Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
ja auch im persischen und indischen Meer die Schiffsplanken nicht mit Nägeln aneinander, sondern schnürt sie mit Seilen zusammen. Ich selbst wäre einmal beinahe ums Leben gekommen, denn leichtsinnigerweise ließ ich mich auf einem Schiff anheuern, das wie die unsern genagelt war und nach Sind fahren sollte. Wir wurden von einem Sturm in die Nähe jenes Berges verschlagen, und plötzlich lösten sich, von seiner magnetischen Gewalt angezogen, die Nägel unseres Fahrzeuges, sodass es auseinanderfiel.«
»Und es war nicht ein Riff, an das euch der Sturm geschleudert hatte? Es war wirklich eine unsichtbare Hand, die die Nägel aus dem Holze zog? Das hast du mit eigenen Augen gesehen?«
Der Schiffer antwortete mit einem Wortschwall wie einer, der vor dem Kadi steht. Und seine Gefährten setzten so drohende Mienen auf, als wollten sie dem Frechling, der es wagte, ihre Glaubwürdigkeit zu bezweifeln, einen Denkzettel geben. Da legte sich Welid ins Mittel. Ihm lag am Anhören wundersamer Begebenheiten mehr als am Streiten über Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit.
»Und wie bist du dem Tode entronnen, du Sohn des Meeres?« fragte er.
Der Alte lenkte ein. »Ich hielt mich ein einer Planke fest. Doch das hätte mir wenig geholfen, und sicherlich wäre ich in kurzer Zeit ertrunken wie meine Kameraden, von denen kein einziger mit dem Leben davongekommen ist, wenn nicht ein Rudel Delfine ...«
Natürlich, dachte Muhammad. Solche Geschichten von diesen Tieren, die Schiffbrüchige auf ihren Planken vor sich hertreiben, bis die Erschöpften das rettende Ufer erreichen, hatte Pedro ihnen schon oft erzählt.
Aber er wollte den Alten in der Erinnerung an seine wundersamen Erlebnisse nicht ein zweites Mal stören, um so weniger, als sich eine Menge andächtiger Zuhörer eingefunden hatte - er stand jedoch auf, trat von hinten an Welid heran und berührte ihn am Ärmel. »Komm«, sagte er leise, »wir müssen weiter.«
Nach einer Weile ziellosen Herumschlenderns drang den Burschen der Geruch gebratener Fische in die Nase und erinnerte sie daran, dass Besbasa um diese Zeit das Mittagessen aufzutragen pflegte. Im Schatten einer Platane hatte ein Graubart sein Kohlenbecken aufgestellt und wendete Makrelen auf dem Rost, deren Fett in die Glut tropfte und zischend verbrannte. Er legte die Fische, sobald sie gar waren, auf kleine Fladen, und die Leute, die ihn umstanden, griffen gierig danach. Es gab Lärm und Geschrei, weil einer den ändern zu verdrängen suchte, um zuerst an die leckeren Bissen heranzukommen, Muhammad war flink und wendig, sodass es ihm gelang, rasch eine Mahlzeit zu erstehen, die für sie beide reichte. Der Alte schob mit dem Ellbogen einen pockennarbigen zerlumpten Mann beiseite, der mit großer Geduld eine halb zerbrochene irdene Schale vor sich hinhielt. »Siehst du nicht, dass die beiden jungen Herren etwas zu essen wünschen? Wart, bis sie satt sind, vielleicht lassen sie dir etwas übrig!«
Von der unsanften Berührung taumelte der Bettler und es schien einen Augenblick, als verlöre er das Gleichgewicht. Aber am Stamm der Platane fand er Halt und lehnte sich daran. Welid ging zu ihm, um ihm einen der Fische auf seinen Tonscherben zu legen, und er fuhr zusammen, als er sein Gesicht aus der Nähe sah. Seltsam bekannt kam es ihm vor, und dennoch wusste er es in seinem Gedächtnis nicht unterzubringen. Auch Muhammad hatte den Bettler ins Auge gefasst, und plötzlich zuckte im Gesicht des Pockennarbigen ein jähes Erkennen auf. »Sohn meines Herrn!« rief er, fiel vor Muhammad auf die Erde, umklammerte seine Knie und fing laut an zu weinen.
Ein furchtbares Erschrecken durchfuhr den Jüngling. »Ibn Irsad, du? Wie siehst du denn aus?« Und, als jener nicht antwortete: »Wo hast du meinen Vater gelassen?«
Es dauerte lange, bis der Knecht imstande war zu sprechen.
»Ach wäre ich geblieben, wo er blieb, und er stünde hier vor dir!«
Das laute Weinen hatte die Menschen ringsum aufmerksam gemacht. Alles sah gespannt hinüber, und einer sagte laut: »Das ist doch der Knecht des Fakihs von Thorosch!« Und ein anderer: »Der arme Sohn, so erfährt er den Tod seines Vaters.«
Es war nicht viel herauszubekommen aus dem Bericht des Knechtes. So viel aber doch, dass Abu Hafs sein Ziel nicht erreicht hatte. Auf halbem Weg hatte ihn die Krankheit niedergeworfen.
Als ihn schon das Fieber schüttelte, hielt er sich noch einen ganzen Tag im Sattel, und als der Pilgerzug am Abend die Karawanserei erreichte,
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