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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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nicht gleichauf, und wie es schien, war die Fregatte, die am dichtesten an der Themis dran war, schneller als das Schwesterschiff – so kam es Hayden jedenfalls vor. Wenn es ihm nur gelänge, die beiden Verfolger voneinander zu trennen, dann würde er in den Wind luven und das vordere Schiff in ein Gefecht verwickeln.
    Hatten sie dem Rigg des ersten Verfolgers erst einmal genügend Schaden zugefügt, könnten sie den Vorsprung weiter ausbauen. Andererseits glaubte er nicht, dass die Franzosen so töricht sein würden, sich trennen zu lassen. Blieb zu hoffen, dass sie sich in den Nebelschleiern aus den Augen verlören – dann könnte er rasch handeln, ehe der Feind erkannte, wie groß die Distanz zwischen den Schwesterschiffen geworden war.
    Französische Schiffe, so hieß es immer, seien leichter gebaut als die britischen Pendants und erheblich schneller. Doch Hayden kannte viele Vorfälle, in deren Verlauf britische Fregatten die feindlichen Schiffe der gleichen Baureihe gejagt und sogar erobert hatten, sodass ihn dieses Argument nicht sonderlich beeindruckte. Die Fregatten im Kielwasser jedoch schienen länger zu sein und mochten einen kleinen Vorteil haben. Doch diesen Vorteil gedachte er mit Segelmanövern und Seemannskunst wettzumachen. In dieser Hinsicht hatten die Briten wirklich einen Vorteil, wie Hayden wusste. Denn die Crews der britischen Navy waren fast das ganze Jahr über auf hoher See, während die französischen Schiffe aufgrund der Blockade der Royal Navy in den Häfen festsaßen. Gleichwohl machten zumindest diese beiden Verfolger eine Ausnahme, wie er Hawthorne bereits gesagt hatte, da sie im Verlauf der letzten Monate den britischen Handel empfindlich gestört zu haben schienen.
    Einen Moment lang blieb er noch an der Heckreling stehen und beobachtete den Feind. Er suchte nach Anzeichen mangelnder Seemannskunst, hoffte auf schlampig gesetzte Segel, einen unentschlossenen Mann am Steuerrad, auf mürrische Trimmer, aber er sah nichts dergleichen.
    »Sie wirkt erstklassig, oder, Sir?« Archer war zur Heckreling zurückgekehrt, nachdem er die Befehle an Barthe und Franks weitergegeben hatte. Seine Gedanken gingen in dieselbe Richtung wie Haydens.
    »Ich fürchte, ja, Mr Archer.« Hayden drehte sich langsam um die eigene Achse und ließ die heller werdende See voraus auf sich wirken.
    »Mr Archer«, sagte er dann nach einer Pause, »ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht.«
    »Sir?«
    »Geben Sie an Mr Barthe weiter, dass wir die Bramsegel belegen.«
    Der Leutnant verharrte einen Moment. Hayden spürte, dass der junge Offizier zögerte. »Aye, Sir.« Schließlich eilte er davon und rief dem Master und den Männern an den Rahen den neuen Befehl zu.
    Obwohl Barthe sofort handelte, orderte er die Männer oben nicht zurück an Deck. Kurz darauf lief er zu Hayden, der nach wie vor an der Heckreling stand und den Blick nicht von den Verfolgern wendete.
    Der Master blickte zunächst ebenfalls stumm hinüber zu den Fregatten im Kielwasser der Themis , doch dann konnte er sich nicht länger zurückhalten. »Die werden uns jeden Augenblick einholen, Sir.«
    »Nicht, wenn sie zum Kentern liegen, Mr Barthe. Sehen Sie die Krängung?«
    Doch der Master schaute hinauf in die Wolken. »Das ist ein Glücksspiel, Kapitän Hayden. Wir haben starke Böen in rascher Folge, dann wieder lange Flauten zwischendurch.«
    »Hoffen wir, dass ich mich nicht geirrt habe. Wir luven in den Wind, Mr Barthe, und halten dann ab, sobald dies möglich ist. Noch sind wir zu dicht am französischen Festland, und ich möchte keine Segel reffen lassen, es sei denn, wir müssen das Schiff retten.« Haydens Blick wanderte zur Küste, die in den niedrigen Wolken und den Nebelschleiern fast ganz verborgen war.
    »Ich sorge dafür, dass die besten Männer am Ruder stehen, Sir, um Ihre Befehle umzusetzen.«
    »Danke, Mr Barthe.«
    Der Master entfernte sich und benannte die Männer, die er am Steuerrad haben wollte.
    Hayden konnte sich nicht erinnern, sich schon einmal Sturmböen herbeigesehnt zu haben, doch im Augenblick war dies sein sehnlichster Wunsch. Eine halbe Stunde lang behielt er die Verfolger im Auge, schaute immer wieder zum nördlichen Horizont und hoffte auf kräftige Böen aus den Regenwolken – doch nichts dergleichen geschah.
    Je länger Hayden zum Beobachten verdammt war, desto verdrießlicher wurde er. Er machte sich Vorwürfe, da er davon überzeugt war, einen folgenschweren Fehler gemacht zu haben. Er hätte sämtliche

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