Zu feindlichen Ufern - [3]
Kommando übernimmt. Da er für die Rudergasten sorgt, brauchen wir jemanden, der Französisch kann.«
»Ich mache das«, bot Archer sich sogleich an.
»Ich hätte Sie empfohlen, Mr Archer, aber da der befehlshabende Offizier an der Ruderpinne stehen muss und Sie eine verletzte Hand haben, muss ich jemand anders fragen.«
»Dann werde ich das übernehmen, Sir«, sagte Wickham, ehe Archer Zeit hatte, zu widersprechen. »Niemand sonst spricht so gut Französisch, und ich habe schon einige Boote befehligt, wie Sie ja wissen.«
»Ja, ich weiß, Mr Wickham, aber Sie müssen eines wissen: So tüchtig Sie auch sind, nichts hat Sie auf das vorbereitet, was Sie da draußen erwartet. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, ich fürchte, dass es fast unmöglich sein dürfte, ein Boot sicher an Land zu bringen.«
»Wenn Sie erlauben, Kapitän«, meldete sich Barthe zu Wort. »Ich möchte keinem der hier Anwesenden zu nahe treten, aber ein Boot in dieser See zu steuern ist wahrlich keine Kleinigkeit. Ich würde vorschlagen, dass dieser Aufgabe nur Sie selbst, Sir, Mr Franks und ich gewachsen sind. Wir haben genügend Erfahrung in all den Jahren sammeln können.« Er deutete eine kleine Verbeugung in Wickhams Richtung an. »Nichts für ungut, Mr Wickham, aber Sie waren noch nie in einer solchen See in einem Beiboot.«
»Ich verstehe, was Sie meinen«, antwortete der Midshipman, »aber Sie können kein Französisch, und Kapitän Hayden braucht einen Mann, der die Sprache der Rudergasten spricht.«
»Da gebe ich Ihnen recht«, pflichtete Barthe ihm bei, »aber warum übernehme ich nicht das Kommando über das Boot, während Sie für mich all meine Anweisungen übersetzen? Nur so haben wir Hoffnung auf Erfolg – das ist zumindest meine Meinung.« Der Master wandte sich an Hayden. »Stimmen Sie mir nicht zu, Kapitän?«
Hayden gefiel weder der eine noch der andere Vorschlag. Barthe hatte gewiss recht – Wickham hatte noch nie ein Boot durch eine solche Brandung gesteuert, und die Aussicht auf Erfolg war äußerst gering. Aus diesem Grund wäre Barthe sicherlich die bessere Wahl, aber wenn die Rudergasten die Befehle in all der Anspannung falsch verstanden oder die Übersetzung doch nicht schnell genug ging, könnte das Boot im Ernstfall kentern. Hayden wusste, dass er selbst der richtige Mann für dieses Unterfangen war, aber er ahnte auch, dass Lacrosse seine Hilfe benötigen würde, wenn es um das Überleben der Crew ging.
»Mr Barthe, wir müssen dafür sorgen, dass Mr Wickham jedes Wort von Ihnen genau versteht, sodass jeder Befehl schnell an die Rudergasten weitergegeben und umgehend ausgeführt werden kann. Die Männer an den Riemen dürfen nicht zögern und müssen sofort reagieren, sonst endet alles in einem Desaster.«
»Bin vollkommen Ihrer Meinung, Sir«, sagte der Master.
Unterdessen stellte Lacrosse eine Besatzung für das Boot zusammen, die überwiegend aus älteren Matrosen bestand. Hayden war zwar der Ansicht, dass die Männer ängstlich und erschrocken wirkten, hielt sie aber dennoch für verlässlich. Nachdem er von Lacrosse die Erlaubnis dazu erhalten hatte, ließ er die Männer antreten und stellte in Gegenwart von Wickham und Barthe sicher, dass auch sämtliche Befehle von allen verstanden wurden. Wickham musste indes beweisen, dass er jede Order angemessen übersetzen konnte. Hayden ließ sogar einige Befehle durchexerzieren, damit es zu keinen Missverständnissen kam. Dennoch fürchtete er, irgendeinen wichtigen Befehl vergessen zu haben, den Barthe plötzlich Wickham zurufen könnte. Was, wenn dem Midshipman nicht sofort die richtige Übersetzung einfiel?
Ein Boot unter diesen Umständen zu Wasser zu lassen, gestaltete sich als schwierig. Da kein Mast mehr stand, konnte man keine Rah mehr benutzen, um das Boot auszuschwingen. Daher mussten die Matrosen anpacken, die Engländer inbegriffen, selbst der Doktor. Hayden hätte es am liebsten gesehen, wenn man das vollbesetzte Boot mitsamt den Riemen Bug voraus ins Wasser hätte gleiten lassen können, aber das Boot erwies sich als viel zu schwer. Die Kraft der Männer reichte nicht aus. Also müsste das Boot zuerst an der Bordwand abgefiert werden, ehe die Männer hineinklettern könnten. Wenn sie Pech hatten, kenterte das Boot schon gleich neben dem Rumpf.
Endlich, nach vielen Flüchen und Prellungen, lag das Boot im Wasser, sodass die Rudergasten über die Bordwand steigen konnten. Die kleine Nussschale wurde hochgedrückt und sackte in die Brandung. Immer
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