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Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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Holzspäne lagen am Boden, Hühner flogen drüber hin, unabgewaschenes Geschirr stand auf Tisch und Bänken, Essenreste, verschimmelter Mehlbrei. Doch bedrohlicher als all das: Ein Öllämpchen brannte in der einen Zimmerecke, und dahinter stand aus Ton geformt die Gestalt einer Mutter, die ihr Kind im Arm hält. Ein liebliches Bild. Ein todbringendes Bild. Tödlich für den Mann, der davor kniet.
    »Pedro, was machst du da? Pedro, ich bitte dich, steh auf!«
    Der Fischer bewegte sich nicht.
    »Steh auf. Ich bin’s. Welid. Kennst du mich nicht mehr?«
    Da stöhnte der Mann: »Ich! Ich bin schuld! Ich hab sie umgebracht!«
    Er ist wahnsinnig, dachte Welid. Umgebracht? Wen umgebracht? Er sah sich nach der Schwester um, konnte sie aber nicht entdecken. Pedro sprach weiter. Nun klang es wie eine Litanei.
    »Mir zur Strafe ist sie gestorben. Ich habe seinen Sohn verraten, und Gott hat mir meinen genommen. Ich habe die Mutter seines Sohnes verleugnet, und Gott hat die Mutter meines Sohnes getötet. Aug um Auge, Zahn um Zahn, Sohn um Sohn, Mutter um Mutter!«
    »Pedro, weißt du nicht, dass du dich mit diesem unsinnigen Gerede um deinen Kopf bringst? Du bist aufgenommen worden in die Gemeinde der Gläubigen, du hast meine Mutter vor dem Kadi zur Frau genommen. Du hast das Glaubensbekenntnis gesprochen: Gott ist einer. Er war in Ewigkeit. Er ist nicht gezeugt und hat nicht gezeugt. Ihm gleich ist keiner. Was soll da das Geschwätz von Mutter und Sohn? Auf Abtrünnigkeit steht das Schwert!«
    »Was geht mich euer Schwert an? Auf Abtrünnigkeit steht die Hölle! Aber wem bin ich abtrünnig geworden?
    Ach Maria, du Mutter unseres Heilands, bete für mich in der Stunde meines Todes!«
    Er ist verloren, dachte Welid erschüttert, rettungslos verloren. Keine Verstandeskraft kommt auf gegen den Wahn, keine Todesfurcht gegen Höllenangst. Isa ben Marjam, du Prophet Gottes, wie haben sie deine Botschaft entstellt!
    Aber wo ist die Schwester? Ich muss sie mit mir nehmen. Er darf sie nicht mitreißen in seinen Untergang!
    »Deine Schwester suchst du?« fragte Pedro und stand endlich auf. »Ich werde sie rufen.«
    Er ging hinunter ans Meeresufer und rief durch die hohle Hand: »Maria! Maria!« Es hallte von den Felsen wider.
    Maria? Wer hieß hier Maria? Marjam hatte Besbasa die Tochter genannt!
    Auch Welid war aus der Stube getreten. Nein, keinen Augenblick länger konnte er die stickige Luft, das blakende Licht und das Muttergotteslächeln ertragen!
    Er legte die Hand über die Augen, und da sah er sie herbeilaufen. Marjam, barfuß, mit aufgelösten Haaren, an ihrer Hand Mondhir. Zwei Kinder, gleich alt und gleich groß, Milchgeschwister auch sie, denn an Boreihas Brust hatte Marjam getrunken, wenn Besbasa im Hause zu sehr beschäftigt war, um ihr Kind zu stillen.
    »Sieh, Vater, wie viel Krebse wir gefangen haben! Das gibt ein Mittagessen!«
    Marjam blieb plötzlich stehen, und ihre Augen wurden groß. »Welid!« schrie sie, ließ Mondhirs Hand los, ließ die Krebse aus der Schürze fallen und hing im nächsten Augenblick an des Bruders Hals, lachte und weinte.
    Pedro aber merkte weder, dass die Krebse langsam unter den Steinen verschwanden, noch, dass Welid mit den Kindern davonging, denn er war wieder im Stubenwinkel in sich zusammengesunken und murmelte: »Warum habt ihr mich Pedro getauft. Ehe der Hahn krähte, habe ich ihn dreimal verraten.« Und er weinte bitterlich.
    Auch Boreiha weinte, als sie von Mondhir Abschied nehmen musste. Der Knabe aber sträubte sich nicht, mit Welid zu gehn, als er hörte, dass auch Marjam mitkam. Welid wollte die beiden Kinder in den Tragkorb stecken und auf dem Kamelrücken nach Cordoba befördern, doch das litt Mondhir nicht. »Ich habe mein eigenes Pferd!« sagte er stolz, »und meine Schwester entführe ich.«
    Abu Amir war betroffen, als die beiden Kinder Hand in Hand vor ihm standen und er ihnen ihre Zusammengehörigkeit von den Stirnen ablas. Wären sie nicht Milchgeschwister gewesen, hätte er ihnen gemeinsam Unterricht erteilen lassen und sie zu gegebener Zeit miteinander verheiraten können, so aber musste er sie trennen, und das je eher desto besser. Mondhir konnte nicht im Hause bleiben.
    Der Lehrer war schon gefunden, der ihn bei sich aufnehmen wollte. Und auf Marjam musste Welid aufpassen wie auf seinen Augapfel.
    Man ging zu Tisch. Man ließ die Kinder nebeneinandersitzen. Sie steckten sich gegenseitig ihre Leckerbissen zu.
    Abu Amir hatte Welid an seine Seite genommen. »Ich habe

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