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Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Dienerin starrte mißbilligend auf die Tische, die für das Frühstück gedeckt waren. Beim Anblick der kalten Gerstenmehl-kuchen, der fast vollen Haferbreischüsseln und leeren Stühle wuchs Sheenas Unbehagen. »Was ist hier los, Alice?« fragte sie die Dienerin. »Wo sind mein Vater und seine Männer?«
    »Das würde ich auch gern wissen«, erwiderte Alice ärgerlich. »Plötzlich gab's einen Riesenwirbel im Hof, der Amtmann stürmte in die Halle, um mit Eurem Vater zu reden, und dann rannten sie alle hinaus.«
    Sheena wollte in den kleinen Hof gehen, doch bevor sie die Tür erreichte, kamen Margaret und Elspeth herein und versperrten ihr den Weg.
    »Ah, da bist du ja!« rief Margaret im gewohnten zänki-sehen Tonfall. »Wo warst du denn, als der Tumult ausbrach?«
    »Ich bin eben erst heruntergekommen«, antwortete Sheena. »Was ist geschehen?«
    Elspeth schnappte nach Luft. »Was, das hast du noch nicht gehört? Der Laird von MacKinnion ist geflohen. Natürlich war's MacDonough, der ihm geholfen hat - auch wenn Vater noch nichts dergleichen gesagt hat. Wer sollte es sonst gewesen sein?«
    »Wir wollen nur hoffen, dass deine Verlobung deshalb nicht gelöst wird, Sheena«, fügte Margaret eisig hinzu. »Jedenfalls bin ich nicht bereit, noch länger auf meine Hochzeit zu warten. Und Gilbert wird sich auch nicht mehr hinhalten lassen.«
    Sie wandten sich ab, ohne Sheenas Reaktion zu bemerken. Wie erstarrt stand sie vor der Tür. Alasdair hatte nichts von MacKinnions Gefangennahme gewusst , also konnte er ihn auch nicht freigelassen haben. »O Niall, Niall, was hast du getan?« flüsterte sie.
    Sie brauchte ihn nicht zu fragen. Eine innere Stimme sagte ihr, dass er MacKinnion zur Flucht verholfen hatte. Aber - warum? Sie holte tief Atem und lehnte sich an den Türpfosten. Es gab nur eine Antwort auf diese Frage. Williams Drohung - und der Beschluß ihres Vaters... Um zu verhindern, dass sie den grausamen Feind heiraten musste , hatte Niall ihm die Freiheit geschenkt.
    Maßlose Erleichterung verdrängte ihre Angst. Sie beSchloss , hinaufzulaufen und ihren Bruder mit dankbaren Küssen zu überschütten, sobald die Luft rein war. Nun brauchte sie den wilden Hochländer nicht mehr zu fürchten. Wahrscheinlich blieb ihr auch eine Ehe mit MacDonough erspart, weil man ihm die Schuld an MacKinnions Flucht geben würde.
    Sie lächelte strahlend, als die Männer in die Halle zurückkehrten, und begegnete Dugalds kühlem Blick. »Warum freust du dich, Sheena? Dafür gibt es keinen Grund.«
    »Ich bin froh, dass er weg ist.« Dieses Geständnis kam ihr leicht über die Lippen. »Wäre er nicht entkommen, hätte ich ihn heiraten müssen - und dir niemals verzeihen können.«
    William trat neben ihren Vater. »Du wolltest wissen, warum er freigelassen wurde, Dugald. Nun hast du es endlich herausgefunden.«
    Sheenas Augen verengten sich. »Wie meinst du das, Vetter?«
    »Willst du bestreiten, dass du letzte Nacht im Hof warst?« fragte Dugald tonlos.
    »Ich konnte nicht schlafen, Vater, und ging ein wenig an die frische Luft! Ist das ein Verbrechen?«
    »Eine billige Ausrede«, bemerkte William trocken.
    Sheena schaute ihn verächtlich an. »Und womit willst du begründen, dass du im Hof warst? Soviel ich mich erinnere, bist du um die gleiche Zeit dort aufgetaucht. Offenbar hast du vergessen, das zu erwähnen.«
    »Ich brauche keine Entschuldigung«, erwiderte er herausfordernd, »denn ich freue mich keineswegs über MacKinnions Flucht - im Gegensatz zu dir.«
    Sheenas Atem stockte. »Glaubst du etwa, ich hätte ihn freigelassen?«
    »Du oder dein Bruder - einer von euch beiden war es.«
    »Wie kannst du es wagen, Niall zu beschuldigen?« rief Sheena. »Er wusste doch, dass er nicht mehr zum Verlies gehen durfte. Ein solches Verbot würde er niemals mißachten.«
    Dugald nickte mit ernster Miene. »Sie hat recht. Der Junge ist unschuldig.«
    »Und ich?« Sheena wandte sich zu ihrem Vater und wartete mit angehaltenem Atem.
    Als er sie keiner Antwort würdigte, stieg panische Angst in ihr auf. Sein Schweigen war eine unmißverständliche AnklageInzwischen hatten sich mehrere Männer in der Halle versammelt, um den Wortwechsel mitanzuhören, und ihre abweisenden Mienen verrieten Sheena, dass sie bereits verurteilt war. Auch ihr Verlobter stand da und starrte sie entsetzt an. Wie konnte er es wagen? Und warum hatte ihr Vater nicht ihn beschuldigt. Wütend zeigte sie auf MacDonough. »Ich will wissen, warum man mich bezichtigt und nicht

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