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Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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ihm aufgestiegen war. Er hatte die ganze Familie strafen wollen. Beinahe wäre er gezwungen worden, eine von Dugalds Töchtern zu heiraten. Nur beinahe... Und dann erinnerte er sich an den Jungen, der ihn vor dieser Ehe bewahrt hatte, und seine boshaften Pläne erfüllten ihn mit Unbehagen. Es wäre ein schlechter Dank, würde er Nialls Schwester ein Leid antun, nachdem der Junge so viel aufs Spiel gesetzt und ihn befreit hatte, um sie zu schützen.
    Fluch über MacDonough - falls er sie wirklich hierherschleppte und ihn in eine so absurde Situation brachte! Eine Fergusson in seinem Schloss aufzunehmen - noch dazu als Gast! Er durfte ihr keine Angst einjagen, konnte nicht einmal Lösegeld für sie verlangen - und das alles nur, weil er in der Schuld eines kleinen Jungen stand.
    Trotzdem war Jamies Neugier erwacht. Zumindest würde er endlich sehen, was ihm seinerzeit erspart geblieben war. Nun - nicht die Frau, die man ihm aufgezwungen hätte, aber eine ihrer Schwestern. So groß konnte der Unterschied zwischen den Mädchen nicht sein. Wenigstens würde ihn die Begegnung von seiner Sehnsucht nach dem Mädchen ablenken, das sich in seinem Herzen eingenistet hatte und dessen Bild ihn bis in alle Ewigkeit zu verfolgen drohte.
    Ein Ruf erklang, und Jamie drehte sich zu einer schmutzigen, tropfnassen Schar um, die auf den Kamin zuging. Außer MacDonough und seinen vier Gefolgsleuten hatte Daphne noch drei Dienstboten mitgebracht, zwei Männer und eine Frau. Jamie erkannte die Dienerin, die seine Schwester schon einmal ins Schloss Kinnion begleitet hatte. Eine Fergusson war nicht mit von der Partie.
    Er gab Daphne einen Begrüßungs Kuss . »Seid ihr alle vollzählig eingetroffen?«
    »Falls du nach Dobbin Ausschau hältst - er ist nicht mitgekommen.« Sie erwiderte seinen Kuss , dann wärmte sie ihre Hände am Feuer. »Er will am Wochenende an den Hof reisen, ohne mich. Deshalb hat er mir erlaubt, hierherzukommen - für längere Zeit.«
    »So bald nach deinem letzten Besuch?«
    »Damals sind wir nur ganz kurz geblieben - wie du sehr wohl weißt, Jamie«, entgegnete sie ungehalten. »Bin ich nicht willkommen?«
    »Das muss ich mir noch überlegen«, sagte er unfreundlich. »Falls du mich Jessies wegen sprechen möchtest...«
    »Warum sollte ich?« fragte Daphne überrascht. »Du weißt doch, wie wenig mir die Kusine meines Mannes bedeutet. Und falls du fürchtest, ich könnte sie mit nach Hause nehmen - deshalb brauchst du dich nicht zu sorgen. Es ist mir viel lieber, wenn sie hier ist, und ich hoffe nur, dass ich sie während meines Aufenthalts in deinem Schloss möglichst selten zu sehen bekomme.«
    »Aber - ich habe sie nach Hause geschickt, Daphne. Sie müßte schon vor deiner Abreise angekommen sein.«
    »Zweifellos hat sie unterwegs einen anderen Mann gefunden. Irgendwann wird sie schon wieder auftauchen. O Jamie, ich bin wirklich froh, dass du nicht auf sie hereingefallen bist.«
    Jamie zuckte angewidert mit den Schultern, dann verengten sich seine Augen, als er Daphne genauer betrachtete. Ihr blondes Haar war naß und strähnig, ihre Wangen bläulich verfärbt, und sie zitterte am ganzen Körper. Warum sollte er noch einen Gedanken an Jessie verschwenden? Vermutlich hatte sie Black Gawain umgarnt und war bei ihm geblieben. Das kümmerte Jamie nicht im geringsten.
    »Geh in dein altes Zimmer, Daphne, und wärm dich auf, bevor du mir noch krank wirst.«
    »Dann bin ich also willkommen?«
    »Ja«, erwiderte Jamie, immer noch in unliebenswürdigem Ton. »Wir sprechen später darüber. Denn ich glaube nicht, dass es deine Idee war, mich zu besuchen.«
    Darauf gab Daphne keine Antwort. Er ist mir nicht allzu böse, überlegte sie, während sie davoneilte, ihre Dienstboten im Schlepptau. Natürlich ärgert er sich, weil ich trotz des schlechten Wetters diese Reise unternommen habe - doch das ist gar nichts im Vergleich zu Jamies Zorn, der sich gegen Alasdair richten wird. Kein Wunder, dass der arme Mann zu feige war, um allein hierherzukommen...
    Sie hatte Alasdair den Gefallen getan und ihm erlaubt, sie ins Schloss Kinnion zu begleiten. Doch sie hatte ihn gewarnt und erklärt, ihre Anwesenheit würde keinen Unterschied für Jamie machen. Nun, das würde er bald genug merken.
    Jamie ließ MacDonough warten, während er Speisen und trockene Kleider für seine Gäste bringen ließ. Das wollte er ihnen nicht verweigern, um der Freundschaft willen, die zu Lebzeiten seines Vaters zwischen den beiden Clans bestanden hatte.

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