Zorn der Meere
vergessen, denn Männer werden zwischen weiblichen Schenkeln alles Mögliche tun, aber gewiss nicht denken.
Also dann, auf zur nächsten Tat!
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Siebenundzwanzig Grad und sechsunddreißig Minuten südlicher Breite
dreiundzwanzigster Tag des März im Jahre des Herrn, 1629
Während Lucretia ihre Abendmahlzeit zu sich nahm, huschte Zwaantie über die Gänge und kletterte wenig später den Aufgang zur Kapitänsbrücke empor.
»Na, Zwaantie«, begrüßte Jacobs sie. »Hat deine Herrin dich ausgehen lassen? Wo steckt sie denn unterdessen?«
Zwaantie zog eine Schnute. »Sie speist mit den Herren und wirft dem Kommandeur glühende Blicke zu«, entgegnete sie.
»Warum interessiert Euch das?«
»Aus keinem besonderen Grund.«
»Ach nein?«, fragte Zwaantie pikiert. »Glaubt Ihr, ich sehe nicht, wie Ihr ihr nachschaut?«
»Ist das denn ein Wunder, da sie sich neuerdings wie eine Hure aufführt?«
»Da könnt Ihr aber lange warten, Herr Kapitän. Lucretia hat ihren Freier schon gefunden.«
Der Kapitän starrte missmutig vor sich hin.
»Dass sie in der vergangenen Nacht mit dem Kommandeur zusammen war, wisst Ihr doch, oder nicht?«
Jacobs wurde dunkelrot und spuckte aus.
»Ein armes Mädchen wie ich kommt gegen die wohl nicht an, wie?«, schmollte Zwaantie.
»Du kannst Dinge, von denen sie nicht einmal weiß, dass es sie gibt«, erwiderte der Kapitän.
»Das sagt Ihr doch nur so.«
»Nein«, versicherte der Kapitän, »das meine ich auch. Wenn ich
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dir schöne Kleider und Juwelen schenkte, würden sich alle den Hals nach dir verrenken, nicht nach ihr.«
Zwaantie schmiegte sich an ihn. »Haben verheiratete Kapitäne Kleider und Juwelen zu verschenken?«, flüsterte sie.
Als Jacobs die Arme um sie legen wollte, stieß sie ihn fort.
So ist das also, dachte der Kapitän. Sie träumt von einem feinen Leben, zu dem ich ihr verhelfen soll.
Zwaantie trat einen Schritt zurück und ließ ihren Umhang auffallen, um Jacobs einen Blick auf ihr offenes Mieder zu gewähren. »Der Kommandeur«, begann sie einschmeichelnd,
»hat sicherlich jede Menge an Geschmeide zu vergeben.«
»Mach dir keine Sorgen«, erwiderte der Kapitän. »Ich bin auch ein reicher Mann. Komm zu mir, Zwaantie - oder willst du, dass ich dich hole?«
Zwaantie tat, als wolle sie ihm den Rücken kehren, doch der Kapitän packte sie beim Handgelenk und riss sie an sich. Für einen Moment dachte er, sie hätte tatsächlich vor, sich zu wehren, doch gleich darauf gab sie nach und rieb ihren Schenkel an seinem Glied. Götter und alle Teufel, fuhr es Jacobs durch den Sinn, das Mädchen versteht sein Handwerk wirklich! Er presste seine Lippen auf ihren Hals.
Zwaantie schob ihn zurück. »Denkt Ihr nie an Eure Frau in Holland?«, flüsterte sie.
»Nicht, wenn ich dich habe.«
»Ihr habt mich aber noch nicht«, kicherte Zwaantie, befreite sich aus seinem Griff und flüchtete in Richtung des Niedergangs.
Dieses kleine Luder wird mich doch jetzt nicht im Stich lassen, dachte Jacobs verärgert.
Er hörte Zwaantie lachen. »Bis später!«, rief sie ihm zu, ehe sie verschwand.
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Die Schiffsbauer hatten auf der Batavia die Heckgalerie überdacht und dort die Aborte für den Kommandeur und die Offiziere eingerichtet.
Als der Kapitän seine Wache beendet hatte, wartete Zwaantie auf dieser Galerie bereits auf ihn.
Wortlos zog Jacobs sie in eins der Kabinette und knöpfte seine Hose auf. Dann schob er ihr die Röcke empor und drang grob in sie ein. Zwaantie biss ihm in die Schulter, um einen Schmerzensschrei zu ersticken.
»Komm, Süße«, murmelte der Kapitän. »Ich werde eine feine Dame aus dir machen.«
Er hob Zwaantie hoch, und sie schla ng ihre Beine um seinen Rücken. Gleich darauf stöhnte der Kapitän auf. Dann war es vorbei.
Zweiunddreißig Grad und achtundzwanzig Minuten südlicher Breite
zweiter Tag des April im Jahre des Herrn, 1629
Jacobs stand auf der Brücke und schnupperte in den Wind. Es roch bereits nach Land, stellte er fest.
Nach einer Weile erkannte er dünne Flechten aus Seetang, die auf den Wellen trieben. Er hob den Blick. Über ihm kreisten vereinzelte Möwen.
Na also, dachte er. Höchstens zwei Tage würde es noch dauern, bis sie die holländische Kolonie am Kap der Guten Hoffnung erreichten.
Wie an jedem Sonntagmorgen hatten die Menschen auf der Batavia sich unter dem Großmast versammelt, um der Predigt von Pfarrer Bastians zu lauschen, wobei es bisweilen auch vorkommen konnte, dass er Judith aus der Bibel
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