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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
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den Wachen ein Zeichen, Jeronimus abzuführen.
    »Was soll das?«, rief dieser aufgebracht. »Ich habe Euch doch nun die Umstände dargelegt, die mich zum Stillhalten zwangen.
    Warum glaubt Ihr mir nicht, dass ich die Wahrheit sage? Warum lasst Ihr mich nicht frei, sondern führt mich ab wie einen gemeinen Verbrecher?«
    »Weil ich nicht mehr weiß, was die Wahrheit ist«, beschied Frankens ihn matt. »Der Tag war sehr lang. Morgen sehen wir weiter. Bis dahin müsst Ihr Euch gedulden.«
    Er musterte Jeronimus anzüglich und schloss: »Das versteht Ihr doch, Herr Unterkaufmann, oder nicht?«

    Auf der Robbeninsel

    -481-

    Bereits als sie am Ufer anlegten, hörten sie Jeronimus'
    Stimme. Es klang, als würde er schaurige Liedstrophen singen und schrill und kreischend lachen - alles wild durcheinander.
    Nach Lucretias Aussage und der von Aris Janz war Jeronimus auf die Robbeninsel verbracht worden, wo die Soldaten ihm einen Verschlag zimmerten, in dem er angekettet wurde. Alle übrigen Gefangenen wurden auf der Friedhofsinsel bewacht.
    Wiebe Hayes und einige Soldaten begleiteten Lucretia.
    »Ich möchte ihn allein sprechen«, erklärte Lucretia. »Ich rufe Euch, wenn ich umkehren will.«
    Wiebe wirkte zuerst unschlüssig, doch dann nickte er widerwillig und baute sich mit den Soldaten draußen vor dem Eingang des Verschlags auf.
    Lucretia bückte sich, um einzutreten.
    Das Lachen und Singen verstummte.
    Jeronimus kauerte in einer Ecke. »Ich wusste, dass du kommst«, flüsterte er. »Du hast dir einen Plan zu meiner Befreiung ausgedacht, nicht wahr?«
    »Nein«, erwiderte Lucretia. »Das ist es nicht. Es ist etwas anderes. Ich wollte mich vielmehr von etwas überzeugen.«
    »Von meiner Liebe etwa?«, erkundigte sich Jeronimus und setzte sich auf. »Sie besteht nach wie vor.«
    »Auch das ist es nicht. Ich wollte mich eher von dem überzeugen, was Ihr nun seid.«
    Lucretia betrachtete Jeronimus gedankenverloren. »Es geht um das Ausmaß meiner Reue«, erklärte sie. »Ich will mir vor Augen halten, von wem ich mich bezwingen ließ.«
    »Reue? Was soll das bedeuten? Was gibt es zu bereuen?«
    »Ist das tatsächlich derart unbegreiflich? Bereut Ihr etwa nichts?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Was sollte das sein?«
    -482-

    »Die schrecklichen Verbrechen, die Ihr begangen habt -«
    »Ich habe keine Verbrechen begangen«, unterbrach Jeronimus sie. »Ich befolgte lediglich Gottes Willen.«
    »War es Gottes Wille, so viele Menschenleben zu opfern?
    War es sein Wille, meine Ehre zu beschmutzen oder die von Judith, von Sussie, von Tryntgen?«
    »Offenbar ja, meine Liebe.« Jeronimus lächelte. Er rückte sich bequemer zurecht. »Hast du mich vermisst, Lucretia? Ist es das, was du mir sagen willst?«
    Lucretia warf einen langen Blick auf ihn. Danach wandte sie sich um und trat hinaus.
    Jeronimus' Gelächter gellte hinter ihr her.

    Auf dem Friedhof
    achtundzwanzigster Tag des September im Jahre des Herrn, 1629

    Der Wind schäumte riesige Wogen auf und fuhr heulend über die Insel hinweg. Francois musste seine Stimme heben, als er die Urteile verlas.
    Die Umstehenden blickten zu Boden, ganz gleich ob sie zu den Verurteilten gehörten oder nicht.
    Francois holte tief Luft. »Der Unterkaufmann Jeronimus Cornelius, vormals Apotheker in Harlem, ist schuldig befunden der Ketzerei, der Anstiftung zu Mord und Vergewaltigung, der Menschenverführung, der Aufwiegelei, der Meuterei, des Diebstahls und der Veruntreuung.«
    Er schaute zu Jeronimus hin, der ihm lächelnd zunickte und danach verächtlich auf diejenigen blickte, die mit gesenkten Köpfen im Halbkreis standen.
    -483-

    »Ihm werden beide Hände abgetrennt. Danach wird er am Strang hängen, bis dass der Tod erfolgt. Seine Gelder in Form von Gold, Silber und den Löhnen der Companie werden in den Besitz derselben überführt. Das Urteil wird vollstreckt am ersten Tag des Oktober, im Jahre des Herrn 1629.«
    Die Menschen im Halbkreis hoben die Köpfe und sahen sich verwundert an. Einige unter ihnen begannen zu murren. Es war offenkundig, dass sie eine grausamere Bestrafung erwartet hatten.
    Francois begann, die restlichen Urteile zu verlesen.
    »Jan Hendricks, Soldat, wird der Meuterei, der Unzucht, des Mordes, der Anstiftung und der Beihilfe zum Mord beschuldigt.
    Ihm wird die rechte Hand abgetrennt. Danach wird er am Strang hängen, bis dass der Tod erfolgt.«
    Die gleichen Strafen wurden über van Os, van Luyck, Mattys Beer, den Steinmetz und Allert Janz verhängt, zu

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