte fieberhaft, wie sie Jan Finten retten konnte, der sich am Ende der Reihe

Weitere Kostenlose Bücher