Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
dass er dachte, es wäre nur ein Junge, ein dummer Junge, und dann an die Detonation der Waffe nahe an seinem Ohr und den brennenden Schmerz, als die Kugel durch seinen Stiefel drang.
Er war von einem Jugendlichen in den Fuß geschossen worden, verdammt noch mal.
Mein lieber Mann, er wurde langsam alt, wenn er so etwas zuließ, und auch das nervte ihn. Er hob den Kopf und blickte auf seinen Fuß, der dick bandagiert war. »Ist noch da«, sagte er einigermaßen erleichtert und legte sich wieder zurück.
»Ganz recht«, sagte die Krankenschwester. »Sie haben allerdings ein hübsches Loch darin, und in der nächsten Zeit werden sie ihn nicht benutzen können, aber er ist noch da. Ihre Frau läuft auf den Gängen auf und ab und wartet darauf, dass Sie aufwachen. Soll ich sie reinschicken?«
»Meine Frau?« Er hob eine Hand an den Kopf. Keine Bandagen.
»Was ist denn?«, fragte die Schwester.
»Habe ich mir den Kopf gestoßen?«
»Nein.« Sie krauste die Stirn. »Tut er weh?«
Jetzt wirkten die Medikamente, alles war schön und verschwommen. »Ich bin mir nicht sicher.« In der offenen Tür sah er ein Paar jadegrüner Augen, rot gerändert mit einem Fleck Mascara unter beiden. Sie gehörten zu dem einzigen Gesicht, das seinen Herzschlag mit einem einzigen Blick anhalten und wieder starten konnte.
Summer schenkte ihm ihr fantastisches Lächeln. »Hallo, Schatz, ich bin da.«
»Ich hab ihn gerade mit Morphium vollgepumpt«, warnte die Schwester sie und tätschelte Joe den Arm. »Er wird gleich ziemlich groggy sein, und es ist möglich, dass er sich an das hier überhaupt nicht erinnert.«
»Verflucht, ich hoffe doch«, murmelte er. »Es geschieht nicht jeden Tag, dass ich meine Frau zu Gesicht bekomme.«
Summer trat mit hochroten Wangen an sein Bett. »Geht’s dir gut?«
»Ich erinnere mich an unsere Flitterwochen. Hast du da nicht einen hübschen Seiden-Teddy getragen?« Er schloss die Augen, weil sich seine Lider zu schwer anfühlten. Und ein wohlige Energie ihn durchströmte »Ganz nackt ist nämlich auch schön.«
»Joe.«
»Summer«, antwortete er gehorsam. »Ich fühle überhaupt nichts. Das ist mal etwas anderes. Sogar das Herz tut nicht mehr weh.«
Weil sie so traurig schien, versuchte er, sich zu konzentrieren, was ihm aber nicht so leichtfiel. »Mein Fuß hat ein Loch.«
»Ich weiß.« Sie blickte auf die Infusionsflasche und streichelte sanft seinen Arm. »Ich hatte so große Angst.«
Sie war so hübsch mit ihrer sorgenvollen Miene, ihren feuerroten Haaren, die ihre braun gebrannten Schultern streiften. Sie trug zwei Tank Tops übereinander, eines weiß, eines himmelblau, und einen Jeansrock, der ihre herrlich langen Beine zur Geltung brachte. Er merkte selbst, wie er lächelte. »Du hast mich geheiratet. Du musst mich wirklich liiieben.«
Sie zog ein mürrisches Gesicht. »So betäubt bist du doch nicht, oder? Du weißt, dass wir nicht wirklich verheiratet sind.
»Ich habe ja keine Kugel in den Kopf bekommen.« Seufzend legte er sich zurück und schloss die Augen. »Ich weiß, wo wir stehen. Du willst mit mir befreundet sein und mich hin und wieder vögeln.« Plötzlich reichte das Morphium nicht mehr. Er merkte, dass seine Brust doch schmerzte. Auch der Kopf tat ihm weh. Der Fuß brannte wie Feuer. Außerdem fuhr er rasend schnell erneut in diese schwarze Grube hinab, in der er den Faustschlägen seines Vater begegnen würde. »Red?«
Er spürte ihre Hand an seinem Kinn, und da seufzte er und drehte das Gesicht so, dass sie es berühren konnte. »Geh nicht.«
Aber er stürzte in die Grube, noch ehe er hören konnte, was Summers ihm antwortete.
Drei Tage lang verdrängte seine Schussverletzung alle Gedanken an die Brände in den »Creative Interiors«-Ge schäften. Als Joe aus dem Krankenhaus entlassen worden war, fuhr Summer ihn nach Hause und brachte ihn zu Bett, das von den Blumen und Geschenken umrahmt war, die die Leute geschickt hatten; aber er machte nur eine ärgerliche Miene.
»Wo ist Ashes?«, fragte er.
»Bei Kenny.«
Er runzelte die Stirn. »Du hättest mich ins Büro fahren sollen.«
»Der Arzt hat es verboten.«
Er blickte sie verdrossen an.
»Davon geht die Welt nicht unter«, sagte sie und legte seinen Fuß behutsam auf ein Kissen. »Wenn man sich mal ein bisschen freinimmt.«
»Bist du sicher?«
Während sie die Bettdecke glattstrich, blickte sie zu ihm hin und sah den Spott in seinem Gesicht. »Okay, aber ich habe mich daran gewöhnt. Und bestimmt habe ich
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