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Zu Grabe

Zu Grabe

Titel: Zu Grabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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Betrüger aufgesessen ist, ist das übrigens ein starkes Motiv für einen Mord.«
    »Aber warum hat er dann Novak getötet und nicht Uhl? Außerdem ist er ein Priester und hat eine Katze.«
    Capelli verdrehte die Augen. »Manchmal frage ich mich wirklich, wie du es so weit hast bringen können. Eine Priesterweihe und eine Katze haben noch keinen davon abgehalten, einen Mord zu begehen.«
    »Das werden wir ja noch sehen.« Morell strich über seinen Bauch. »Heute ist Sonntag, der Tag des Herrn – ein guter Tag, um die Unschuld eines seiner Angestellten zu beweisen.«
    »Und wie willst du das machen? Willst du die Reliquien irgendeines Heiligen um Hilfe bitten?« Sie lachte.
    »Nein, das nicht. Aber ich werde Uhl auf den Zahn fühlen. Mal sehen, welche unheiligen Dinge er am heiligen Sonntag so treibt.«
     
    Nachdem er etwas Knäckebrot mit Margarine gefrühstückt hatte, machte sich Morell auf den Weg in Richtung Blutgasse. Während der Fahrt überlegte er, ob es nicht besser wäre, Weber einzuweihen, entschied sich dann aber dagegen. Es war noch zu früh – er hatte keine stichhaltigen Beweise für seine Behauptungen und würde in Erklärungsnotstand kommen, wenn es darum ging zu erläutern, woher die Box mit den Listen stammte.
    Als er erneut vor der kleinen düsteren Auslage stand, in der Kreuze und Rosenkränze vor sich hinstaubten, und bei Uhl läutete, war es vor allem eine Frage, die sein Denken dominierte: Hatten Crazy Willie und Crazy Ernstl tatsächlich etwas mit dem Mord an Novak zu tun?
    Morell griff an seine Hosentasche und befühlte den harten Stahl des Klappmessers, das Capelli ihm aufgedrängt hatte. »Sicher ist sicher«, hatte sie gesagt und ihm das Ding in die Tasche gesteckt. »Wenn dieser Uhl wirklich so durchgeknallt ist, wie ich ihn mir vorstelle, ist es besser, du hast etwas dabei, womit du dich zur Not verteidigen kannst.«
    Morell, der Waffen jeglicher Art nicht ausstehen konnte und daher auch seine Dienstwaffe in Landau gelassen hatte, wollte sich erst dagegen wehren, war dann aber zu der Einsicht gelangt, dass Capelli recht hatte. Uhl war auf jeden Fall nicht ganz dicht, und eventuell war er sogar ein Mörder – da konnte ein Messer nicht schaden.
    Er klingelte erneut, und als niemand öffnete, fing er an, gegen die Tür zu klopfen.
    »Jaaaaa!!!«, rief eine Stimme aus dem Inneren des Ladens. »Was ist denn?« Das Licht ging an, und ein hektischer Uhl kam aus dem Hinterzimmer gelaufen. Als er Morell sah, hielt er kurz inne und zögerte, schloss dann aber die Tür auf. »Herr Morell, was tun Sie denn hier? Es ist Sonntag – mein Laden ist heute geschlossen.«
    Morell sagte nichts, sondern zog einfach nur eine der Listen aus der Innenseite seiner Jacke und hielt sie Uhl vor die Nase.
    Uhl schnappte nach Luft, erlangte seine Fassung aber schnell wieder. »Was soll denn das sein?«, fragte er, setzte seine Brille auf und tat so, als würde er die Liste studieren.
    »Das wissen Sie doch ganz genau. Diese Aufzählung steht immerhin auf Ihrem Briefpapier.«
    »Das hat vielleicht mal irgendein Lehrling oder Kunde mitgehen lassen und dann dieses komische Zeug draufgeschrieben.« Er setzte die Brille wieder ab und zuckte mit den Schultern. »Sorry, aber da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen. Ich habe keinen blassen Schimmer, was das sein soll.«
    »Da bin ich aber ganz anderer Meinung. Bei den Punkten hier auf der Liste handelt es sich um Reliquien, die Sie mit Hilfe Ihrer Archäologenfreunde fälschen und dann teuer verkaufen.«
    Uhl schnappte wieder nach Luft. »Nein«, stammelte er und deutete auf das Ladenschild. »Mit Reliquien wird doch schon seit dem Mittelalter nicht mehr gehandelt. Ich verkaufe Devotionalien und sakrale Artikel. Alles ganz legal.«
    »Diese Listen sagen aber etwas anderes aus«, beharrte Morell auf seinem Standpunkt. »Sie und Novak haben zum Beispiel die Gebeine der heiligen Margareta gefälscht und dann teuer an Pfarrer Stimpfl verkauft. Außerdem weiß ich, dass Ihr Freund Ernst Payer gestern Abend in den Katakomben des Stephansdoms unterwegs war, um dort neues Knochenmaterial für diverse Reliquien aus dem 18. Jahrhundert zu besorgen.«
    Uhl überlegte kurz und entschloss sich dann anscheinend dazu, seine Taktik zu ändern. »Na gut, ich gebe es zu. Ich handle auch mit Reliquien«, sagte er trotzig. »Da ist aber nichts Verwerfliches dran. Laut Gesetz ist der Handel mit den Gebeinen von Heiligen nämlich absolut legal, und ich widerspreche dabei nicht

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