Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
gleichaltrig mit ihr war. So konnte sie viel Gift in Subeihas Ohren träufeln, indem sie der Mutter des Kalifen alles hinterbrachte, was ihr die Lieblingsfrau des Großwesirs ahnungslos anvertraute. Auch, dass al-Manßur auf eine Bemerkung Asmas, die sich auf Subeiha bezog, gelacht und gesagt hatte: »Auf die willst du eifersüchtig sein? Ihre Haare werden ja schon grau, und die Zähne fallen ihr aus.«
Diese lieblosen Worte versetzten Subeiha in maßlose Wut. Jede Kränkung, die al-Manßur ihr jemals bereitet, jede Bitterkeit, die er verschuldet hatte, stieg in ihrer Erinnerung auf und erstickte alle zärtlichen Regungen, die sie bis zu dieser Stunde immer noch für ihn empfunden hatte. So maßlos sie ihn geliebt hatte, so maßlos wurde nun ihr Hass.
Als Marjam den Umschwung bemerkte, der in Subeihas Seele vor sich gegangen war, begann sie abfällige Bemerkungen über den Großwesir zu machen.
»Du magst ihn nicht?« fragte Subeiha lauernd. »Ich dachte, du wärest ihm dankbar dafür, dass er dich zu so hohen Ehren gebracht hat?«
Wie wenig sie diese Ehren schätzte, konnte sie der Mutter ihres Gatten freilich nicht sagen, so antwortete sie: »Er hat meinen Bruder aus dem Lande getrieben, der wahrscheinlich in der Fremde zugrunde gegangen ist - das hat meine Dankbarkeit für den Großwesir im Keime erstickt. Und wenn du vorhast, dich an ihm zu rächen, Mutter meines Herrn, so will ich dir gerne behilflich sein.«
»Wie du das so hinsagst, Kind. Ich habe ihn zu hoch erhoben, ich habe ihn zu groß gemacht, als dass ich noch eine Möglichkeit sähe, mich an ihm zu rächen, und ein so unerfahrenes Wesen wie du wird mir schwerlich dazu verhelfen können.«
»Auch nicht, wenn ich dir jemanden nenne, der aus jeder noch so verzweifelten Lage einen Ausweg weiß?«
»Wer wäre das?«
»Merwe.«
Subeiha hatte den Namen noch nie gehört. Marjam musste alles erzählen, was sie von dieser unglücklichen Frau wusste. Als sie schwieg, fragte Subeiha sogleich: »Wo ist sie?«
»Seit sie aus al-Manßurs Haus ging, habe ich nie wieder etwas von ihr gehört. Aber wenn sie nicht gestorben ist, müsste es deinen Dienern möglich sein, sie ausfindig zu machen.«
Es verging indessen eine Woche um die andere, und Marjam hatte die Hoffnung, Merwe wiederzusehen, beinahe aufgegeben, als eines Abends ein Bettelweib vor ihr stand und sich ihr eine magere Hand aus zerfranstem Ärmel entgegenstreckte. Die junge Frau suchte in ihrem Beutel nach einem Geldstück, aber das Weib zog die Hand zurück und fragte: »Hast du mich deshalb rufen lassen, Marjam?«
Merwe? Das sollte Merwe sein? Diese hohlen Wangen, dieses wirr ins Gesicht fallende Haar, diese ausgemergelte, verwahrloste Gestalt?
Als Merwe merkte, dass Marjam sie nicht wieder erkannte, huschte ein schmerzliches Lächeln über ihren Mund. Ohne ein weiteres Wort neigte sie ein wenig den Kopf nach links und schob ihr Halstuch zur Seite, sodass die Narbe auf ihrer rechten Schulter sichtbar wurde. Da schrie Marjam auf, und im nächsten Augenblick lag sie in Merwes Armen.
Gleich darauf schickte sie alle ihre Dienerinnen hinaus, um mit ihrer mütterlichen Freundin allein zu sein. Brannte sie doch darauf, Merwe in ihre Pläne einzuweihen, da sie Subeiha damit zuvorkommen wollte. Gespannt hörte Merwe zu. So also stand es? Ihr Fluch hatte sich schon Schritt um Schritt erfüllt: Al-Manßur hatte den Milchbruder verstoßen, seinen Wohltäter und Förderer Moßchafi gestürzt und verkommen lassen, den Schwiegervater ums Leben gebracht, den Sohn, der sich empört hatte, vertrieben. War nun auch die Stunde gekommen, die Merwe vorausgesehen hatte, war ihm die Gönnerin lästig geworden, hatte Subeiha sich in ihrer Verblendung so verausgabt mit ihren Gunstbezeugungen, dass sie ihm nun nichts mehr zu bieten hatte?
Welch ein Triumph, ihr die Hand zu reichen, um den Verderber des geliebten Sohnes zu Fall zu bringen! Alles, was Merwe durch al-Manßur gelitten hatte und wodurch jedes andere Leid ihres Lebens in den Schatten gestellt worden war, stand mit furchtbarer Gewalt in ihr auf.
»Es bedarf gar nicht so großer Anstrengung«, sagte sie, »wie Subeiha denkt, um den Großwesir zu stürzen. Das Volk liebt ihn nicht. Es gibt viele, die empört sind, dass er den jungen Kalifen, den Sohn des guten, tugendhaften Hakam, den Enkel des glorreichen Abderrachman, wie in einem vergoldeten Gefängnis hält. Hischam ist jetzt über zwanzig Jahre alt. Seine Mutter braucht ihn bloß zu veranlassen, den
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