Zorn der Meere
Südland ausgesetzt. Die Landschaft ist dort äußerst karg. Ich dachte, sie entspricht vielleicht seinem Naturell. Wenn dem so ist, mag er überleben, wenn nicht, findet er dort seinen Tod.«
»Dann billige Wouter Loos den gleichen Ausweg zu.«
»Und warum das?«
»Ich war in seiner Gewalt. Er hätte mich ebenso wie Jeronimus -«
»Ich werde darüber nachdenken«, fiel Francois Lucretia rasch ins Wort. »Lass mir ein wenig Zeit.«
Lucretia nickte nachdenklich, als sie sein Unbehagen erkannte. Danach blickte sie versonnen zum Fenster hinaus auf das Meer, in dem die letzten Sonnenstrahlen versanken.
»Lucretia -«, begann Francois und brach ab. Er suchte nach Worten, um auszudrücken, was ihn bewegte, doch dann schüttelte er resigniert den Kopf. Es gab nichts zu sagen. Das, was ihn bewegte, war ein Traum, der niemals Wirklichkeit werden würde.
Lucretia musste Ähnliches empfunden haben, denn sie stand auf. Auf dem Weg zur Tür streiften ihre Röcke Francois.
Er hätte sie berühren, hätte ihre Hand festhalten können, doch er tat weder das eine noch das andere.
Er ließ sie gehen.
Auch das war nun vorbei.
Achtundzwanzig Grad und dreizehn Minuten südlicher Breite
sechzehnter Tag des November im Jahre des Herrn,
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Die Zandaam hatte vor der Küste des Südlandes Anker geworfen.
Wouter Loos und Jan Pelgrom bestiegen ein kleines Boot, das mit Vorräten und Tauschgegenständen ausgestattet worden war, Letztere für den Fall, dass sie auf Eingeborene stießen, die dieses unbekannte Land bewohnten.
Wouter Loos blickte zu den Menschen hoch, die ihn von der Reling aus beobachteten. Sein Blick begegnete dem von Lucretia, und er nickte ihr unmerklich zu. Er hatte sie mit seiner Grausamkeit verschont und dafür hatte sie sich erkenntlich gezeigt. Ihr verdankte er die Möglichkeit, weiterzuleben, wenngleich niemand wusste, für wie lange.
Francois hatte indes eine winzige Hoffnung in Wouter Loos zum Leben erweckt. Er hatte ihm aufgetragen, sich mit den Eingeborenen, sofern sie auf welche träfen, anzufreunden und zu erkunden, ob es auf dem Südland verborgene Gold- oder Silberadern gab. Im folgenden Frühling und Sommer würden die Schiffe der Companie, die in diesen Küstengewässern kreuzten, nach ihm und Jan Pelgrom Ausschau halten und sie, falls sie noch lebten, aufnehmen, um die Ergebnisse ihrer Nachforschungen zu erfahren.
Wouter Loos stieß sich mit dem Ruder von der Zandaam ab.
Jan Pelgrom hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und weinte.
Wouter Loos begann zu rudern, den Blick starr auf die Küste vor sich gerichtet.
Lucretia schaute dem Boot nach, bis es als dunkler Fleck mit den Wogen verschwamm.
Vielleicht finden sie bei den Eingeborenen das Königreich, von dem sie einmal träumten, dachte sie, vielleicht entdecken sie die Reichtümer, die sie ersehnten. Vielleicht verenden sie dort aber auch, während sie Jeronimus verfluchen und als Letztes vor
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ihren Augen die Bilder grüner holländischer Wiesen und sich drehender Windmühlen auftauchen.
Fort Batavia
achtundzwanzigster Tag des Januar im Jahre des Herrn, 1630
Die Urteile über die verbliebenen Gefangenen wurden in Batavia vollstreckt. Für den größten Teil von ihnen bedeuteten sie den Tod durch das Rad.
Salomon Deschamps und Rogier Decker wurden gehängt.
Olivier van Weideren wurde für drei Jahre als Kettensträfling außer Landes verbannt.
Die Söldner von der Langen Insel belohnte der Ostindienrat mit einem Geldbetrag, der jeweils zwei Monatslöhnen entsprach.
Wiebe Hayes wurde zum Standartenträger befördert, mit einem zukünftigen Monatslohn von vierzig Gulden.
Bei allen Urteilen schloss sich der Rat Francois'
Empfehlungen an.
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XXX
Das war ein hübscher Anblick.
Die guten Holländer hatten ihre Festung mit Fähnchen und Wimpeln geschmückt und kamen zuhauf herbeigelaufen, um zuzusehen, wie die Bösen gehenkt und gefoltert wurden. Ihr Vergnügen lässt sich schwer in Worte fassen. Es muss genügen, dass sie laut jubelten und Beifall klatschten, wenn die Knochen am Rad brachen oder die Schlingen am Galgen zugezogen wurden und die Verurteilten in die Höhe stiegen und im Todeskampf zuckten.
Für mich hatte es damit sein Bewenden.
Die Überlebenden habe ich mehr oder weniger aus den Augen verloren, nur bei einigen weiß ich in etwa, was mit ihnen geschah.
Die schöne Frau van der Mylen verheiratete sich noch im selben Jahr erneut, führte ein nicht weiter bemerkenswertes Leben und verschied als
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