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Zu Grabe

Zu Grabe

Titel: Zu Grabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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sich vorsichtig auf dem wackeligen Packen nieder.
    »Was gibt es denn?« Payer drückte dem jungen Mann ein randvolles Schnapsglas in die Hand. »Selbstgebrannter Quittentraum«, fügte er verschwörerisch hinzu. »Nur was für ganze Kerle.«
    Langthaler schaute angewidert auf das Glas – wie es schien, war Payers Schnaps am ganzen Institut in Verruf. »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Sie auf mich zählen können, wenn Sie Hilfe brauchen. Ich möchte wirklich alles dafür tun, um Dr. Lorentz zu entlasten. Ich habe von Anbeginn an seine Unschuld geglaubt.«
    Morell nickte dankbar.
    »Anna Wondraschek hat bald die versprochene Liste zusammengestellt«, fuhr Langthaler fort. »Wir können sie dann spätestens morgen mit den Fotos abgleichen.«
    »Sehr gut.« Morell nickte. Bis dahin sollte auch die Versiegelung von Novaks Büro wieder aufgehoben sein, so dass sie ohne Umstände ein und aus gehen konnten.
    »Na, dann ist ja alles wunderbar.« Payer lächelte und zeigte auf das Schnapsglas, das Langthaler noch immer in der Hand hielt. »Darauf trinken wir! Also, runter mit dem Zeug!«
    Morell beobachtete nicht ohne Schadenfreude, wie Langthaler das Gebräu hinunterkippte und angewidert das Gesicht verzog. »Ich muss dann mal wieder los«, sagte er und stand auf. »Rufen Sie mich bitte an, sobald die Liste fertig ist.«
    »Das werde ich tun«, sagte der Dozent, nachdem er die Kontrolle über seinen Körper wieder zurückerlangt hatte.
    »Und was ist mit den Würsteln und dem Schnaps?«, wollte Payer wissen. »Wir hatten doch ausgemacht …«
    Kein Gejammer, keine Schwäche. »Heute nicht. Ein anderes Mal.« Morell schloss die Tür hinter sich und ging mit einem Lächeln im Gesicht den Flur entlang. Er hatte ganz vergessen gehabt, wie wunderbar es sich anfühlte, die Dinge unter Kontrolle zu haben. »Geht doch«, murmelte er leise.
     
    Das nächste Erfolgserlebnis bescherte sich der Chefinspektor im nahe gelegenen Supermarkt. Tapfer ignorierte er die lauten Iss-mich-Rufe von Nussecken, Punschkrapfen und Käsesemmeln und kaufte sich stattdessen ein Vollkornbrot und etwas Obst. Er biss gerade in einen Apfel, als sein Handy läutete.
    »Servus, Nina. Alles gut bei dir?«
    »Nein, nicht wirklich. Ich bin auf hundertachtzig und kann gar nicht mehr aufhören, mich aufzuregen.« Sie erzählte Morell von ihrer Begegnung mit Weber.
    »Bitte sag mir, dass das nur ein dummer Scherz ist und du dich nicht wirklich mit Weber getroffen hast! Wenn der draufkommt, was wir hier treiben, kommen wir in Teufels Küche.« Der Chefinspektor unterdrückte die aufkeimende Panik, indem er innerlich sein neues Mantra wiederholte. Verzagtheit und Kleinbeigeben waren etwas für den alten Morell. Der neue war souverän und würde sich nicht von dem Gedanken an seinen Exkollegen einschüchtern lassen. »Hat dein Gespräch wenigstens irgendwas Interessantes ergeben?«, fragte er also.
    »Ich habe tatsächlich was Spannendes erfahren: Es war Novaks Nachbar, der der Polizei erzählt hat, dass Leander zur Tatzeit im Institut war. Ich frage mich schon die ganze Zeit, was dieser Typ mitten in der Nacht dort wollte. Weber will darüber natürlich nicht nachdenken – er ist so sehr von Leanders Schuld überzeugt, dass er anderen Möglichkeiten gegenüber völlig blind und taub ist.«
    »Hmmm.« Morell überlegte. »Das ist tatsächlich sehr interessant. Am besten, wir statten diesem ominösen Nachbarn mal einen kleinen Besuch ab.«
    »Echt?« Capelli, die genau das geplant hatte, war sicher gewesen, dass es einiges an Zeit und Überredungskunst kosten würde, Morell für diese Aktion zu erwärmen. »Wo bist du? Ich hole dich ab.« Sie musste handeln, bevor Otto Morell es sich anders überlegte.
     
    Capellis kleiner grüner Ford legte exakt acht Minuten später eine Vollbremsung neben Morell hin, der gerade seinen dritten Apfel aß und zu der Erkenntnis gelangt war, dass Obst zwar gut schmeckte, aber nicht wirklich satt machte.
    »Spring rein«, rief die Gerichtsmedizinerin und brauste los, noch bevor ihr Beifahrer Zeit hatte, sich anzuschnallen.
    »Wenn du unbedingt mit deinen Patienten den Platz tauschen willst, dann fahr nur weiter so.« Der Chefinspektor tätschelte seinen Magen, der lautstark seinen Unmut über die unzureichende Nahrung und die rasante Fahrt kundtat.
    Novaks Zuhause lag in einem ausgesprochen teuren Viertel. Döbling, der neunzehnte Bezirk, lag am nordwestlichen Rand Wiens und erstreckte sich über knapp 25 Quadratkilometer. Je

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