Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
über die Scharen der ihm folgenden Reiter hin und sprang vom Pferde.
Es war die Zeit des Mittagsgebetes, und er ließ es sich nicht nehmen, den Vorbeter zu machen. Der Boden, auf den er sich niederwarf, hatte noch die Kälte und Feuchtigkeit des Winters in sich. Man breitete die Satteldecken aus.
Abu Amir war es zumute, als habe er noch niemals in seinem Leben eine solche Inbrunst erfahren wie bei diesem Gebet. Zum ersten Mal zog er aus in den Heiligen Krieg. Er würde als Sieger heimkehren oder überhaupt nicht. Fiel er, so öffneten sich ihm die Pforten des Paradieses. Hörte er nicht schon dessen Bäche rauschen? Sah er nicht schon die glutäugige Jungfrau auf sich zukommen, die ihm zur Gefährtin bestimmt war? Noch war ihr Antlitz verhüllt. Aber wenn sie den Schleier zurückschlüge, würde es sein, als ginge die Sonne auf.
Nein, das Rauschen drang aus dem Tal, in das sie nun hinunterreiten mussten. Der Fluss, an dessen Ufern die Straße nach Norden führte, floss durch irdisches Land, das aber so schön und fruchtbar war, dass es selbst den Gärten der Ewigkeit in vielem nicht nachstehen konnte.
Unmöglich, dass dieses Land, das Allahs Sonne beschien und segnete, ihm Früchte entlockte, sie reifen ließ, sodass es Korn, Öl und Obst in Fülle hervorbrachte und keiner darben musste, der seine Hände regte, in die Hände der Ungläubigen fiel, die es verkommen lassen würden in ihrer Unwissenheit und Trägheit, mit denen Allah sie strafte. Abu Amir fühlte die Kraft in sich, dies Land zu schützen und zu verteidigen. Als Sieger musste er zurückkommen - als Sieger würde er zurückkommen!
Er sparte bei seinen Truppen weder an Löhnung noch an Verpflegung. Bei jeder Rast hielt er offene Tafel, alle seine Leute empfingen das gleiche Essen wie er. Doch er trieb sie zu äußerster Anstrengung an, und sich selbst schonte er am wenigsten. Wo keine Brücken waren, mussten sie die Flüsse durch Furten überqueren, wo keine geebneten Wege waren, die Berge auf Saumpfaden übersteigen. Der Frost der Nächte machte die Wege und Stege leichter begehbar, und in zehn Tagen hatten sie die Grenze erreicht.
Die Ungläubigen wurden durch diesen Angriff so früh im Jahr völlig überrascht. Sie versuchten, den Feind bei seinem Eintritt ins Tal des Ambroz aufzuhalten, aber ihre eilig zusammengeraffte Mannschaft war zu schwach und musste sich nach kurzem Gefecht in die Festung Banos zurückziehn.
Abu Amir nahm sich nicht die Zeit, die Festung zu berennen. Er plünderte die Vorstädte, machte große Beute, verteilte vier Fünftel davon an seine Krieger, wie der Koran es vorschrieb, wusch sich den Schweiß seiner Anstrengungen in den heißen Schwefelquellen ab, in denen vielleicht schon Trajan und Seneca gebadet hatten, führte eine stattliche Anzahl von Kriegsgefangenen mit sich und erreichte bald nach Frühjahrsbeginn mit seinem Heer, das nur geringe Verluste gehabt hatte, die Stadt des Kalifen, in der er mit großem Jubel empfangen wurde.
Doch Ruhe gönnen durfte er sich nicht, denn jetzt galt es, Ghalib für sich zu gewinnen und den unfähigen Moßchafi abzuschütteln.
Ghalib machte kein Hehl aus der Verachtung, die er für den Großwesir empfand, und als Abu Amir ihm die Vorkommnisse der letzten Zeit berichtete, sagte er lachend: »So hast du denn die Gedanken gehabt, die Moßchafi benötigte!«
Er war auch bereit, zusammen mit den Leuten, die Abu Amir befehligte, die Ungläubigen anzugreifen, und Abu Amir ordnete sich ihm völlig unter. Weit davon entfernt, den Erfolg seines ersten Feldzuges zu überschätzen, wusste er doch, wie viel er von Ghalib noch lernen konnte.
Ghalib war sehr eingenommen von der Aufmerksamkeit und dem Entgegenkommen des Wesirs, der sich ihm aus freien Stücken unterordnete. Er begegnete ihm mit der Offenheit, die sein Wesen auszeichnete, nannte ihn seinen Freund und bevorzugte seine Gesellschaft vor der aller anderen.
Das Heer drang tief in den Norden vor. Die Grafen von Leon und Navarra warfen ihnen umsonst ihre vereinigten Truppen entgegen - sie wurden geschlagen und in die Flucht getrieben. Dieser Sieg war viel bedeutender als Abu Amirs erster Erfolg, und Ghalib hatte den Hauptanteil daran. Doch um Moßchafi zu schaden, schrieb er an den Kalifen, dass Abu Amirs Umsichtigkeit und Tapferkeit das meiste ausgerichtet und er es verdient habe, zum Präfekten der Hauptstadt ernannt zu werden.
Das war der Mutter des Kalifen, der auf Ghalibs Weisung der Brief ausgehändigt wurde, eben recht. Ohne
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