Zornesblind
uns nicht weiter«, versetzte Striker.
Bernard seufzte. »Wissen Sie, ich kenne Dr. Ostermann ziemlich gut und habe allergrößten Respekt vor seinen Leistungen. Der Mann ist absolut integer, und er hat einen guten Draht zur Führungsetage – er spendet große Summen für die Hilfsorganisation PMBA . Von diesem Dr. Richter hab ich allerdings noch nie was gehört.«
Striker nickte. Er schrieb die Information in sein Notizbuch – nur um Bernard zu demonstrieren, dass er sich alles notierte, was er tat. »Wir versuchen, Larisa Logan zu finden. Hatten Sie schon mal mit ihr zu tun?«
Einen kurzen Moment schien Bernard sich ertappt zu fühlen. Er erstarrte. Seine Finger umkrampften den Styroporbecher. Dann blinzelte er und nippte an seinem Kaffee.
»Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor«, räumte er ein.
»Ist nicht wahr!«, ätzte Striker. »Immerhin haben Sie heute Morgen wegen der Dame im deren Büro angerufen.«
Bernard schwieg und wurde rot.
»Ich weiß es, Bernard. Ich hab die Anfrage gesehen.«
»Und wenn schon?!« Bernard warf gereizt seinen Becher in den Papierkorb und schob sich hinter seinen Schreibtisch. »Diese verdammten Telefonistinnen. Die Anfrage gehörte weiß Gott nicht an die große Glocke gehängt, das lief unter Datenschutz .«
»Kommen Sie, raus mit der Sprache.«
»Da ist nichts.«
»Warum sind Sie dann so empfindlich?«
Bernard setzte sich hinter seinen Schreibtisch und wischte sich mit der Hemdmanschette die Stirn. Seine Züge erschlafften, und sein langes, hageres Gesicht wirkte dadurch noch länger. Müde und abgespannt. »Ich kann dazu nicht mehr sagen.«
»Können Sie nicht oder wollen Sie nicht?«
»Beides«, antwortete er schließlich, die Verärgerung in seiner Stimme unüberhörbar. »Es gibt gewisse Regeln, Striker. Und so was wie Datenschutz. Wahrung der Privatsphäre.«
»Ich bin mir der Gesetzeslage durchaus bewusst.«
Bernard lachte belustigt auf. »Es geht nicht bloß darum. Auch nicht um die Abteilungspolitik. Vergessen Sie nicht das Mental Health Board.«
Striker blickte schweigend zu Felicia, bemerkte deren harte Miene und wusste, dass sie nicht auf Hamiltons blödes Gequatsche reinfiel. Sie baute sich vor dem Schreibtisch auf und schaute auf Bernard herunter.
»Wir sind sämtliche PRIME -Files durchgegangen«, erklärte sie, »und auch alle CAD -Anfragen. Wir wissen, dass Sie Informationen über die Frau eingeholt haben. Trotzdem fehlt da was. Irgendwas geht da hinter den Kulissen ab. Wir hofften, Ihre Akte könnte zur Klärung der offenen Fragen beitragen.«
»Unsere Akte?«, echote Bernard. »Welche Akte?«
»Sie hatte zeitweilig Depressionen«, erklärte Striker. »Sicher hat das Mental Health Team eine Akte angelegt.«
»Hier ist jedenfalls nichts«, sagte Bernard. Er strich mit einer Hand über seinen Pferdeschwanz, wie um sicherzugehen, dass das Haargummi noch richtig saß.
Felicia wandte sich stirnrunzelnd an Striker. »Es muss eine Krankenakte über Larisa Logan geben«, sagte sie. »Nach dem, was passiert ist. Ich hab die Datenbank dreimal durch, aber da ist nichts zu finden.«
Nichts zu finden?
Unvermittelt machte es Klick in Strikers Hirn, und er grinste breit.
»Ich weiß, warum«, sagte er. »Du kannst die Datei in PRIME gar nicht finden, weil das System dich nicht lässt. Die Datei ist verborgen. Sie wurde privatisiert .«
31
Es gab eine Menge zu tun. Pläne – gute Pläne – brauchten ihre Zeit. Vorbereitung. Testlauf. Risikomanagement.
Die Natter überließ nichts dem Zufall.
Der Morgenhimmel färbte sich allmählich blau, als der alte Angestellte vom Home Depot in seinem knallorangen Arbeitskittel den Gehweg hochschlurfte und die Ladentüren aufschloss. Die Natter beobachtete, wie er hineinging, und wartete noch ein paar Minuten, bis andere Kunden in den Baumarkt strömten. Als mindestens zehn drinnen waren – genug, um sich relativ unauffällig unter die Leute zu mischen –, setzte er Hut und Brille auf und betrat den Laden.
Er lief durch die von Neonröhren grell beleuchtete Halle, während Lautsprecher die Sonderangebote des Tages ankündigten. Irgendwelche Superschnäppchen für die Badezimmerrenovierung. Er hörte nicht wirklich hin, sondern wiederholte im Geiste seine Einkaufsliste.
Baumaterialien, las er, Gang 6. Dort kaufte er hundert 10-Inch-Holzschrauben und sechs Stahlklemmen.
In der Holzabteilung ließ er sich drei Holzbretter auf jeweils einen Meter achtzig zuschneiden. Darüber hinaus entschied er sich für
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