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Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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Großwesir abzusetzen und die Herrschaft selbst in die Hand zu nehmen, und ganz Cordoba, ganz Andalus jubelt ihm zu.«
    In diesem Augenblick betrat Subeiha, der man gemeldet hatte, dass die Gesuchte gefunden sei, den Raum, in dem das ungleiche Paar beisammensaß: die Frau ihres Sohnes im Schmuck der goldenen Halsketten und der edelsteingeschmückten Ringe, gekleidet in Gewänder aus Seidendamast, beschuht mit Sandalen aus feinstem cordobanischem Leder, das mit Goldprägung verziert war - und neben ihr das barfüßige, zerlumpte Bettelweib.
    Mit einer solchen sollte sie sich einlassen? Hilfe von ihr erwarten? Unwillkürlich trat Subeiha einen Schritt zurück und wusste nicht recht ein Wort zu finden, als Merwe aufstand, sich tief verneigte und dann, die Augen hebend, mit einem Ruck erkannte, was in der Mutter des Kalifen vor sich ging.
    Subeiha hatte Merwes letzte Worte aufgefangen und wusste, dass es zu spät war, die Bettlerin erst zu prüfen und überwachen zu lassen. Marjams Voreiligkeit hatte das nun unmöglich gemacht. Es dauerte eine Weile, ehe Subeiha ihren Ärger hierüber, ihr Misstrauen und ihre Angst hinunter schluckte, aber ihre Lebenserfahrung sagte ihr, dass nun, da die Bettlerin ihr tödliches Geheimnis kannte, ihr keine andere Wahl blieb, als Merwe ganz und gar ins Vertrauen zu ziehen. Je mehr sie aber die unglückliche Gestalt, die vor ihr stand, betrachtete, um so mehr ließ sich ihr Herz beschwichtigen.
    Es ist nicht möglich, dachte sie, dass eine Frau den Mann, der sie in ein solches Elend gestoßen hat, nicht mit der ganzen Kraft ihrer Seele hasst. Hass aber bindet nicht weniger als Liebe. Er umschlingt uns beide. Und dieses Band wird sich erst lösen, wenn der Verhasste am Boden liegt.
    Sie setzte sich also auf ihren etwas erhöhten Sessel und gab Merwe und Marjam mit einem Wink zu verstehen, sich zu ihren Füßen niederzulassen.
    »Ich hörte, Merwe, was du mit Marjam sprachst. Aber das auszuführen, ist nicht möglich. Mein Sohn will mit Regierungsgeschäften nichts zu tun haben.«
    Merwe war erstaunt und erschüttert. Das konnte nicht wahr sein! Ein Omaijade, aufgewachsen in den Überlieferungen seines Hauses, jung, gesund, schön - sie hatte ihn zwar nur einmal gesehn, als er den Palast verlassen hatte, um sich in eines seiner Landhäuser zu begeben, was sehr selten vorkam, dennoch hatte sich ihr seine Erscheinung eingeprägt: die schlanke Gestalt im weißen Burnus, die blonden Locken, das bartlose, mädchenfeine Gesicht - und nicht bereit, die Macht auszuüben, die ihm in den Schoß gefallen war?
    Subeiha merkte, dass Merwe vor Staunen keine Antwort fand, und sie sagte schnell:
    »Auch daran ist er schuld, er, dieser Schändliche! Er hat den Lehrern meines Sohnes die Anweisung gegeben, ihn mit Koranversen zu überfüttern und ihn von allem für einen Herrscher notwendigen Wissen fernzuhalten. Er hat veranlasst, dass mein den Knaben ängstigte mit den Schrecken des Jenseits, sodass er darüber die Forderungen des Diesseits vergaß, veranlasst, dass man ihm Frauen zuführte - viel zu früh und viel zu viele —, damit alle Stunden, die Hischam nicht in Gebets- und Andachtsübungen zubrachte, von Genüssen ausgefüllt seien, die ihn abhielten, an etwas anderes zu denken. Und das, damit jener herrschen könne, jener, der alles, was er besitzt, alles, was er geworden ist, mir verdankt und mich jetzt, nachdem ich ihn so hoch erhoben habe, in den Staub tritt.
    Auch dich hat er in den Staub getreten, Merwe - das hat Marjam mir erzählt. So sind wir Schwestern. Es gibt eine Verwandtschaft, die stärker bindet als die des Blutes; die Verwandtschaft derer, die das gleiche Unrecht erleiden. Deshalb hilf mir, dass den Urheber unseres Unglücks das Schicksal ereilt, das er verdient.« Sie reichte ihr die Hand zur Besiegelung des Bundes.
    Merwe nahm sie und hielt sie fest. Es war eine starke, fleischige, von vielen Ringen geschmückte Hand, ihre langen, scharf zugespitzten Nägel berührten Merwes Haut.
    Doch während sie den Druck erwiderte, tobte es in ihrem Herzen.
    Sie hat gewusst, was mit ihrem Sohn geschah, und hat es nicht verhindert! Aufgeopfert hat sie ihr Kind, und wem? Dem Liebhaber, dem sie das höchste Staatsamt verschaffte, oder sich selber, weil sie herrschen wollte - herrschen mit ihrem Günstling und über ihn?
    Nein, Abu Amir Muhammad ben Abdallah - du warst nicht geboren, um dich nach der Schalmei dieser Frau im Tanze zu wiegen! Einer Frau, die dem Gatten die Treue brach und ihr Kind

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