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Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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- Glaubst du, dass wir ihn finden? Wir wissen ja nicht, wohin er sich gewandt hat.« Er ging aber, ohne die Antwort abzuwarten, um den Befehl auszuführen.
    In letzter Zeit waren Muhammad und Welid öfter miteinander über Land geritten. Ihre Pferde waren gewöhnt, sich Kopf an Kopf zu halten, denn Muhammad liebte es, Gespräche zu führen und dem Gefährten allerlei Bemerkungen zuzurufen. Heute aber war er schweigsam, und als er sein Tier zu einer etwas schnelleren Gangart antrieb, gab sich Welid keine Mühe, Schritt zu halten, sondern blieb eine Pferdelänge hinter ihm zurück.
    Sie kehrten unterwegs nirgendwo ein. Abu Hafs hatte in dieser Gegend viele Freunde, die seinen Sohn mit Freuden bei sich aufgenommen hätten. Doch Muhammad lenkte sein Pferd an allen Abzweigungen, die zu ihren Besitzungen führten, vorbei und die Uferstraße entlang.
    »Willst du nach Algeciras reiten?« fragte Welid. »Meinst du, dass Jachja sich einschiffen wird?« Aber er erhielt keine Antwort.
    Die Wolken hatten sich verzogen, der Frühnebel senkte sich, das Meer war von einem leichten Ostwind bewegt, die Farben des Himmels brachen sich im Auf und Ab der Wellen. Doch war es nicht dieses Farbenspiel, das Muhammads Blicke wie gebannt übers Meer schweifen ließ. Er hielt plötzlich sein Pferd an, wies mit der Hand in die Ferne und sagte: »Ein Schiff - dort - kannst du es erkennen?«
    Welid sah, dass am Horizont etwas Weißes sichtbar wurde, klein wie ein Möwenflügel. »Es ist nicht möglich, dass dein Vater mit diesem Schiff zurückkehrt«, erwiderte er und wusste, dass der Freund dasselbe dachte. »Selbst wenn er sich in Alexandria einschiffen konnte und die Winde günstig waren, dauert es mindestens noch einen Monat, sagt Pedro, bis er hier eintreffen kann.«
    »Ich weiß.«
    In Algeciras stellten die Burschen ihre Pferde in einem Gasthof ein, aßen und schlenderten dann, scheinbar ziellos, zum Hafen. Es gab hier ja immer viel zu sehen: Schiffe kamen an und andere fuhren ab, Waren wurden verladen, Menschen drängten sich an den Landungsstegen, sei es, um ein Bord oder um an Land zu kommen, es war ein reges Treiben.
    Einen besseren Hafen für den Osthandel als in dieser geschützten Bucht gab es in ganz Andalus nicht.
    Konnte man hoffen, hier Jachja zu finden?
    Die Straßen waren umsäumt mit Verkäufern, die ihre Waren mit großer Lautstärke anpriesen und von Kaufwilligen und Schaulustigen umringt wurden. Aber nicht nur sie hatten ihre Kundschaft. Fast an jeder Hausecke saß ein Rawi und erzählte seine Geschichten: von den Heldentaten, die Antar verrichtet hatte, der Sohn der Negerin, der an Tapferkeit und Hochherzigkeit hinter keinem Araber zurückstand, von Quais und Laila, die sich innig liebten, bis man sie auseinanderriss, sodass der Mann vor Sehnsucht und Liebesschmerz wahnsinnig wurde, in die Wüste ging und mit seinen Gesängen die Gazellen zum Weinen brachte - und was solch bemerkenswerter und aufregender Begebenheiten mehr sind.
    »Sieh!« rief Welid und zeigte auf einen Weißbart, um den sich eine Menge herumlungernden Volkes geschart hatte, »da sitzt der blinde Abul Mahasin, der seine Geschichten immer mit so schönen Liedern ausschmückt.« Und er eilte auf ihn zu und setzte sich unter die Zuhörer. Muhammad folgte ihm zögernd. Gerade sang Abul Mahasin:
    »Wolkenhände haben Schleier
    auf die Erde ausgebreitet,
    und die Sonne stickt darauf mit
    Rot und Gold und Grün und Blau.«
    »Das ist der Regenbogen«, flüsterte ein Junge, der neben Welid saß, diesem zu, »ich kenne die Geschichte. Das Mädchen tritt nach einem Gewitter in den Garten, der Liebhaber hat sich hinter einem Gebüsch versteckt, und ...«
    »Schweig, Grünschnabel!« zischte ihn ein Mann an, der eine Narbe über dem rechten Auge trug, die vor Ärger rot anlief. »Denkst du, Abul Mahasin braucht einen Erklärer? Hör lieber zu und lass uns zuhören!« Muhammad hatte sich nicht niedergelassen. Er trat von hinten an Welid heran und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Komm«, sagte er leise, »ich mag keine Geschichten hören von Männern, denen vor Sehnsucht die Gebeine vergehen und die sterben, wenn sie lieben.« Und Welid erhob sich und folgte ihm, wenn auch seufzend.
    Am Kai aber blieb Muhammad selber stehen, denn dort saßen Seeleute, denen der Wind vieler Fahrten die Haut gegerbt hatte. Und zu denen setzte er sich.
    »Ist es wahr, dass es einen Magnetberg gibt?« fragte er.
    »Freilich ist es wahr«, ereiferte sich ein Alter. »Darum heftet man

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