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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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bewundert – davon konnte er nie genug bekommen. Das Wasser hatte eine silbergraue Färbung angenommen und entsprach somit den Nuancen der Wolken. Hier und da brach noch die Sonne durch, beleuchtete einige Areale der atlantischen Weite und zauberte ein Glitzern auf die leicht wogende See. Bisweilen blendete das Lichtspiel so stark, dass Hayden den Blick abwenden musste. Doch sosehr ihn das Meer auch aufs Neue faszinierte, stets wanderte er in Gedanken zurück nach Box Hill und wunderte sich erneut, dass er untätig geblieben war. Mochte es daran liegen, dass seine Zuneigung zu Henrietta letzten Endes doch nicht so stark gewesen war, wie er immer gedacht hatte? Oder befielen jeden Mann Zweifel, wenn er im Begriff war, um die Hand einer Frau anzuhalten?
    »Ein bisschen frische Luft, Doktor?«
    »Gerüchte, eine französische Flotte sei hier in diesen Gewässern, sind bis hinunter ins Lazarett gedrungen, Sir, und da wollte ich mich einmal vergewissern, ob an diesem Gerede etwas Wahres dran ist.«
    »Ja, es ist wahr, Doktor. Die Franzosen haben vor vier Tagen die Meerenge von Brest passiert. Zudem ist ein starkes Geschwader hier draußen, das zu dem Konvoi aufschließen will, der von der amerikanischen Küste nach Frankreich segelt.«
    »Mir scheint, dass im Augenblick zu viele französische Schiffe unterwegs sind. Haben Sie da keine Bedenken?«
    »Zugegeben, die französische Flotte ist beeindruckend. Aber wir haben ein schnelles Schiff, Dr. Griffiths. Solange uns nicht wieder das Pech widerfährt, bei schlechter Sicht an den Feind zu geraten, denke ich, dass wir immer schön auf Distanz bleiben können.« Hayden fragte sich sogleich, ob seine Worte in den Ohren des Schiffsarztes überhaupt überzeugend geklungen hatten. Denn der Flottenverband, der Brest verlassen hatte, beunruhigte ihn sehr. Im schlimmsten Fall befanden sich im Augenblick bis zu dreißig Linienschiffe der Kriegsmarine auf See – womöglich mehr Schiffe, als Howes Flotte aufzubieten vermochte, da Montagu auf dem Weg war, den Konvoi abzufangen. Hayden musste unbedingt auf Lord Howe stoßen, ehe der Admiral der französischen Flotte begegnete. Denn die Nachrichten, die Hayden übermitteln musste, enthielten sehr wahrscheinlich entscheidende Informationen, die das weitere Handeln des Admirals bestimmen würden.
    Dann gab es natürlich nach wie vor die Gerüchte rund um eine Invasionsstreitmacht, die über den Ärmelkanal kommen sollte – eine große Unbekannte, denn » Monsieur Benoît« hatte nicht sagen können, wann diese Invasion stattfinden sollte. Was, wenn die Flotte aus Brest einfach in den Kanal gesegelt war und dort alles unter Kontrolle brachte, während Howe irgendwo auf offener See nach den Franzosen Ausschau hielt? Allerdings hätte Hayden eine Flotte dieser Größenordnung bestimmt gesichtet, als er den Ärmelkanal verließ. Aber es war nicht ausgeschlossen, dass die Franzosen sich im Schutz der Nacht an der Raisonnable vorbeigestohlen hatten.
    Griffiths blickte hinaus aufs Meer und die Wellen, hinter denen die Küste der Bretagne nur noch eine dunkle, abfallende Linie zu sein schien.
    Hayden musste plötzlich an die eigenartige Unterredung mit Archer in der Nacht denken. »Wie geht es Ihnen, Doktor? Wir hatten kaum Gelegenheit, seit der Urteilsverkündung des Kriegsgerichts ein paar Worte zu wechseln.«
    »Nun, ich denke, nach dieser kleinen Maskerade waren wir alle noch ein wenig mit unseren eigenen Sorgen beschäftigt. Ich muss gestehen, ganz egal, wie oft man vor das Kriegsgericht zitiert wird, man findet nie Gefallen an der ganzen Veranstaltung.«
    Hayden lachte. »Doktor, da haben Sie gewiss recht. Doch diesmal hat es mir nicht so stark zugesetzt wie beim letzten Mal.« Er wusste nicht recht, in welche Richtung er das Gespräch lenken sollte, da Archer sich so vage ausgedrückt hatte. »Wie geht es Ihrem Patienten, Doktor?«
    »Schlecht. Ich habe schon in Erwägung gezogen, den Arzt der Flotte zu konsultieren, Dr. Trotter, aber dafür müssen wir erst Lord Howe finden. Es könnte sein, dass wir Crowley an Bord des Lazarettschiffs bringen müssen. Denken Sie, das wäre machbar?«
    »Ich wüsste nicht, was dagegen spräche. Wozu gibt es sonst ein solches Schiff?«
    »Hm.«
    Einen Moment lang blickten sie beide auf die See und hörten die Möwen, die an der Leeseite der Segel schwebten und auf Bissen spekulierten.
    »Ich hätte da noch eine Neuigkeit«, brach Griffiths das Schweigen, senkte aber die Stimme. »Wie es aussieht, werde

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