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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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können das auch so klären.«
    »Du hast mich nicht verstanden, Chef .« Das letzte Wort betonte Schröder unmerklich, Zorn horchte überrascht auf. Äußerlich wirkte Schröder wie immer, dasselbe rosige Gesicht mit den Hängebacken, das dünne, quer über die Glatze gekämmte Haar, selbst das Lächeln schien unverändert. Aber da war etwas in seiner Stimme. Etwas, das Zorn noch nie gehört hatte.
    Härte. Eisige Kälte. Und Entschlossenheit.
    »Wir spielen dieses Spielchen, seit wir uns kennen«, sagte Schröder. »Ich bin der Trottel, du bist der, der die Anweisungen gibt. Ich habe mich daran gewöhnt, ich spiele mit, weil es mir Spaß macht. Und weil ich dich mag. Von mir aus können wir so weitermachen, bis wir beide in Rente gehen. Unter einer Bedingung: Vergiss, was du mich eben gefragt hast. Vergiss es und denke nicht mehr daran. Nie wieder, Claudius Zorn. Verstehst du?«
    Das hat er noch nie getan, überlegte Zorn verwirrt. Er hat mich noch nie bei meinen Namen genannt. Was ist da los?
    »Es gibt genug Leute im Präsidium, die diese Arbeit übernehmen können.« Schröder öffnete die Tür. »Ich gehe. Du kannst den Mund jetzt wieder zuklappen.«
    Das tat Zorn dann auch. Allerdings erst zehn Minuten, nachdem Schröder das Büro verlassen hatte.

Einundzwanzig
    Die folgenden anderthalb Stunden verbrachte Zorn mit dem Versuch, das, was an diesem Vormittag geschehen war, einzuordnen, auszuwerten und irgendwie greifbar zu machen. Was ihm allerdings nicht gelang, seine Gedanken wollten einfach nicht gehorchen, sprangen von Schröder (und dessen völlig unerwartetem Verhalten) zu Giese, von dort ging es weiter zu dem Kamerateam (und den Konsequenzen, die er mit dem unbedachten Rausschmiss heraufbeschworen hatte), um schließlich bei den Videos von Gieses Computer zu landen. Die mussten durchgesehen und analysiert werden, jemand musste einen Plan über ihr weiteres Vorgehen machen. Aber wer sollte das tun, verdammt?
    Zorn war es gewohnt, unangenehme und schwierige Entscheidungen einfach weiterzugeben, und jetzt, da er diese selbst treffen musste, war er schlicht und einfach überfordert. Dazu kam die Frage, weshalb Schröder sich auf einmal geweigert hatte. In all den Jahren hatte er wie eine Maschine funktioniert, er hatte die miesesten und schmutzigsten Aufgaben übernommen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Warum also ausgerechnet diesmal nicht? Was sollte das bedeuten?
    Dann war da noch etwas: Schröder war Zorn auf Augenhöhe gegenübergetreten, mehr noch, er hatte deutlich gezeigt, dass er ihm überlegen war. Das alles hatte nur ein paar Sekunden gedauert, aber Zorn spürte, dass ihr Verhältnis völlig anders zu sein schien, als er bisher gedacht hatte.
    Ruhelos lief er in seinem Büro auf und ab, unfähig, einen Plan zu entwerfen. Je mehr er sich den Kopf zerbrach, desto größer wurde die Ratlosigkeit. All dies überlappte in seinem Kopf, es war, als würden drei Filme gleichzeitig ablaufen, ein Chaos, das nichts als Verwirrung hinterließ und keine Chance bot, zu einer Lösung zu kommen. Schließlich gab er auf, setzte sich hinter seinen Schreibtisch, stützte das Kinn in die Hand, spielte mit einem Bleistift und spürte plötzlich, wie er müde wurde. Unsagbar müde, und während er sich fragte, woher diese Schläfrigkeit kam (schließlich hatte er die letzten beiden Tage fast ausschließlich im Bett verbracht), tauchten Bilder auf: Schröder, die lispelnde Blondine, Giese, das Kind aus dem Film, dann wieder Schröder, es war, als würde er nachts auf der Autobahn fahren, er sah sich selbst am Schreibtisch sitzen, ein kraftloser, überforderter Hauptkommissar in einem muffigen Büro, alles verschwamm, verschmolz zu einem weißen Rauschen. Dann nahm aus weiter Ferne ein Gedanke Gestalt an, die Gewissheit, dass er gerne schlief, dass er es mochte, an nichts denken zu müssen. Und als ihm bewusst wurde, dass er das alles träumte, dass er gerade in Begriff war, einzuschlafen, vibrierte sein Handy.
    Der Klingelton war neu, ein altmodisches, angenehmes Läuten. Es dauerte eine Sekunde, bis ihm einfiel, dass Max Brandt den Ton geändert hatte. Zorn kannte die Nummer auf dem Display nicht, aber als er gehört hatte, was der andere wollte, war er schlagartig wach. Hellwach.
    Wachtmeister Bolldorf rief an.
    *
    »Ich glaube, er ist zu sich gekommen, Herr Hauptkommissar.«
    Die Aufregung ließ den Atem des jungen Wachtmeisters flattern, er klang gedämpft, als schirme er das Telefon mit der Hand ab.
    »Was

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