Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
eine Frau für dich«, sagte er leise. »Der Goldschmied, bei dem ich arbeiten lasse, hat eine Tochter, achtzehn Jahre alt, klug, sittsam, bescheiden ...«
»Aber ich will doch gar nicht heiraten.«
»Du wirst müssen. Du brauchst eine Frau, die für deine Schwester sorgt, sie anleitet, ihr ein Beispiel gibt. Siehst du nicht, wie gefährdet Marjam ist?«
»Gefährdet? Wodurch?«
»Durch die Art ihrer Schönheit.«
»Und in deinen Harem kannst du sie nicht aufnehmen? Deine Frauen können ihr nicht Anleitung und Beispiel geben?«
»Soll ich denn mein Haus meinem Bruder völlig verschließen?«
»Wieso?«
»Nun, wir müssen sie trennen, ehe es zu spät ist.«
Etwas in Welid empörte sich gegen Abu Amirs Bevormundung. Aber gleichzeitig regte sich eine Stimme in ihm, und es war ihm, als flüsterte Besbasa ihm zu: Tu, was er sagt. Er hat es wohl bedacht. Es ist zu euer aller Bestem.
Romeileh, die Tochter des Goldschmieds Hani ben Taifur, war nicht hässlich. Aber was will das besagen? Mit achtzehn Jahren ist auch der Teufel schön. Als Welid sie zum ersten Mal entschleierte, schmiegte sie sich an ihn mit der scheuen Zärtlichkeit, die unverdorbenen Frauen eigen ist. Ihre Wärme war ihm wohltuend, ihre Stimme schmeichelte seinen Ohren, nichts war an ihrem Gehaben, was ihn befremdet hätte. Er zog sie in seine Arme mit einer Geste, die sagen sollte: »Du wirst bei mir gut aufgehoben sein.« Doch als sie neben ihm eingeschlafen war, hielt ihn noch lange eine seltsame Unruhe wach, und gegen Morgen schlug er die Decke zurück und sah sie, die schutzlos seinen Blicken preisgegeben war, vor sich liegen: einen jungen, gesunden Körper, vollbusig und breithüftig, mit kräftigen Armen und Beinen und einem Brustkorb, der sich beim Atmen senkte und hob. Romeileh also, dachte er, und nicht Merwe. Und er war wütend darüber, dass er das dachte.
Die Frau wachte auf unter seinen Blicken und lachte ihn an. Ihre Oberlippe verschob sich dabei und ließ das Zahnfleisch sehen.
»Bereite das Frühstück«, sagte er. Da legte sich ein Schatten über ihr Gesicht, aber sie war klug genug, sich die Enttäuschung nicht weiter anmerken zu lassen.
Er konnte sich über nichts beklagen. Sie war weder dumm noch zänkisch. Es gehört schon Klugheit dazu, ein Hauswesen gut zu leiten. Knechte und Mägde regiert man nicht mit Schelten. Man muss verstehen, ihren Diensteifer herauszulocken. Romeileh verstand es. Ein halbwüchsiges Mädchen, dem die Hand der Mutter zu lange gefehlt hat, gewinnt man nicht durch Strenge. Man muss behutsam mit ihm umgehn. Warten können, Geduld haben, bis es den Widerstand von selbst aufgibt. Marjam gab ihn auf.
Sie stieg nicht mehr auf die höchsten Bäume des Gartens, um nach Mondhir Ausschau zu halten. Romeileh hatte nichts anderes gesagt, nachdem sie Marjam einen ganzen Nachmittag gesucht hatte und das Mädchen am Abend mit zerrissenen Kleidern vor ihr stand, als: »Gib deinen Rock her, dass ich ihn schleunigst flicke, ehe dein Bruder etwas merkt.« Und Marjam hatte sich geschämt.
Sie verwies dem Mädchen auch nicht, nach Mondhir zu fragen. »Er geht zur Schule, lernt lesen und schreiben. Andere Buben in seinem Alter können den Koran schon auswendig. Mädchen übrigens auch. Wenn du lernen willst, kannst du ihm einmal Briefe schreiben.«
Und ob Marjam wollte! Romeileh war ihre Lehrerin.
Nur einen einzigen Fehler hatte die junge Frau: Sie bekam keine Kinder.
Abu Amir überschüttete Subeiha mit Geschenken.
Als Welid wieder einmal ein selten schönes Geschmeide von Hani ben Taifur abgeholt hatte und Abu Amir die Kunstfertigkeit des Meisters pries, sagte Welid: »Mir ist davor bange, dass diese Geschenke dich ins Verderben stürzen!«
»Wie meinst du das?«
»Nun, Abu Amir, du hast dir zwar viele Freunde gemacht, aber gegen den Neid ist kein Kraut gewachsen. Genug und gut, ich fing heute im Palasthof einen Gesprächsfetzen auf. Man will dich beim Kalifen verdächtigen.«
»Wessen?« Abu Amir reckte sich unwillkürlich und überragte so den etwas untersetzten Welid fast um Haupteslänge.
»Ich weiß es nicht genau. Das Gespräch brach ab, als ich näherkam.«
Über Abu Amirs Gesicht legte sich ein Schatten.
»Welid«, sagte er, »geh zu Achmed ben Sukkarah und borge für mich bei ihm hunderttausend Denare. Sage ihm, in vierundzwanzig Stunden bekommt er sein Geld wieder, und tausend Denare dazu.«
Erschrocken stotterte Welid: »Ich hab es gewusst, dass ...«
»Was hast du gewusst? Dass ich ein
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