Zu cool für dich
»Ist schon okay so.«
Dexter starrte uns weiter an; ich merkte, dass Paul sich unbehaglich fühlte und sich fragte, was da abging.
»Ja, ist wirklich okay«, meldete Dexter sich auf einmal zu Wort, als hätte ihn jemand nach seiner Meinung gefragt. »Die Situation ist gar nicht peinlich. Und wenn sie es wäre, würde jemand was sagen, oder? Denn so hatten wir es verabredet. Unser Freundschaftsdeal.«
Trey war klug genug, sich nicht einzumischen, und ging weiter in Richtung Raumschiff. John Miller verschwand im Laden. Da waren es nur noch drei.
Paul sah mich an und fragte: »Alles klar?«
»Alles klar«, antwortete Dexter. »Alles bestens, wirklich.«
Paul ließ mich nicht aus den Augen, während er auf Bestätigung meinerseits wartete. Schließlich sagte ich: »Ja, alles klar. Entschuldigst du mich für einen Moment, bitte?«
»Natürlich.« Er streichelte kurz über meinen Arm.Dexter registrierte es – ja, wie eigentlich? Angespannt? Aufmerksam? Paul lief zum Wagen, stieg ein und schloss die Tür.
Dexter sah mich an. »Kleine Info, dass du hier bist, wäre reizend gewesen.«
Ich biss mir auf die Lippe und betrachtete eingehend meine beiden Colaflaschen. Mit gedämpfter Stimme fragte ich: »Alles in Ordnung?«
»Sicher«, antwortete er, ein wenig zu schnell. Schnipste lässig und übermütig mit den Fingern. »Mir geht es bestens!« Er betrachtete das Raumschiffauto und schüttelte den Kopf. »An der Stoßstange klebt sogar ein
Spinnerbait -Sticker
. Mann, Remy, du beeilst dich besser und steigst wieder ein, sonst werden die Provinzcasanovas in der Schüssel da noch ganz ungeduldig.«
»Dexter!«
»Was?«
»Warum machst du das?«
»Was?«
Okay, okay, ich wusste ja warum. Außerdem war es völlig normal, dass er sich so verhielt; jeder, mit dem man Schluss gemacht hatte, verhielt sich so. Und auch bei Dexter hätte es eigentlich von Anfang an so sein müssen. Das Einzige, was mich etwas durcheinander brachte, war der Umstand, dass er erst jetzt mit dem typischen Sie-hat-mich-verlassen-Rumgezicke anfing.
»
Du
hast vorgeschlagen, wir sollen weiter befreundet sein«, sagte ich.
Ein Achselzucken. »Tu nicht so. Dir war’s doch im Prinzip völlig egal. Du hast bloß mitgemacht, um keinen Stress zu kriegen.«
»Nein, das stimmt nicht.«
»Du bist an allem schuld.« Er zeigte mit einem leicht schwankenden Finger direkt auf meine Brust. »Du glaubst ja sowieso nicht an die Liebe. Deshalb kannst du dir auch nicht vorstellen, dass man jeman den einfach mögen kann. Oder mit jemandem befreundet sein möchte. Du willst dich auf nichts einlassen, das dich auch nur im Mindesten verletzlich machen könnte.«
Ich wurde allmählich richtig sauer. »Hör zu, ich war einfach nur ehrlich zu dir.«
»Na super, komm, wir verleihen dir eine Medaille!« Er applaudierte. »Du trennst dich von mir, weil ich anfangen könnte dich wirklich gern zu haben. So gern, dass es über einen Sommer hinaus reichen könnte. Und jetzt bin
ich
plötzlich der Böse?«
»Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich gelogen und dir erzählt hätte, ich fühle das Gleiche wie du? Nur um dich einen Monat später trotzdem abzuservieren?«
»Das wäre ja auch wirklich sehr ungelegen gekommen«, meinte er sarkastisch, »weil dir in dem Fall Mister
Spinnerbait
entgangen wäre.«
»Also darum geht es?«, fragte ich entnervt. »Bist du eifersüchtig?«
»Klar. Denn dann wäre alles wieder simpel und unkompliziert, nicht wahr?« Er nickte. »Und unsere liebe Remy mag ihr Leben simpel und unkompliziert. Du glaubst, du durchschaust alles. Du denkst, alles, was ich sage oder tue, ist vorhersagbar, abzulesen an einem kleinen Diagramm. Aber so läuft das nicht. Das Leben ist anders.«
»Ach wirklich? Wie ist es denn? Erklär’s mir.«
Er beugte sich dicht zu mir und senkte die Stimme:»Alles, was ich zu dir gesagt habe, das meinte ich auch so. Ich wollte mehr als nur eine nette kleine Sommeraffäre. Was ich gesagt habe, war die Wahrheit. Jedes einzelne Wort, vom allerersten Tag an.«
Unsere Wochen als Paar spulten sich im Zeitraffer noch einmal vor mir ab: Wetten, Witze, Liedfetzen ... Und darin sollte eine bedeutungsvolle Wahrheit liegen? Nur am allerersten Tag, ja, da hatte er etwas Großes gesagt. Aber das war auch bloß –
Hinter mir hörte ich Lissas Stimme, die vorsichtig und zögernd fragte: »Äh ... Remy?« Sie räusperte sich und setzte ein zweites Mal an: »Wir verpassen noch den Anfang vom Film.«
»Okay«, sagte ich ohne
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