Zorn: Thriller (German Edition)
immer noch ein Rätsel.«
»Wir können also davon ausgehen, dass wir diese Möglichkeiten hinreichend ausgeschöpft haben, und uns nun auf die neuen konzentrieren?«, fragte Hjelm rhetorisch.
Im Raum erklang ein etwas lustloses bejahendes Gemurmel.
»Hershey und Balodis haben sich inzwischen am Längsten mit dem neusten Stand des Falles beschäftigt«, sagte Hjelm. »Ein großes Lob dafür, dass ihr die Verbindung zu Lars-Erik Dahlberg so rasch entdeckt habt. Seid ihr noch weiter gekommen?«
»Nein«, antwortete Laima Balodis. »Bei der Recherche über eine mögliche NATO-Sektion kommen wir keinen Schritt weiter. Wir finden keinen Weg hinein, sie haben alles hermetisch abgeriegelt. Was wir hingegen sagen können, ist, dass Lars-Erik Dahlbergs Freistellungen von der University of Washington in Seattle zeitlich nahezu ganz mit denen von Vacek und Hamilton III. übereinstimmen.«
»Nahezu«, betonte Hershey, »weil Dahlbergs Arbeitspensum gegen Ende der für uns interessanten Periode von Februar 1977 bis Januar 1992 abnimmt. Nach der Freistellung von Vacek und Hamilton im Januar 1992 gibt es keine weiteren Hinweise mehr auf irgendeinen Kontakt zwischen ihnen. Dahlberg war offenbar schon vorher aus dem Spiel, denn seine letzte Freistellung hatte er im März 1991.«
»Und wir konnten keinen Kontakt zwischen den dreien und Udo Massicotte feststellen«, ergänzte Balodis. »Allerdings war Massicotte freier Unternehmer und konnte sich seine Arbeitszeit einteilen, wie er wollte. Wir haben versucht, an Massicottes Arbeitspläne während dieser fünfzehn Jahre zu kommen, aber das gestaltet sich schwierig. Seine ehemalige Sekretärin ist bereits verstorben. Außerdem sind nur sehr wenige Dokumente aufbewahrt worden.«
»Dahlberg war bereits 1988 seinen Aufgaben an der Universität nicht mehr angemessen nachgekommen«, erklärte Hershey. »So lautet die erste Aktennotiz. Dann geht es Schlag auf Schlag, irreguläres Fernbleiben, unangemessenes Verhalten im Hörsaal, öffentlicher Alkoholgenuss. Schließlich wurde ihm im Juni 1993 gekündigt und ein paar Monate später die Approbation entzogen. Kurz darauf kehrte er nach Stockholm zurück, um als Säufer im Pub zu enden.«
»Erinnert das nicht in gewisser Weise an die Entwicklung von Udo Massicotte?«, fragte Jutta Beyer. »Wenn sie auch bei Dahlberg zwei Jahrzehnte früher stattfindet? Waren beide Wissenschaftler vielleicht in Dinge involviert, die sie letztlich zermürbt haben?«
Angelos Sifakis nickte und bemerkte: »Wohingegen Hamiltons Oberklassenallüren und Vaceks knallhartes Auftreten eher beweisen, dass sie keinerlei Gewissensbisse hatten.«
»Das ist definitiv eine Frage, die man Lasse Dahlis’ Exfrau stellen sollte«, meinte Balodis. »Hat er aufgrund von Gewissensbissen angefangen zu trinken?«
»Wir haben die Exfrau nämlich ausfindig machen können«, erklärte Hershey. »Dahlberg hinterließ eine amerikanische Frau und zwei heranwachsende Kinder in Seattle. Sie haben sich, ein Jahr bevor Dahlberg in seinen Alkoholrausch abtauchte, scheiden lassen, woraufhin die Frau wieder ihren Mädchennamen annahm.«
»Die Frau von Andrew Hamilton III. hat ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes die große gemeinsame Villa in Howard County verkauft. Sie hatten keine Kinder. Aber Hamiltons Frau haben wir noch nicht ausfindig machen können«, sagte Balodis. »Jedenfalls heißt sie nicht mehr Hamilton. Die Suche läuft weiterhin, doch wahrscheinlich hat sie den Staat Maryland verlassen. Dahlbergs Exfrau hingegen haben wir lokalisiert. Sie ist wieder verheiratet und lebt in einem Vorort von Seattle.«
»Und wir haben uns erlaubt«, fuhr Hershey fort, »unmittelbar Kontakt zu unserem Mann in den USA aufzunehmen. Er saß bereits am Flughafen. Aber jetzt entfernt er sich zu seinem Erstaunen noch weiter von unserer Zeitzone. Und von zu Hause.«
»Seine Füße schlagen eine Richtung ein, die er sich nicht unbedingt ausgesucht hat«, warf Corine Bouhaddi ein, was ihr mehrere erstaunte Blicke einbrachte.
»Felipe Navarro befindet sich also auf dem Weg von der Ostküste zur Westküste der USA«, beendete Paul Hjelm das Geplänkel. »Damit sind wir, denke ich, nun alle auf dem aktuellen Stand der Ermittlungen. Jetzt müssen wir in einer großen gemeinsamen Kraftanstrengung Belege dafür finden, dass tatsächlich eine NATO-Sektion dieser Art während der fünfzehn Jahre bis, ja, bis zum Fall der Sowjetunion existierte. Und wir müssen außerdem weitere Mitglieder sowie im besten
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