Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)
Dein Leben ist in Gefahr. Die meisten hier im Präsidium halten mich für einen faulen Sack, dem so ziemlich alles egal ist. Ich fürchte«, Zorn lächelte ein wenig und reichte Max die Hand zum Abschied, »in deinem Fall muss ich eine kleine Ausnahme machen.«
*
habt ihr wirklich gedacht, dass es so einfach ist? es ist geradezu lachhaft, ihr seid so leicht zu durchschauen, ihr langweilt mich
habt ihr verstanden?
IHR LANGWEILT MICH!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
*
»Wir drehen uns im Kreis, Schröder. Scheiße, eigentlich können wir noch mal von vorn anfangen.«
Langsam senkte sich die Dämmerung über den Biergarten. Ein leichter, angenehmer Wind war aufgekommen, die Blätter der alten Kastanien raschelten wie brüchiges Pergamentpapier. Der Waldkater war leer, Zorn und Schröder waren die einzigen Gäste. Es roch nach Sommer und nach schalem Bier.
»Wahrscheinlich hast du recht, Chef.«
»Das weiß ich selbst. Die Frage ist, wie wir weitermachen.«
Der hölzerne Tisch war mit alten, kreisrunden Abdrücken schmutziger Gläser übersäht. Nachdenklich fuhr Schröder mit dem Finger darüber. »Ich bin nicht sicher«, sagte er nach einer Weile. »Jedes Mal, wenn wir einen Verdächtigen haben, passiert etwas Unerwartetes.«
»Hatten wir denn jemals einen?«
»Einen Verdächtigen? Ich würde sagen, mehr als genug, oder?«
»Allerdings. Zuerst hatten wir den Priester«, erklärte Zorn. »Ich war dabei, als er Max Brandt umbringen wollte. Und wir haben die Filme auf seiner Festplatte.«
»Dann wär da noch Eric Haubold, Chef. Er war zumindest in der Nähe, als der erste Mord an Björn Grooth passierte. Sonst hätten wir den Kaugummi auf dem Hochsitz nicht gefunden.«
»Stimmt«, nickte Zorn. »Konzentrieren wir uns also auf diese beiden. Theoretisch könnten sowohl Giese als auch Eric Haubold die ersten zwei Morde begangen haben: Den an dem Radfahrer und den an Udo Kempff.«
»Welches Motiv sollte Eric gehabt haben?«
Zorn stieß geräuschvoll die Luft aus. »Keine Ahnung. Der Priester hatte jedenfalls eins. Er wollte nicht entdeckt werden.«
»Aber wer hat dann Eric auf dem Gewissen? Giese können wir ausschließen.«
»Was du nicht sagst, Schröder. Jemand, der im Koma liegt, hat schlechte Karten, wenn er jemanden umbringen will.«
Die Lichterketten flammten auf. Schröder lehnte sich in seinem Stuhl zurück, die bunten Lampen spiegelten sich auf seiner Glatze. »Vielleicht«, meinte er, »liegen wir ja völlig daneben und es gibt mehrere Täter.«
»Du meinst, Eric und Giese haben die ersten Morde gemeinsam begangen?«
»Wer weiß?«
»Scheiße, Schröder, dann wären’s ja schon drei Täter!«
»Richtig. Eric, der Priester und der, der Eric von der Burg gestoßen hat.«
»O Gott.« Zorn stöhnte auf. »Das wächst mir echt über den Kopf.«
»Oder die beiden sind unschuldig. Dann müssten wir nur einen Mörder suchen. Das wäre zumindest übersichtlicher.«
»Und wir müssten von vorn anfangen.«
» Naturalmente.«
»O Mann«, knurrte Zorn und sah sich nach dem Kellner um, der gelangweilt am Eingang des Biergartens am Zaun lehnte und rauchte. Er hatte sie bisher keines Blickes gewürdigt.
Schröder kratzte sich am Kinn. »Wie wär’s mit einer Frau?«
»Wie jetzt? Du meinst Martha?« Zorn schnippte seine Zigarette beiseite. Sie flog in einem eleganten Bogen durch die Luft und landete funkensprühend auf dem Nebentisch. »Traust du ihr das zu?«
»Warum nicht?«
»Ich weiß nicht«, überlegte Zorn. »Ich kann das Mädchen nicht leiden, sie ist ein gerissenes Luder. Aber ob sie drei Menschen getötet hat? Nee.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann’s nicht erklären, aber ich denke, es muss ein Mann gewesen sein. Okay, das Drahtseil im Stadtwald könnte sie gespannt haben, dazu braucht man nicht viel Kraft. Aber Udo Kempff war stark, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihn so einfach auf dem Sprungturm überwältigt, mit Benzin übergossen und seelenruhig zugesehen hat, wie er verbrannte.«
»Die beiden kannten sich, Chef. Sie kann ihn überrascht haben.«
»Und später bringt sie den eigenen Bruder um? Warum, Schröder?«
»Keine Ahnung. Jedenfalls ist sie jetzt verschwunden.«
»Was genauso gut bedeuten kann, dass sie das nächste Opfer ist.«
» Yes «, nickte Schröder. »Auch das wäre möglich. Gehen wir also von einem männlichen Täter aus. Was ist mit Max?«
»Der Junge ist völlig durch den Wind. Er hat Angst. Und er hat mir noch nicht alles erzählt, da bin ich sicher. Das
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