Zorn: Thriller (German Edition)
Wie viele missglückte Experimente sind das, Udo? Mehr als zwanzig? Wie viel menschliches Leid? Erst der dreiundzwanzigste Versuch glückte. Er wurde keine Missgeburt. Und es war Teil des Plans, dass er seine Mutter töten würde, oder? Wie Orest.«
»Ich habe dich keineswegs deshalb aufgesucht«, wandte Massicotte ein. »Wir mussten gewisse Forschungsergebnisse sichern. Denn unser genialer Chemiker, dieser Idiot Pierre Rigaudeau, hatte dich Hals über Kopf aus seiner Obhut entlassen. Ich hatte die Hoffnung, dich wieder in das Projekt einbinden zu können.«
»Aber Sie haben ihm zu viel erzählt«, bemerkte Paul Hjelm. »Sie hätten einen Psychologen hinzuziehen sollen.«
Udo Massicotte lachte auf und entgegnete: »Für dieses Gehirn gibt es keine Psychologen.«
W zog eine unerwartete Clownsgrimasse und deutete auf seinen Kopf. Dann wandte er sich erneut an Massicotte und fragte: »Sie sagen, Sie hätten die Hoffnung gehabt, mich ›wieder in das Projekt einbinden zu können‹? Verdammt noch mal, es gab gar kein Projekt, das Ganze war reine Geschäftemacherei. Und dieses Geschäft auf Capraia ist immer noch hochaktuell. Jetzt geht es darum, die Gewinne abzusahnen, und da geht es um unvorstellbare Summen. Aber das weiß unser schwedischer Polizist hier wahrscheinlich auch, nicht wahr? Sie sind doch Schwede, oder? Sie haben über mein Handy, das ich diesem Fixer überlassen hatte, meine Spur verfolgt. Ich hoffe, Sie haben ihn nicht in der Bucht der Engel ertränkt, Sie smarter, aber ach so böser schwedischer Polizist.«
»Um auf Ihre erste Frage zu antworten«, begann Hjelm. »Ja, das wissen wir.«
»Und was gedenkt die schwedische Polizei dagegen zu tun?«
»Wenn wir hier fertig sind, werden wir auf direktem Weg nach Capraia fliegen.«
W lachte auf. »Na dann, viel Glück«, entgegnete er. »Sie sind also ein schwedischer Polizist?«
»Wie ich feststelle, lassen Sie nicht locker«, antwortete Hjelm. »Ja, ich bin Schwede. Und ich bin Polizist.«
»Aber sind Sie auch ein schwedischer Polizist?«
»Der Mord an Lars-Erik Dahlberg war ziemlich raffiniert«, entgegnete Hjelm. »Wir haben einige Ressourcen benötigt, um ihn aufzuklären. Aber abgesehen davon, dass Sie sich die Gang um Johnny Råglind und Taisir Karir auf elegante Weise zunutze gemacht haben, wie auch immer Sie an sie herangekommen sind, haben wir die Sache im Ganzen immer noch nicht endgültig durchschaut. Warum haben Sie Isli Vrapi getötet?«
»Aha«, meinte W mit einem Nicken. »Gut. Super Strategie.«
»Eine Botschaft für Asterion? Sie wussten sehr genau, welche Organisation Sie verfolgt hat. Wahrscheinlich haben Sie auch dafür gesorgt, dass einer der Männer da draußen Christopher James Huntington ist und dass er dort unter den Büschen liegt und nicht mit einem Maschinengewehr in der Hand dasteht.«
»Es ist ja richtig erbaulich, sich mit Ihnen zu unterhalten«, sagte W. »Wo ich doch gerade alle Polizisten der Welt als geisteskrank abgeschrieben hatte. Inklusive die des FBI, denen es einfach nicht gelingen will, diesen Idioten kaltzustellen.«
W machte eine Geste in Richtung Colin B. Barnworth auf dem Sofa.
»Tja, er sagt nicht gerade viel«, meinte Hjelm.
»Er grübelt immer noch über diesen Urlaub auf den Bahamas im September 2001«, erklärte W. »Das ist zur entscheidenden Frage seines Lebens geworden, neben allem finanziellen Gemauschel.«
»Dieser Urlaub hat schließlich auch Ihr Leben gerettet«, wandte Hjelm ein. »Sie hatten ebenfalls frei, als die Twin Towers einstürzten.«
»Stimmt«, gab W zu. »Aber um Ihre Frage von vorhin zu beantworten: Isli Vrapi umzubringen war mehr als nur eine Botschaft. Asterion hat seitdem ziemliche Probleme mit seinen Waffenlieferungen. Und jetzt antworten Sie auf meine Frage.«
»Ich weiß leider nicht mehr, wie sie lautete.«
»Doch, Ihre Strategie, um ihr auszuweichen, war nicht schlecht, aber sie hat nicht ganz ausgereicht. Sind Sie ein schwedischer Polizist?«
»Zwanzig Minuten, sagten Sie. Besteht nicht die Gefahr, dass meine Kollegen bald aufwachen?«
»Sie sind doch derjenige, der hofft, dass ich so lange rede. Und tatsächlich ist es mir auch ein Bedürfnis. Denn ich habe viele menschliche Bedürfnisse, die ich nie befriedigen konnte. Ich habe versucht, mich in einen normalen Menschen zu verwandeln. Wollte ernsthaft begreifen, was es bedeutet, Glück zu empfinden, verliebt zu sein, sich mit Freunden zu unterhalten oder traurig zu sein. Es ist mir tatsächlich ein
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