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Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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Berge. Was in der Hauptstadt geschah - und in den ändern Hauptstädten der Gläubigen: in Cordoba, in Kairo, in Kairawan ob der, den sie nun al-Manßur nannten, immer noch das Glück bei den Stirnhaaren gepackt hielt, ob Ibn Kennun vom Kalifen von Kairo Soldaten erhalten hatte, die ihm halfen, sein Land zurückzuerobern, und ob Ibn ar-Rakiza, der Emir der Wallfahrt, alle Mühsal des Weges überstanden, in Kairawan seinen Gastfreund aufgesucht und den Gedanken an Rache aufgegeben hatte, da er Welid dort nicht mehr antraf, oder ob er ihn in ohnmächtiger Wut weiter schürte - Allah wusste es.
    Hier gab es nur kleinen Hader. Einmal wurde einem Mann ein Esel gestohlen, ein andermal kam es zu einer Schlägerei zwischen zwei Schwägern wegen eines silbernen Bechers, von dem jeder behauptete, ihm hätte der Vater ihrer beiden Frauen ihn als Erbe versprochen. Es entzweiten sich wegen dieses Streites die dazugehörigen Familien, und selbst deren Kinder prügelten sich, wo sie sich sahen.
    Beide verfeindeten Parteien versuchten, den Lehrer auf ihre Seite zu ziehen. Man machte ihm Geschenke, lud ihn zu Tisch und hoffte, er werde die eigenen Kinder bevorzugen, die der ändern benachteiligen. Doch Welid ließ sich darauf nicht ein, wollte nicht in den Streit hineingezogen werden, sondern in Frieden leben.
    Das war aber leichter gesagt als getan. Als die Leute merkten, dass sie ihn nicht gewinnen konnten, bekam er von beiden Seiten Unannehmlichkeiten zu spüren: Die Grüße wurden frostiger, die Einladungen blieben aus, üble Nachrede setzte ein. Er tat, als scherte er sich nicht darum, es ging ihm aber dennoch nahe.
    Eines Nachts, als ihn der Schlaf floh - das geschah immer öfter in letzter Zeit -, spürte er ein sonderbares Zittern und wurde gleich darauf von einem Heulen erschreckt, das aus der Tiefe zu dringen schien. »Die Posaune!« durchfahr es ihn, er sprang vom Lager und stieß die Tür auf.
    Der Himmel war schwarz, kein Stern erhellte ihn. Nun würde er zusammengerollt werden wie eine Schriftrolle. Die Erde bebte unter seinen Füßen, dass er meinte, in einem Kahn zu stehen. Nun würden die Berge vergehen und die Erde würde eben werden wie eine Tischplatte - und dann würde sich der Schlund auftun! Ein Stoß traf ihn, dass er zu Boden fiel, und die Hütte, in der er geschlafen hatte, stürzte krachend in sich zusammen.
    Er war einer Ohnmacht nahe, wurde aber aus ihr gerissen durch einen grauenhaften Schrei. Es war die Stimme des Schusters, dem ein niederfallender Balken das Bein zerschmettert hatte. Seine Frau stürzte verstört aus dem Haus, stolperte, fiel, hielt aber im Fallen den Säugling so vor sich hin, dass er sich nicht verletzte.
    Nein, es war noch nicht die »Stunde«, noch nicht das Jüngste Gericht. Auch am Morgen nach dieser Nacht ging die Sonne auf, beschien die Trümmer und ließ die Menschen ihr Elend erkennen.
    War es ein Wunder, dass Allah der letzten Stunde solche Vorboten voranschickte, da die Gläubigen sich von ihm abkehrten und seinen Geboten zuwiderhandelten? Hatte er sie nicht beauftragt, sein Wort hinauszutragen in alle Länder der Erde? Aber wie viele Menschen lebten immer noch in der Finsternis der Unwissenheit des Heidentums, und selbst das Land, das den Schriftbesitzern gehörte, seufzte unter der Verfälschung, die die Lehren von Moses und Isa ben Marjam erlitten hatten. Wo waren die Streiter für Allahs Wort geblieben? Wer eiferte noch auf seinen Wegen, wer zog noch aus in den Heiligen Krieg, da sich die Gläubigen in Streitigkeiten gegeneinander verzehrten?
    Nicht lange nach dieser Heimsuchung, die zum Glück nur einen kleinen Landstrich der Insel betroffen hatte, hieß es, Abul Kasem sammle ein Heer, um auf das Festland überzusetzen und Italien dem Kaiser der Ungläubigen zu entreißen. Diesem Heer schloss Welid sich an.

    Abul Kasem stieß mit seinen Kriegern bis nach Kalabrien vor, und im ersten Scharmützel, das sich die beiden Heere lieferten, wurde Welid verwundet und geriet in Gefangenschaft.
    Dass er am Leben blieb, war Allahs Wille und nicht der seine, denn fast unerträglich erschien ihm das Leben unter den Verblendeten, die glaubten, Allah hätte einen Sohn gezeugt. Und wie sehr ist er darüber erhaben, dachte Welid, er, der nur zu sprechen braucht »Sei!« und es ist ins Leben gerufen, was immer er will: Adam aus einem Lehmkloß und Isa ben Marjam im Schoß seiner jungfräulichen Mutter. Wahrlich, ein großer Prophet war Isa, ein Knecht des Allmächtigen, der in den

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