Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
verdarb! Und mit ihr soll ich das gleiche Unrecht tragen, ich, deren Sohn geopfert wurde, mit ihr, die den ihren aufgeopfert hat?
So lange Subeiha auch Merwes Hand in der ihren hielt und so fest sie ihr in die Augen sah, verriet doch Merwe mit keiner Miene, was in ihrem Inneren vor sich ging. Längst hatte sie gelernt, alle ihre Regungen zu verbergen.
Die Mutter des Kalifen nahm ihr Schweigen als Bekräftigung der eigenen Wünsche. Und als sie Merwes Hand losließ, sagte sie: »Wer, meinst du, wäre imstande, al-Manßurs Stelle einzunehmen?«
›Keiner!‹ dachte Merwe. In diesem Labyrinth von gegeneinander Bänke schmiedenden Heuchlern, mit einem Kalifen, der von allen Regierungsgeschäften verschont sein wollte, aber eine Mutter hatte, die den Ehrgeiz besaß, überall die Hand im Spiel zu haben und ihren Einfluss geltend zu machen auf die Regierung eines Landes, das im Süden wie im Norden von Feinden bedroht war. Wer hatte die Riesenkraft, mit solchen Schwierigkeiten fertig zu werden, außer dem einen, dem einzigen? Und plötzlich wusste Merwe, dass sie nicht ihn hasste, wohl aber die Frau, die sich anmaßte, ihn verderben zu wollen, ohne doch wert zu sein, ihm auch nur die Riemen an den Schuhen zu lösen.
Laut aber sagte Merwe: »Du musst dich mit Ziri ibn Atia in Verbindung setzen, hohe Frau - er ist mächtig und ehrgeizig und für Gold zu haben.«
»Für Gold? Meinst du, dass mein Schmuck ...?«
»"Wer spricht vom Schmuck meiner Herrin? Der Staatsschatz befindet sich doch im Kalifenpalast! Und der Kalif wird seiner Mutter eine Anweisung auf die Summe, die sie benötigt, um eine Moschee zu erbauen, gewiss nicht verweigern.«
»Aber wie bringe ich das Gold aus dem Palast? Der Großwesir hat Wachen ans Tor gestellt, die alle Aus- und Eingehenden überprüfen.« »Auch die Diener und Dienerinnen, die Ölkrüge auf den Schultern tragen? Wird das Öl umgefüllt? Werden die Gefäße bis zum Grund untersucht?«
»Soviel ich weiß, ist das noch niemals geschehen. Doch wem kann ich eine so kostbare und gefährliche Last anvertrauen?«
»Mir.«
»Bei Allah!« rief Subeiha, »Marjam hat nicht zu viel versprochen, als sie sagte, du wissest aus jeder Notlage einen Ausweg I« Und sie sprang auf und schloss die Bettlerin in die Arme.
An einem der nächsten Tage ging eine unscheinbare ältliche Frau mit einem braunen Krug auf der Schulter dem Palasttor zu. Kräftig schien sie nicht zu sein, denn sie ging langsam, und man sah ihr an, dass ihr die Last schwer war.
»Heda, du!« rief ihr der Torwächter zu, »was schleppst du da mit dir herum?«
»Öl«, antwortete die Frau, setzte willig den Krug auf den Boden und ließ ihn hineinsehn.
Der Wächter war trotzdem misstrauisch, »Öl trägt man in den Palast hinein, nicht aus ihm hinaus«, sagte er.
»Gewiss. Ich habe es ja auch heute morgen hineingetragen. Aber es war ihnen zu schlecht. Der Oberkoch sagte, es rieche ranzig.«
Der Wärter steckte seine Nase in die Öffnung des Kruges. »Mag sein«, brummte er. »Ich rieche zwar nichts, aber ich habe Schnupfen.«
Gutwillig wollte er der Frau helfen, den Krug wieder auf die Achsel zu heben, aber sei es, dass er zu schnell losließ oder sie zu spät zufasste - genug, das Gefäß fiel zu Boden, zerbrach, das Öl bildete eine schmutzige Lache, in der Hunderte von Goldstücken vor den Augen des dumm glotzenden Mannes lagen.
Das gab einen Auflauf! Der Wärter rief um Beistand. Er hatte nicht Hände genug, alle Gierigen am Zugreifen zu hindern. Ein Offizier eilte herbei, rief nach einigen seiner Leute, die die Gaffer verjagten und das Gold aufhoben, während der Offizier sich mit der Frau beschäftigte, die wie betäubt vor ihm stand. »Was ist das für Gold?« fragte er. Sie gab keine Antwort.
Beim näheren Untersuchen des Kruges fand man auf seinem Boden den einen Brief - ganz von Öl durchtränkt, aber trotzdem lesbar. »Wer hat das geschrieben?« Die Frau schwieg. Da ließ der Offizier sie abführen und trug Gold und Brief zum Großwesir.
Der Brief war an Ziri ibn Atia gerichtet, trug aber keine Unterschrift. Doch al-Manßur erkannte die Handschrift sofort. »Ich danke dir«, sagte er zu dem Offizier, »du hast mir einen großen Dienst geleistet. Hier«, er warf ihm einen Beutel zu, »teil das mit deinen Leuten.« »Und was soll mit der Frau geschehen, die das Gold aus dem Palast schmuggeln wollte?«
»Hängt sie.«
Am Abend des Tages brachte man dem Großwesir einen Brief. Auch dessen Handschrift erkannte er, und
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