Zorn des Loewen
hat.«
»Das sollte man erst noch abwarten«, meinte Mallory. »Ich würde sagen, daß Charles de Gaulle nur von einem Gedanken geleitet wurde von tiefem Patriotismus. Was immer er getan hat, tat er aus dem Glauben heraus, daß es zu Frankreichs Bestem sei.«
De Beaumont zuckte die Achseln: »Haben wir also unterschiedliche Ansichten? Ist auch ohne Belang! Nach seinem Besuch am Dritten des nächsten Monats in St. Malo wird er für uns kein Problem mehr sein.«
»Ich weiß nicht, was Sie da vorhaben, aber ich würde mich auf nichts verlassen. Wie viele Male sind Anschläge Ihrer Leute schon mißlungen? Achtmal, glaube ich, nicht wahr?«
»Ich kann mir das Kompliment machen, daß meine Organisation wesentlich erfolgreicher operiert hat. Diese Angelegenheiten bedürfen eines klardenkenden Gehirns, Mallory. Alles, womit ich mich beschäftige, sind militärische Operationen, die bis in die kleinsten Einzelheiten geplant und unter strengsten Sicherheitsbedingungen durchgeführt werden. Die Operation Alouette habe ich höchstpersönlich von Anfang an geleitet. Meine Freunde in Paris haben davon keine Ahnung. Ich arbeite absolut selbständig und benutze sie nur als Informationsdienst.«
Mallory schüttelte den Kopf und meinte: »Sie werden sich nicht mehr lange halten können. Sie bewegen sich auf einem zu heißen Pflaster. Schon die Alouette ist für Sie zu einem Risikofaktor geworden, mehr als alles andere.«
»Sie könnten sich in keinem größeren Irrtum befinden.« De Beaumont erhob sich, griff ein paar Landkarten von dem Schrank an seiner Seite und ging damit zu einem kleinen Tischchen. »Kommen Sie herüber. Das wird Sie interessieren.«
Es waren Marinestabskarten von dem Gebiet zwischen Guernsey und der französischen Küste, die er rasch aneinanderlegte. »Hier sehen Sie die Île de Roc und St. Pierre, achtundzwanzig Kilometer südwestlich von Guernsey. Der nächstgelegene Punkt in Frankreich ist Pointe du Chateau, nur zweiunddreißig Kilometer entfernt. Kennen Sie dieses Gebiet?«
Mallory verneinte. »Der nächstgelegene Ort, den ich kenne, ist Brest.«
»Eine gefährliche Küste, voller kleiner Inseln und Riffs, einsam und wild. Sie werden Île de Monte erkennen, nur vierhundert Meter vor der Küste gelegen, gegenüber dem Sumpfland der Gironde. Auf einer Insel etwa achthundert Meter im Hauptarm des Flusses innerhalb der Marschen befindet sich ein kleines Häuschen. Etwa zwölf Kilometer von der nächsten Straße entfernt und sehr einsam. Nicht mal Telefon. Es leben dort im Augenblick nur zwei Menschen.«
»Und die wollen Sie haben?«
»Nur den Mann: Henri Granville.«
Mallory richtete sich auf, eine tiefe Falte zerfurchte seine Stirn. »Sie reden von Granville, dem Procureur Général, der letzten Monat in den Ruhestand getreten ist?«
»Ich beglückwünsche Sie zu Ihren intimen Kenntnissen französischer Angelegenheiten. Er traf dort gestern mit seiner Frau ein. Sie sind ganz allein. Selbstverständlich darf das niemand wissen. Er mag die Einsamkeit – Einsamkeit und Vögel. Pech für ihn, daß einer meiner Kontakte in Paris gestern abend Wind davon bekommen hat und mich unverzüglich informiert hat. Ich werde Jacaud im Laufe des heutigen Vormittags mit der Alouette hinüberschicken. Granvilles Tod wird ziemlich Staub aufwirbeln.«
»Sie sind verrückt«, rief Mallory. »Er ist mindestens schon achtzig und zudem einer der beliebtesten Männer Frankreichs. Himmel noch mal, jeder liebt Granville! Politik hat doch damit nichts zu tun.«
»Dreimal hat Granville jetzt den Vorsitz bei Gerichtsverhandlungen geführt, in denen alte Kameraden von mir zum Tode verurteilt wurden«, erklärte de Beaumont. »Nun muß er die Schulden begleichen. Indem wir ihn schlagen, beweisen wir ein für allemal, daß wir ein Machtfaktor sind, mit dem gerechnet werden muß; und daß niemand, wie mächtig er auch immer ist und welche öffentliche Stellung er innehat, vor unserer Rache sicher ist.«
»Henri Granville hat niemanden ohne gute Gründe zum Tode verurteilt. Tun Sie ihm irgend etwas zuleide, werden Sie das ganze Volk gegen sich aufbringen«, stellte Mallory kopfschüttelnd fest. »Das werden Sie sich nicht erlauben können.«
De Beaumont lächelte, ging zum Feuer hinüber und schenkte sich einen weiteren Cognac ein. »Das glauben Sie!« Er nippte an seinem Glas und seufzte. »Ich werde Ihre Hinrichtung bis heute abend hinausschieben. Bis dahin wird Jacaud wieder
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