Zu feindlichen Ufern - [3]
Kreuzer sind – zwei Fregatten – obwohl die eine viel größer aussieht als die andere – vielleicht ist es ein Razee.« Er richtete nochmals das Fernrohr auf die Schiffe. »Es heißt oft, die Schiffe, die zurückgebaut werden, ließen sich schlecht segeln. Doch andere gelten oftmals als schnell und wendig.« Er reichte Hayden das Glas.
Hayden schaute eine Weile hindurch, weil er Zeit zum Überlegen brauchte. Als Offizier hatte er den Eid abgelegt, dem Feind nicht zu helfen. Doch dieser Mann war im Besitz der Briefe von Haydens Mutter, die noch nicht vernichtet worden waren, soweit Hayden das beurteilen konnte. Hayden glaubte indes nicht, dass ein Mann wie Lacrosse sein Versprechen, sie zu vernichten, rückgängig machen würde. Die Frage war nun: Konnte er Lacrosse irgendwelche Informationen geben, ohne die Sicherheit der britischen Kreuzer zu gefährden?
Er ließ das Fernrohr sinken und gab es dem Kommandanten zurück. »Ich bedaure, aber diese Schiffe sind mir nicht bekannt, aber sie scheinen recht schnell zu sein, Capitaine , würden Sie mir da zustimmen?«
Lacrosse nickte und war von dieser Beobachtung alles andere als angetan. »Vielleicht sollten Sie sich jetzt wieder unter Deck begeben, Capitaine Hayden – es wäre besser für Ihre eigene Sicherheit.«
Hayden deutete eine Verbeugung an, warf noch einmal einen Blick auf die Verfolger und versuchte, deren Geschwindigkeit und die Geschwindigkeit der Droits de l’Homme einzuschätzen. Dann brachte man ihn unter Deck, wo die beiden Wachen vor dem Verschlag ihn zu den Kameraden führten.
»Sind wir über Stag gegangen, Kapitän?«, erkundigte sich Wickham sogleich. »Die Bewegungen des Rumpfs haben sich verändert.«
»Wir fliegen förmlich«, teilte Hayden den anderen mit, »nicht nur vor dem Wind, sondern wir fliegen auch vor den britischen Kreuzern davon! Vor einer Fregatte und einem Razee, weniger als anderthalb Seemeilen in unserem Kielwasser.«
Die Männer sprangen allesamt auf und jubelten fast. Die Niedergeschlagenheit und Schwermut, die eben noch ihre Mienen beherrscht hatten, waren Erleichterung gewichen. Die Offiziere grinsten, die Midshipmen hatten vor Aufregung ganz rote Wangen.
»Was sind das für Schiffe, Sir, können Sie uns das sagen?«, fragte Wickham weiter.
»Ich glaube, bei einem der beiden dürfte es sich um die Indefatigable handeln.«
»Nun, mit diesem Namen dürfte sie nicht müde werden, uns zu jagen«, scherzte Hawthorne.
»Ihnen ist aber schon bewusst, Mr Hawthorne«, fragte Barthe sehr ernst nach, da ihn die Heiterkeit des Leutnants der Seesoldaten zu missfallen schien, »dass wir auf dem Weg zu einem französischen Gefängnis sind, oder nicht?«
»Ich glaube, dass wir in Kürze befreit werden, sobald nämlich dieses verfluchte Schiff geentert wird, Mr Barthe.« Er deutete auf die Decksbalken. »Das ist das erste und einzige französische Gefängnis, das wir zu Gesicht bekommen.«
Der Master rutschte auf seiner Bank vor. »Dann will ich hoffen, dass sich Ihre Vorausschau als richtig erweist, Sir, aber zählen Sie Ihre Küken erst dann, wenn der Hahn die verdammte Henne bestiegen hat!«
Die Abwandlung der Redewendung mit den ungelegten Eiern rief noch mehr Lachen hervor als Hawthornes Bemerkung, und selbst der Leutnant der Seesoldaten musste lachen.
»Das habe ich mir schon ein paarmal im Leben zuschulden kommen lassen«, gestand er ein, als er wieder Luft zum Sprechen hatte.
»Dass Sie die verfluchte Henne bestiegen haben?«, forschte Wickham ausgelassen nach.
»Gentlemen!«, gemahnte Hayden zur Ruhe. »Wir sind immer noch Gefangene der Franzosen, und ich glaube nicht, dass wir uns mit diesem Gelächter an Bord beliebt machen. Wir haben noch Zeit genug für heitere Späße, sobald dieses Schiff von unseren Kreuzern als Prise genommen wird. Doch bis dahin leben und sterben wir nach Gutdünken unserer Gefängniswärter. Bringen wir sie nicht unnötig gegen uns auf.«
Die Männer gaben sich einsichtig und besannen sich auf ihren Anstand, doch manch einer musste immer noch sein Lächeln unterdrücken. Die Stimmung im Kreise der Offiziere hatte sich wahrlich aufgehellt – die Männer waren viel lebhafter als zuvor. Sie lächelten einander zu, und ihr Blick glich nicht mehr länger einem leblosen Starren in eine unbestimmte Ferne. Es war so, als hätten sie vom Tod eines geliebten Menschen erfahren und dann gehört, es sei ein Irrtum gewesen und der- oder diejenige wäre unversehrt.
Hayden winkte Ransome zu sich, und
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