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Zorn

Zorn

Titel: Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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gegeben.«
    »Und ihr die Nase gebrochen«, ergänzte Carter.
    »War keine Absicht.«
    »Halt die Klappe, Idiot«, sagte Lucas. »Und hör auf, mir ins Gesicht zu schnaufen.«
    Den Gefallen tat er Lucas nicht. Johnson schaute eine Weile zum Fenster hinaus, bevor er verkündete: »Ich mach in die Hose.«
    »Jesus, verkneif dir das«, blaffte Lucas.
    »Reingelegt, Bulle«, lachte Johnson. »Und ich heiße übrigens nicht Jesus. Schau ich vielleicht aus wie ein Scheiß-Puerto-Ricaner?«
    »Du hättest die Handschellen enger einstellen sollen«, sagte Carter.
    »Am besten um seinen verdammten Hals«, pflichtete Lucas ihm bei.
    Sie brachten ihn zum Gefängnis von Hennepin County.
    Um zwanzig nach sechs wurden über Funk zwei Mädchen als vermisst gemeldet. Es war noch hell, die Zentrale schickte sie runter zum Mississippi, unter die I-94-Brücke. Angeblich hatten die Mädchen trotz der Warnung ihrer Eltern am Fluss gespielt.
    In seinen drei Jahren bei der Polizei hatte Lucas so ziemlich alles erlebt: Morde, Überfälle und Einbrüche, Selbsttötungen, Prügeleien, Krawalle, Verfolgungsjagden im Auto und zu Fuß, eine Gebärende auf dem Rücksitz seines Streifenwagens. Das Kind war eine Minute, nachdem Lucas vor der Notaufnahme angehalten hatte, zur Welt gekommen, noch auf der Rollbahre entbunden von einem Arzt und zwei Krankenschwestern. Der Junge hatte den Namen »Otto« erhalten, nach dem Otto-Motor.
    »Schöne Geschichte, dass sie ihn Otto genannt haben«, sagte Carter.
    »Mir gefällt sie sehr«, erklärte Lucas. »Ich erzähle sie gern.«
    Im Lauf der Jahre hatte es einige vermisste Kinder gegeben, die jedoch allesamt schnell wieder gefunden worden waren. Die beiden Mädchen waren zwischen vier und fünf Uhr verschwunden, wenn Kinder normalerweise zum Essen nach Hause gingen und nicht zum Spielen an den Fluss.
    Lucas und Carter stellten den Wagen ab und näherten sich der Uferböschung des Mississippi. An der Stelle war der Fluss ein paar hundert Meter breit und schlammig grün, mit vereinzelten Gischtflecken von den Wasserfällen flussaufwärts. Der Abhang war steil und voller Gestrüpp, durchschnitten von rutschigen, ausgetretenen Fußpfaden, rechts und links davon Plastik- und Styroporverpackungen und in den Büschen hier und da Toilettenpapier.
    Entlang dem Fluss verlief ein betonierter Weg nach Norden und Süden, dazwischen ein Strand, an dem Lucas und Carter das Wasser erreichten. Eine ziemlich dicke, mit Shorts bekleidete Frau watete bis zu den Knien im Wasser, und ein Junge in abgeschnittener Jeans warf weiter draußen seine Angel aus. Andere Menschen saßen am Ufer, standen im Wasser oder schwammen darin.
    Keiner hatte die Mädchen gesehen.
    Lucas und Carter waren gerade mit der Befragung fertig, als sich zwei Kollegen aus einem anderen Streifenwagen zu ihnen gesellten. Die vier schwärmten aus, zwei nach Norden und zwei nach Süden, den Mississippi hinauf und hinunter, von dem Pfad aus, den die Mädchen zum Ufer genommen haben mussten. Dreihundert Meter flussabwärts stießen Lucas und Carter auf den Schwulenstrand. Einer der Männer dort erklärte, sie hätten keine Mädchen gesehen, weder am Ufer noch im Wasser, und sie seien schon den ganzen Nachmittag hier.
    Lucas und Carter gingen wieder flussaufwärts, und Carter wetterte über die Schwulen: »Scheiß warme Brüder, laufen am helllichten Tag im String rum. Hast du den Kerl gesehen? Dem war’s scheißegal, dass …«
    »So interessiert? Scheint dich anzutörnen, Fred«, bemerkte Lucas.
    »Fick dich ins Knie«, erwiderte Carter. »Scheißschwuchteln …«
    »Sie haben die Mädchen nicht gesehen«, sagte Lucas. »Wenn sie ins Wasser gegangen wären, hätten sie das merken müssen. Angeblich können sie beide schwimmen.«
    »Ja.« Carter hakte die Daumen am Gürtel ein und blickte übers glatte Wasser, das ein wenig modrig roch. »Hier ist es nicht sonderlich tief. Irgendwie hab ich ein ungutes Gefühl, Lucas. Ich glaube nicht, dass sie im Fluss sind.«
    »Nein?«
    »Ich denke, sie sind entführt worden«, fuhr Carter fort. »Und werden jetzt, während wir hier rumstehen, vergewaltigt.«
    »Bauchgefühl?«
    »Ja.«
    Carter war kein sonderlich guter Polizist, aber sein Instinkt hatte einen ausgezeichneten Ruf. Vierzehn Jahre Streife schienen ihm – oder seinem Bauch – ein Gefühl für bestimmte Verhaltensweisen gegeben zu haben. Wenn sein Bauch ihm sagte, dass er und Lucas das Falsche taten, täuschte er sich höchstwahrscheinlich nicht, das wusste

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