Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)
alles hängt mit den Missbräuchen zusammen, darauf verwette ich meinen Arsch. Ich werd mir Max noch mal vornehmen.«
Schritte knirschten über den Kies, der zerknitterte Kellner kam herbeigeschlendert. Ein leichter Hauch nach Mottenkugeln umwehte ihn. In der Hand hielt er einen schmuddeligen Lappen, mit dem er ein paarmal lustlos über den verdreckten Tisch wedelte. Zorn und Schröder schoben ihre Stühle zurück.
»Fein, dass Sie Zeit gefunden haben«, erklärte Schröder höflich.
»Es war zu tun.« Der Kellner zückte Stift und Block.
»Das sieht man«, erwiderte Schröder, nachdem er einen langen Blick durch den leeren Biergarten geworfen hatte. »Ich hätte gern ein Bauernfrühstück und eine Limo.«
»Groß oder klein?«
»Die Limo groß, das Bauernfrühstück klein.«
Der Kellner sah auf seine Uhr, ein klobiges Rolex-Imitat aus verchromtem Messing. »Die Küche ist seit vier Minuten geschlossen.«
»Das ist bedauerlich.« Schröder kratzte sich hinterm Ohr. »Haben Sie denn vielleicht«, er machte eine winzige Pause, »was zum Knabbern?«
Zorn biss sich auf die Unterlippe.
Der Zerknitterte musterte Schröder misstrauisch. »Natürlich. Ich könnte in der Küche fragen, ob es noch Schnittchen gibt.«
»Schnittchen?«
»Jawoll. Wir haben Schnittchen mit Ei, Käse oder Grützwurst.«
»Dann hätte ich gern ein Schnittchen mit Grützwurst und eins mit Ei«, erwiderte Schröder ernst.
»Sehr wohl, der Herr. Vorausgesetzt, es sind noch welche da.«
»Das hoffe ich. Ein Schnittchen wär jetzt genau das Richtige.«
Der Kellner vollführte eine Vierteldrehung und wandte sich schweigend an Zorn.
»Ich möchte ein Bier und einen Aschenbecher«, erklärte der.
»Groß oder klein?«
»Das Bier klein. Den Aschenbecher groß.«
»Hell oder dunkel?«
»Der Aschenbecher?«
Der Kellner rümpfte die Nase. »Das Bier natürlich.«
»Hell, bitte.«
»Fass oder Flasche?«
»Fass.«
Der Kellner öffnete den Mund.
»Nein, danke«, sagte Zorn.
»Wie meinen?«
»Ich möchte keine Schnittchen. Das wollten Sie doch fragen, oder?«
Der Kellner schniefte beleidigt. Es klang, als würde die Luft aus einem Fahrradschlauch gelassen. »Dann also ein kleines Bier für Sie und eine Limo und zwei Schnittchen für den Herren.«
»Genau.« Schröder rieb sich die Hände. »Ich liebe Schnittchen.«
»Wünschen die Herren sonst noch etwas?«
»Danke«, erwiderte Zorn. »Die Herren wünschen nichts weiter.«
»Es sei denn«, warf Schröder ein, »Sie könnten die Musik anstellen? Die fand ich letztes Mal sehr nett.«
Zorn trat unter dem Tisch nach Schröders Schienbein, verfehlte ihn allerdings um ein paar Zentimeter. Schröder ließ sich nichts anmerken und lächelte den Kellner an.
»Tut mir leid«, meinte der und wandte sich zum Gehen. »Der Kassettenrekorder ist defekt.«
»Ach, das ist aber wirklich schade.«
»Ja«, wiederholte Zorn. »das ist wirklich schade. Vielleicht klappt’s ja wenigstens mit den Schnittchen.«
»Ich werde mein Bestes tun.«
»Davon bin ich überzeugt«, strahlte Schröder.
Der Kellner straffte den Rücken und schnürte davon.
*
»Du bist schuld, Klaus.«
Es ist spät, nach Mitternacht. Die Eltern von Eric und Martha stehen in der Küche. Eva Haubold lehnt an der Spüle, die Arme hat sie vor der Brust verschränkt. Ihre Lippen sind trocken und rissig, die Unterarme sind zerkratzt, rote Striemen ziehen sich über die blasse Haut. Ihr Mann steht mitten im Raum, bisher hat er kein Wort gesagt. Er starrt seine Frau an. Wortlos, als wäre sie ein Gespenst. Der Boden ist mit Scherben übersäht, schmutziges Geschirr türmt sich auf der Anrichte.
»Du bist schuld, dass er tot ist.«
Ihre Stimme ist brüchig, heiser vom vielen Weinen.
»Du hast meinen Sohn auf dem Gewissen.«
Sie tritt auf ihn zu. Eine Scherbe knirscht unter ihrem Schuh.
»Wenn Martha etwas passiert ist, bring ich dich um, Klaus.«
Er schweigt.
»Hast du mich verstanden?«
Sie geht einen Schritt auf ihn zu, sieht zu ihm auf. Klaus Haubold steht vor ihr, die Arme hängen schlaff herunter. Seine Augen sind gerötet.
Eva Haubold holt tief Luft.
Dann schlägt sie ihren Mann ins Gesicht.
Immer und immer wieder.
Er wehrt sich nicht.
Fünfundzwanzig
Nachts.
Herr Kalze, der kleine, magere Rentner mit dem dünnen Haar, saß vor seiner Laube und rauchte eine Zigarre. Seine Ehefrau, die dicke Frau Kalze, hatte es ihm verboten, sie konnte den Geruch nicht leiden.
Nein, ich mag auch nicht, wie sie riecht, dachte
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