Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
gefahren und gewartet, bis Summer in sein Bett gestiegen war und die Augen geschlossen hatte, erst dann war er gegangen. Er hatte ihr gesagt, er müsse arbeiten, aber sie hatte das Gefühl, ihn aus seinem Zuhause verdrängt zu haben.
Seine Schlafkoje war klein und wie der Kopf eines Torpedos geformt, wobei das Bett an einer gerundeten Wand mit hohen, schmalen Fenstern stand. Es war mit einer blauen Decke und einem farblich passenden Laken bezogen, die nach ihm, also unglaublich gut rochen.
Was für erbärmliche Gedanken.
Sie griff zum Telefon und rief Chloe an. Sicherlich würde der Anruf Chloe nicht passen, aber nachdem, was sie heute Abend über Braden erfahren hatte, musste sie einfach mit ihr sprechen.
Chloe meldete sich auf ihrem Handy mit einem sehr atemlosen, ärgerlichen »Jaa?«.
»Ich wollte nur mal hören, wie’s dir geht«, sagte Summer.
»Ich hatte drei Orgasmen und will noch einen, danke der Nachfrage. Und jetzt leg auf.«
»Chloe.«
Chloe seufzte. » Was ist ?«
»Ich muss mit dir sprechen – wegen Braden.«
»Nein.«
»Chloe …«
»Okay, hör auf. Hör sofort auf. Du bist immer deinem Willen gefolgt und hast erreicht, was du wolltest. Jetzt werde ich dasselbe tun, nur – meine Welt liegt hier direkt neben mir.«
»Er steht mit einem Fuß außerhalb dieser Welt, erinnerst du dich?«
»Warte.«
Summer hörte, wie Chloe die Hand aufs Handy legte, leise etwas sagte und Braden ebenso leise antwortete. Kurz darauf war sie wieder am Apparat. »Ich hab ihn in die Küche geschickt, um Sahne zu holen. Also, worum geht’s? Was willst du mir sagen?«
»Braden ist vorbestraft und benutzt einen anderen Namen als bei seinem letzten Job.«
Chloe schluckte. »Weißt du das genau?«
»Ja. Tut mir leid. Gott, es tut mir so leid. Soll ich zu dir rüberkommen?«
»Ich brauche keinen Babysitter. Schau, es geht bei dieser Sache auch darum, dass ich Braden vertraue. Er ist ein guter Junge, Summer.«
»Ich möchte das ja glauben. Wirklich. Nur … pass auf dich auf.«
»Ja. Mach ich.« Chloe legte auf. Ihre Stimme hatte plötzlich ganz bedrückt geklungen; Summer hasste es, dass sie die Ursache dafür war. Sie griff erneut zum Handy, weil sie ihrer Mutter mitteilen wollte, wo sie sich gerade befand. Sie wusste zwar nicht, ob Camille sich deswegen Sorgen machte, aber vielleicht suchte sie ja auch nur die Nähe ihrer Mutter.
Aber Camille ging nicht ans Telefon. Besorgt rief Summer bei Tina an.
»Ja, sie ist hier«, antwortete Bill. »Die beiden liegen in der heißen Badewanne, trinken Scotch aus der Flasche und singen Popsongs.«
Summer lachte vor Überraschung. »Die trinken doch keinen Scotch.«
»Normalerweise gehen sie auch nicht gemeinsam in die Wanne, aber deine Mutter hat irgendwelche alten Sachen in den Kartons gefunden, die aus dem Lagerhaus stammen.«
»Was für Sachen?«
»Sachen deines Vaters. Ein altes, unfertiges Manuskript und ein paar Notizen. Und die Flasche Scotch. Deine Mutter fand, dass er genügend gereift sei.«
»Vielleicht sollte ich vorbeikommen und versuchen, sie aufzuheitern.«
»Eigentlich ist sie gar nicht traurig«, sagte Bill. »Die beiden sind dahinten und reden und lachen. Und singen, vergessen wir nicht das Singen. Ich halte das für therapeutisch. Ich dagegen muss zu Therapiezwecken immer auf die Rennbahn.«
»Jammerschade, dass Del Mar nicht die ganze Nacht geöffnet hat, was?«
»Das kannst du laut sagen.« Er seufzte, doch sie ahnte, dass er dabei lächelte. »Soll ich den beiden etwas ausrichten?«
»Ich rufe meine Mutter morgen an. Pass nur auf die beiden auf, ja?«
»Mach ich doch immer.«
Im Licht des frühen Morgens lehnte Joe mit dem Rücken am Kofferraum des Camaro. Er observierte Chloes Wohnung und trank eine Dose Red Bull. Er hatte sich entscheiden müssen: entweder der Powerdrink oder ein Dutzend Donuts, aber er wollte nicht wieder mit dem Stressfressen beginnen, nur weil sein Leben auf den Kopf gestellt worden war.
Und es stand ganz mächtig auf dem Kopf. Was allerdings nicht an seiner Arbeit lag, wenngleich er inmitten mehrerer schwieriger Fälle steckte, wobei »Creative Interiors« ganz oben auf der Liste stand. Er hatte viele solcher Probleme in diesem Jahr gehabt. Er hatte gelernt, seine Gefühle von der praktischen Seite seines Berufs zu trennen.
Glaubte er zumindest.
Aber dann war eine gewisse Summer Abrams in sein Leben getreten. Besser gesagt: wieder in sein Leben getreten.
Hinter ihm ertönte ein Winseln. Er hatte Ashes auf
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