Zorn der Meere
polterte er unbeirrt weiter.
»Dabei schafft er es noch nicht einmal in einem Ruderboot über eine Gracht.«
»Solltet Ihr Eure Zunge nicht besser hüten?«, ließ sich einer der Männer vernehmen. »Pelsaert könnte Euch eine Menge Schwierigkeiten bereiten.«
»Der soll besser zusehen, dass ich ihm keine Schwierigkeiten bereite«, tönte Jacobs zurück.
»Gib nicht so an!«, stichelte Barrel, der Oberbootsmann der Buren.
Zwaantie spürte, dass sich die Muskeln des Skippers spannten. Er wollte sich erheben, doch Everts legte ihm seine Hand auf den Arm. Jacbos ergriff den Krug mit dem Genever und beugte sich zurück. Als er ihn absetzte, loderte in seinen Augen ein zorniges Feuer.
Zwaantie merkte, dass Jacobs seinen Arm fester um sie schlang. Im nächsten Moment fuhr seine Hand in ihren
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Ausschnitt und er kniff sie in die Brust. Als Zwaantie zischend die Luft einsog, lachte der Skipper.
»Weiß der Kommandeur von der Frau, die Ihr Euch da haltet?«, fragte Barrel weiter.
»Geht ihn das etwas an?«, erkundigte sich Zwaantie. Sie sah, dass einige der Männer sich zuzwinkerten.
»Der hält besser seinen Mund«, erklärte Jacobs aufgebracht.
»Sonst erfährt jeder, mit wem er sich nachts die Zeit vertreibt.
Oder stimmt das etwa nicht? - Jan?«
Everts wirkte entsetzt. »Lasst es nun gut sein, Skipper«, mahnte er.
»Der kleine Hanswurst treibt es mit ihrer Herrin«, fuhr Jacobs unangefochten fort und machte eine Kopfbewegung zu Zwaantie hin. »Mit einer verheirateten Frau! Mit Madame Hochwohlgeboren, die Geld und ein Haus auf der Heerengracht besitzt.« Er stieß Zwaantie in die Seite. »Du hast es doch gesehen! Sag ihnen, dass es stimmt.«
Zwaantie warf Everts einen unsicheren Blick zu. Sie bemerkte die lauernden Blicke der anderen. »Stimmt, ich habe sie erwischt«, erklärte sie. Jacobs drückte sie kurz an sich und gab ihr zur Belohnung einen Kuss.
Van Schenk, der Kapitän der Euren, erhob sich abrupt. »Du machst dich besser von meinem Schiff, Adriaen«, forderte er Jacobs auf. »Bei derartigem Gerede kommt nur Unheil heraus.«
»Du kannst mich mal«, erwiderte der Skipper.
Jetzt werden sie sich schlagen, dachte Zwaantie und verspürte abermals einen leisen Kitzel.
Stattdessen wandte van Schenck sich jedoch brüsk ab und verließ das Deck in Richtung seiner Kajüte.
Der Skipper grinste. Er setzte erneut seinen Krug mit dem Genever an und trank mit gierigen Schlucken. Den Schnaps, der
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ihm dabei über das Kinn rann, wischte er mit dem Handrücken fort.
»Los, lasst uns weiterwürfeln«, befahl er danach ungeduldig.
Der Mond hing bereits tie f über der dunklen Küste, als die Männer ihre letzte Runde begannen. Der Einsatz belief sich inzwischen auf vierzig Gulden. Das war etwa die halbe monatliche Heuer des Kapitäns. Zum Schluss hatte nur Barrel noch mitgehalten.
Der Kapitän würfelte zwei Fünfen, legte den Kopf in den Nacken und lachte triumphierend.
Barrel würfelte zwei Sechsen.
Für einen Moment war es totenstill. Als Barrel nach dem Geldtopf griff, packte der Skipper seine Hand.»Deine Würfel sind gezinkt«, knurrte er.
»Nimm deine Finger weg, Hurenbock!«, warnte ihn Barrel.
Die beiden starrten sich aus blutunterlaufenen Augen an.
Mit einem Mal sprang der Skipper auf. Seine Hand schloss sich um die Kehle des anderen. Er hob ihn hoch wie ein Kind und schleuderte ihn gegen die Wand. Zwaantie hörte, dass etwas in Barrels Schädel knackte, und sah den Mann zu Boden stürzen. Der Skipper fiel über ihn her und schlug mit den Fäusten auf ihn ein, links, rechts, links, rechts, links. Roter Sprühregen stob auf und senkte sich auf die Planken des Schiffes nieder.
Als zwei der anderen Männer auf Jacobs' Rücken sprangen, schüttelte er sie wie Hunde ab. Gleich darauf wälzten sich drei ineinander verkeilte Leiber auf dem Boden.
Erst als van Schenck herbeigeeilt kam, Alarm schlug und brüllte, er würde den Schiffsmarschall holen, ließ Jacobs von den anderen ab.
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Keuchend kam er auf die Beine. Dann zückte er ein Messer, das er sich aus dem Stiefel gerissen hatte, und knurrte: »Bring mir den Marschall, Freundchen! Nur zu!«
Danach stand er schwer atmend da, warf einen verächtlichen Blick in die Runde und bedeutete Jan Everts mit einem herrischen Wink, das Dingi klarzumachen.
Als Everts wenig später Jacobs und Zwaantie zu der Batavia zurückruderte, begann der Kapitän zu lachen. Er öffnete Zwaanties Mieder und befreite ihre Brüste. Dann bog er ihren Hals
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