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Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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fühlte sich elend.
    Er mißverstand ihre Verzweiflung, hielt sie für Mißfallen und sah sie flehend an. »Ich musste es doch tun, Sheena! MacKinnion sagte, er würde dich schlagen und vergewaltigen - und dich dein Leben lang dafür büßen lassen, wenn er dich notgedrungen heiraten müßte.«
    »Mein Gott!« flüsterte sie entsetzt.
    »Verstehst du nun, warum ich ihn befreien musste ? Er war schrecklich wütend und keiner Vernunft zugänglich. Dass du an alldem schuldlos bist, spielte keine Rolle für ihn. Er erklärte, niemand dürfte einem MacKinnion ungestraft seinen Willen aufzwingen. Und deshalb hättest du leiden müssen - nur weil du die Tochter deines Vaters bist.«
    »Dann bin ich dir doppelt dankbar, Niall.«
    »Dankbar? Du bist nicht böse?«
    »Ich weiß, dass du es nur für mich getan hast, und ich will meine Dankbarkeit beweisen. Bitte, nimm's nicht so schwer, was ich dir jetzt erzählen muss . Man hat mich angeklagt - und ich nehme die Schuld auf mich.«
    »Du? Aber MacDonough...«
    »Er wurde die ganze Nacht bewacht, Niall, deshalb ist er über jeden Verdacht erhaben. Und William hat es geschafft, unseren Vater gegen mich einzunehmen.«
    »Sheena...«, begann er unglücklich.
    Sie hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Hör mir zu! Ich bin viel besser dran, als du glaubst. MacDonough hat die Verlobung gelöst aus Empörung über meinen angeblichen Verrat, und du hast mich vor MacKinnion gerettet. Zur Strafe will mich Vater zu Tante Erminia nach Aberdeen schicken, und das ist viel besser als eine Ehe mit MacKinnion oder Sir Alasdair.«
    »Du sollst Nonne werden?« fragte Niall bestürzt.
    »Davon hat Vater nichts gesagt, also mach dir keine Sorgen. Ich habe unsere Tante jahrelang nicht gesehen, und der Aufenthalt in ihrem Kloster wird eine angenehme Abwechslung sein. Vor allem muss ich dort nicht befürchten, dass man mir irgendwelche Ehemänner aufnötigen wird. Glaub mir, Niall, ich bin nicht unglücklich.«
    »Du wirst doch zurückkommen?«
    »Keine Ahnung. Vater war jedenfalls sehr wütend. Vielleicht zwingt er mich, Nonne zu werden. Nun, das wäre mir immer noch angenehmer als eine Ehe ohne Liebe.«
    »Das meinst du nicht ernst, Sheena.«
    »Sogar sehr ernst! Unsere Eltern haben sich nicht geliebt. Du hast sie nicht zusammen gesehen, Niall, aber ich kann mich noch gut an das alles erinnern. Ich will keinen Mann heiraten, den ich nicht liebe.«
    »Ich werde mit Vater reden.«
    »Untersteh dich! Wenn ich hierbleibe, wird er einen anderen Mann für mich suchen. Ich gehe, Niall, und du kannst mich nicht zurückhalten. Du wirst niemals verlauten lassen, was du getan hast. Schwörst du mir das?«
    Er nickte widerstrebend. So hatte er sich die Folgen seines eigenmächtigen Handelns nicht vorgestellt. Doch jetzt konnte er den Lauf der Ereignisse nicht mehr beeinflussen. »Ich werde dich bald besuchen, Sheena.«
    Sie lächelte. »Darüber würde ich mich sehr freuen - wenn Vater es erlaubt.«
    Plötzlich schlang er die Arme um ihren Hals, Tränen rollten über seine Wangen. »Es tut mir ja so leid...«
    »Beruhige dich, mein Lieber. Du brauchst dir nichts vorzuwerfen und mich nicht zu bedauern. Ich war noch nie in Aberdeen, und ich freue mich auf diese Reise - wirklich. Außerdem ist es besser, wenn ich mich von Vater trenne, wenigstens für eine Weile. So, wie die Dinge liegen, kann ich nicht mit ihm unter einem Dach leben.«

9.

     
    HERBST 1541,
    ABERDEENSHIRE, SCHOTTLAND
    In den nächsten Wochen sollte sich Sheena noch oft an ihr letztes vertrautes Gespräch mit Niall erinnern. Aberdeen, fast fünfzig Meilen von zu Hause entfernt, war wie ein fremdes, fernes Land, überfüllt und schmutzig. Man konnte nicht durch die Straßen gehen, ohne fürchten zu müssen, dass einem der Inhalt eines Nachttopfs oder Mülleimers auf den Kopf geschüttet wurde. Andererseits war Aberdeen ein bedeutendes Handelszentrum mit einem großen Hafen, wo ein reges Leben und Treiben herrschte.
    In den ersten Tagen ihres Aufenthalts unternahm Sheena lange Wanderungen, um die Stadt zu besichtigen, was sie sehr bald aufgab. Sicher, die Universität, die Abteien und Läden boten einen großartigen Anblick - aber hier gab es viel zuviele Hochländer. An den nackten Beinen zwischen Kilt und Stiefeln waren sie leicht zu erkennen. Die Tiefländer trugen Strumpf-oder Kniehosen.
    Als hätten die furchterregenden Hochländer nicht schon genügt, um ihr die Stadt zu verleiden, wurde sie auch noch an jeder Straßenecke von

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