Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
kommst.« Er blickte auf das Haus, das hinter ihnen lag. »Ich möchte nicht, dass du allein bist.«
Sie betrachtete das kleine, hell erleuchtete Häuschen, wie es da in der Dunkelheit stand. Die anderen Häuser waren momentan entweder nicht bewohnt, oder die Bewohner schliefen längst.
»Ich fahre gleich ins Büro, nachdem ich dich abgesetzt habe«, sagte er. »Aber ich würde es gern sehen, wenn du bis Tagesanbruch auf dem Boot bleibst und mich dann auf dem Laufenden hältst, was am Tag passiert.«
»Ich bin sicher, dass ich nicht wirklich in Gefahr bin …« Ein Blick in seine entschlossene Miene ließ sie verstummen. Er würde ihr in dieser Sache keinesfalls nachgeben. »Okay. Ich hab dich verstanden. Es gefällt mir zwar nicht, aber ich hab’s kapiert.«
Er stieß einen langen Seufzer aus. »Nichts von alldem ist fair, ich weiß.«
Sie schloss die Augen und nickte, öffnete sie überrascht wieder, als er ihr Kinn anfasste. Sie drehte ihre Wange in seine Handfläche und schloss die Augen, schon allein das Gefühl seiner schwieligen Finger beruhigte sie enorm.
»Ich habe mich da drin wie ein Esel benommen«, sagte er. »Es tut mir leid.«
»Du warst kein Esel.« Sie küsste seine Handfläche. »Ganz gewiss nicht. Ich war es. Ich bin der Esel.«
Ein tiefer, rauer Ton entrang sich seiner Kehle, einer, der Lust, Schmerz oder beides hätte bedeuten können. Seine Augen waren umschattet, als sie die ihren trafen, erhellt nur von einem Blitz, der in der Nähe aufzuckte. Dann löste Joe sich von ihr. »Lass uns fahren, du brauchst trockene Kleider.«
Hinterher fuhr er auf der Interstate 5 Richtung Süden nach Mission Bay. Wegen des Alkohols und der Energie, die sie auf ihrem Wohnzimmerboden verbraucht hatten, war sie müde. Und auch psychisch erschöpft. »Wir haben gar nichts gelöst«, sagte sie leise, während er fuhr. »Und trotzdem kommst du irgendwie nicht von mir los.«
»Oder du nicht von mir. Das hängt doch wohl davon ab, wie man es betrachtet.«
»Vielleicht sollten wir ganz von vorne anfangen«, sagte sie. »Wir könnten so tun, als ob wir uns nicht kennen würden.«
»Wozu, damit du Zeit gewinnst, um dir deiner Gefühle klarzuwerden?«, fragte er trocken.
Verdammt noch mal, vielleicht. »Gar keine schlechte Idee.«
Er warf ihr erneut einen Blick von der Seite her zu.
»Es hat nichts mit dir zu tun, versteh mich doch. Ich bin eben kein erfolgreicher Dater. Ehrlich gesagt, normalerweise, wenn ich mit jemandem …« Sie brach ab, als sie seinen Gesichtsausdruck sah, und dachte, dass sie jetzt wohl besser ihren Mund hielt.
»Sobald du mit ihm schläfst, ist er auch schon vergessen, ist es das?«, fragte er.
»Vielleicht sollten wir nicht reden.«
»Nein, vielleicht sollten wir. Ich habe keine Lust, dein Trottel zu sein, dein ›Schwanz der Woche‹, Summer.«
Daraufhin brach sie in helles Gelächter aus. »Also gut. Wie wär’s, wenn wir das einmal die Woche täten?«
»So, wie du drauf bist, wohl eher öfter. Und jetzt, wo du mir so den Kopf verdreht hast und ich gar nicht weiß, ob ich komme oder gehe, willst du mir da nicht das andere verraten, was du mir sagen wolltest?«
»Oh, das hätte ich fast vergessen.«
»Worum geht’s?«
»Wusstest du, dass Braden fortgeht?«
»Was meinst du damit – fortgeht?«
»Er ist heute Abend mit Chloe zusammen. Sie feiern seinen Abschied. Er hat gesagt, er sei nicht der Typ, den es lange an einem Ort halte.« Sie verspürte Gewissensbisse, weil es sie selbst ebenfalls nie lange an einem Ort hielt. »Ich dachte mir, dass du das gern wüsstest.«
»Damit liegst du ganz richtig.«
Er sagte es so entschlossen, dass sie die Stirn runzelte. »Was verschweigst du mir?«
»Nichts, was ich dir erzählen müsste.«
Ihr Herz schlug schneller, sie bekam ein wenig Angst. »Braden ist ein ruhiger, irgendwie geheimnisvoller Typ, aber er würde niemandem wehtun. Wenn du gesehen hättest, wie er Chloe heute Abend angeschaut hat …«
Er fluchte leise und blickte sie erneut an. »Er ist vorbestraft.«
»Er war schon mal im Gefängnis?«
»Ja. Und er heißt nicht Braden Cahill. Sondern Brian Coldwell. Hast du das gewusst?«
»Nein.« Ihre Gedanken rasten. »Du warst fleißig«, sagte sie langsam.
»Das ist mein Job.«
»Du bist gut darin.«
»Nicht gut genug.« Frustriert schlug er mit der offenen Hand aufs Lenkrad, schüttelte den Kopf und gab Gas.
19
Es war etwa ein Uhr morgens, als Joe schließlich ging. Er hatte sie im Camaro zu seinem Boot
Weitere Kostenlose Bücher