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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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etwas sagen.
    »Was ist?, fragte Zorn.
    »Nichts.«
    »Na ja, jedenfalls haben wir jetzt ein Motiv.«
    Schröder sah auf.
    »Welches?«
    »Ist doch logisch! Giese missbraucht die Kids, als sie noch klein sind. Die schweigen zehn Jahre lang, irgendwann sind sie so weit, wollen sich wehren und stellen ihn zur Rede. Vielleicht haben sie auch gedroht, an die Öffentlichkeit zu gehen, keine Ahnung. Auf jeden Fall bekommt Giese Panik und beginnt, einen nach dem anderen umzubringen.«
    »Möglich.«
    »Mehr fällt dir dazu nicht ein?«
    Schröder zuckte die Achseln.
    »Verdammt nochmal, Schröder!«, rief Zorn. »Kannst du auch mal mehr als zwei Worte am Stück sagen?«
    »Natürlich.« Schröder gab sich einen Ruck. »Du hast recht, im Moment deutet alles auf den Priester.«
    »Czernyk wird noch eine Weile brauchen, bis er die Filme komplett ausgewertet hat. Wir müssen auf seinen Bericht warten. Wer weiß, vielleicht findet er noch mehr raus.« Zorn trat die Zigarette aus, der Kies knirschte unter der Spitze seines Turnschuhs. »Einen Haken hat die Sache allerdings.«
    »Ja«, nickte Schröder bedächtig. »Den Kaugummi.«
    »Genau, der Kaugummi«, wiederholte Zorn. »Was wollte Eric Haubold auf dem Hochsitz?«
    »Ich habe gestern Abend noch eine Streife losgeschickt, um ihn zu befragen. Er war nicht zu Hause.«
    »Und heute morgen?«
    »War er ebenfalls nicht da. Er war die ganze Nacht weg.«
    Zorn schlug sich mit der Hand auf den Oberschenkel. »Scheiße, Schröder! Warum erfahr ich das erst jetzt?«
    »Ich hab vergessen, es dir zu sagen. Tut mir leid.«
    »Es tut dir leid ? Du hast noch nie was vergessen!«
    Der dicke Schröder sah müde aus, unendlich müde. Im hellen Morgenlicht war deutlich zu erkennen, wie schmal er in der letzten Zeit geworden war. Das runde Gesicht war eingefallen, bleich und hohlwangig hockte er mit hängenden Schultern auf der Bank.
    Er braucht einen neuen Spitznamen, dachte Zorn. Er ist nicht mehr dick, ich muss etwas anderes finden. Aber was passt besser? Abgemagert? Blass? Verhärmt? Unglücklich?
    Der unglückliche Schröder .
    Ja, das trifft es.
    Schröder stand auf und zuckte unmerklich zusammen, seine verletzte Hand tastete nach der Narbe am Bauch. Zorn runzelte die Stirn.
    »Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?«
    »Ja. Ich gehe jetzt rein und frage, was die Suche nach Martha Haubold macht. Eric lasse ich ebenfalls zur Fahndung ausschreiben. Und ich schicke jemanden zu Max Brandt. Wenn deine Vermutung stimmt, sind die drei gefährdet.«
    Zorn schüttelte den Kopf. »Nicht, solange Giese auf der Intensivstation liegt. Ich würde zu gern wissen, was er zu dem Ganzen sagt. Scheiße, wann wacht dieser Arsch endlich auf?«
    »Max, Eric und Martha sind wach, Chef. Wir müssen sie finden und mit ihnen reden. Es wäre gut, wenn du das übernehmen könntest.«
    »Warum ich?«, fragte Zorn verblüfft.
    »Ich bin müde«, sagte Schröder, klemmte die Aktentasche unter den Arm und schlurfte ins Präsidium.
    Zorn starrte ihm verständnislos nach.
    *
    Seit über tausend Jahren stand die Burg auf dem Felsen über dem Fluss. Im Laufe der Jahrhunderte war sie fast vollständig verfallen, nur der schlanke quadratische Wehrturm war erhalten und ragte, restauriert und mit neuem Dach versehen, in den Himmel. Tiefe Risse zogen sich durch die steilen Außenmauern der Burg, Efeu und dorniges Gestrüpp klammerte sich an den schroffen Fels, auf dem das Gemäuer thronte.
    Vor ein paar Jahren noch war die Oberburg dicht zugewachsen gewesen, irgendwann hatten Ausgrabungen begonnen, die Fläche war begradigt und die uralten Grundmauern waren freigelegt worden. Von hier oben hatte man eine phantastische Aussicht über den Fluss, die Stadt wirkte wie eine grüne Insel, trotzdem gab es kaum jemanden, der hier hinaufstieg (abgesehen von ein paar kurzatmigen Rentnern oder einer Schulklasse, die wie ein Heuschreckenschwarm über das Gelände tobte und nach kurzer Zeit wieder verschwunden war).
    Es war Mittag, die Burg menschenleer. Die Wolken waren längst verschwunden, die Sonne stand fast senkrecht über dem staubigen, mit Geröll bedeckten Plateau. Der Turm schien zu schwanken, er flimmerte in der Mittagshitze wie eine Fata Morgana.
    Eric Haubold saß im Schatten, auf der untersten Stufe einer modernen eisernen Wendeltreppe und tippte etwas in sein Handy. »Was soll der Scheiß, Martha?«, murmelte er dabei vor sich hin, »erst bestellst du mich her, und dann kommst du nicht?«
    Er sprang auf, gähnte und sah sich

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