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Zu Grabe

Zu Grabe

Titel: Zu Grabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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seinen Schreibtisch und zog einen Stapel Zeitungen hervor. Was für ein Glück, dass er die komplette Berichterstattung über seinen Fall akribisch gesammelt hatte. Er suchte das besagte Skandalblatt heraus und griff wieder zum Hörer. »So, Frau Novak«, sagte er. »Ich habe die U-Bahn-Zeitung vor mir liegen, und weder in der Ausgabe von heute noch in der von gestern steht etwas von einer falschen Verhaftung. Wenn Sie es mir nicht glauben, dann kann ich Ihnen gerne eine Kopie davon schicken.«
    Webers nachdrückliche Worte zeigten Wirkung – Frau Novak war verunsichert. »Sie meinen wirklich, dass Herr Reiter mich angeschwindelt haben könnte?«
    »Genau das glaube ich.«
    »Aber er wirkte doch so vertrauenswürdig.«
    »Tja, so ist das eben mit den Menschen – sie sind häufig nicht das, was sie zu sein scheinen. Aber wie auch immer – ich kann Ihnen versichern, dass wir alles im Griff haben. Es gibt also keinen Grund zur Aufregung.«
    Frau Novak war peinlich berührt. Hatte sie Weber etwa zu Unrecht beschimpft? »Vielleicht hat dieser dicke, neugierige Kerl mir ja tatsächlich etwas Falsches erzählt«, sagte sie entschuldigend. »Tut mir leid, dass ich so aufbrausend war.«
    »Schon in Ordnung. Die letzten Tage waren sicherlich nicht leicht für Sie. Da können die Nerven schon mal blank liegen. Machen Sie sich nichts draus.« Weber wollte schon auflegen, als ein Gedanke sein Hirn durchfuhr. »Halt, Frau Novak!«, rief er. »Warten Sie!«
    »Ja?«
    »Sie sagten, dieser Herr Reiter sei dick und neugierig gewesen?«
    »Ja, er war groß, korpulent und hat viele Fragen gestellt.«
    »Hatte er vielleicht einen leichten Tiroler Akzent?« Weber glaubte zwar nicht wirklich daran, dass sein Exkollege die Unverfrorenheit besaß, heimlich in seinem Fall herumzuschnüffeln, aber man konnte ja nie wissen.
    »Hmmm …« Frau Novak überlegte. »Es wäre möglich, aber sicher bin ich mir nicht. Ich war so sehr damit beschäftigt, die Bestattung meines Mannes zu organisieren, dass ich nicht darauf geachtet habe. Ist es wichtig? Soll ich noch einmal hinfahren und mit Herrn Reiter sprechen?«
    »Nicht nötig. Kümmern Sie sich lieber in Ruhe um die Beerdigung. Ich werde mir diesen Herrn Reiter persönlich vornehmen.« Weber legte auf und suchte im Telefonbuch nach der Adresse der Pietät. Wahrscheinlich war es nur falscher Alarm. Morell würde nie so weit gehen, sich in seine Ermittlung einzumischen, dafür war er viel zu zimperlich – aber Vorsicht war nun einmal besser als Nachsicht, und darum würde er der Sache auf den Grund gehen. Sein neues Image als Held von Wien würde er sich von keinem kaputtmachen lassen – vor allem nicht von Morell.

»Und du liegst nicht tot in irgendeinem Graben oder einem Flusse?«
    Charlotte Brontë, Jane Eyre
    Morell überquerte den Gürtel auf Höhe der U-Bahn-Station Nussdorfer Straße und bog anschließend in die Schrottenbachgasse ein – wenn er sich nicht täuschte, war dieser schmale Weg eine Abkürzung und führte direkt durch den Währinger Park zum Archäologiezentrum. Er ging schnell, da der Himmel voller schwarzer Gewitterwolken hing, und als die ersten von ihnen begannen, ihre feuchte Last über der Stadt zu entladen, fing er an zu rennen.
    Obwohl er die kurze Strecke zum Institut im Rekordtempo zurücklegte, war er klatschnass, als er dort ankam. »Kruzifix«, fluchte er und schüttelte sich. Das war jetzt schon das zweite Mal innerhalb von drei Tagen, dass er von einem plötzlichen Regenguss überrascht worden war – Wien musste ihn wirklich hassen. Er nahm sich vor, noch mehr Energie in den Fall zu stecken, damit er so schnell wie möglich wieder von hier verschwinden konnte.
     
    Moritz Langthaler und Anna Wondraschek standen gerade auf dem Flur und unterhielten sich, als der durchweichte Morell um die Ecke bog.
    »O nein, Sie Ärmster«, rief Wondraschek. »Sie sind ja so nass wie eine gebadete Katze!«
    Morell dachte an Freds Wasserphobie, zog seine Jacke aus und strubbelte sich mehrmals durch die Haare. »So schlimm ist es nun auch wieder nicht.« Er war in den letzten Tagen schon mit ganz anderen Dingen fertig geworden. Da konnte ihn so ein bisschen Feuchtigkeit nicht mehr schrecken. »Also, was haben Sie für mich?«
    Wondraschek wedelte mit einem Stapel Papier herum. »Ich habe eine Liste mit allen Grabungen, Exkursionen und Forschungsreisen von Professor Novak zusammengestellt«, erzählte sie. »Diese Aufstellung habe ich mit den Fotos in Novaks Büro

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