Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
dass sie Moßchafi davon in Kenntnis setzte, ließ sie eine Urkunde über Abu Amirs Bestallung ausfertigen, und gehorsam setzte Hischam seinen Namen darunter. So war Abu Amirs Triumph ein doppelter: Er zog nicht nur als gefeierter Sieger in Cordoba ein, sondern verdrängte auch Moßchafis Sohn aus seinem Amt. Mit einer Schar seiner besten Krieger drang er in die Präfektur ein, wies seine Bestallungsurkunde vor und zwang Othman, das Gebäude sofort zu räumen. Verstört verließ der in Furcht und Schrecken Versetzte den Palast, ohne dass es ihm möglich war, die ihn belastenden Schriftstücke in Sicherheit zu bringen. Und aus allen Wolken gefallen war Moßchafi, der bis zur Stunde keine Ahnung davon gehabt hatte, was für ein Spiel Abu Amir gegen ihn spielte.
Er beschwerte sich bei Subeiha, fand aber taube Ohren. »Abu Amir hat sich große Verdienste erworben, die entsprechend gewürdigt werden müssen, Großwesir. Für deinen Sohn Othman wird sich eine andere Stelle finden, die seinen Fälligkeiten besser entspricht. Es ist leider nur allzu bekannt, dass er als Präfekt über die Sicherheit unserer Stadt schlecht gewacht hat. Weißt du nicht, dass sich fast in jeder Nacht Raubüberfälle und Einbrüche häuften? Nun wird dem Unwesen bald ein Ende gesetzt sein! Mit Abu Amir ist nicht zu spaßen.«
Abu Amir! Abu Amir! Abu Amir! Wie dieser Namen in Moßchafis Ohren gellte!
Abu Amir, ich habe dich groß gemacht. Habe dich aus dem Dunkel einer armseligen Existenz ans Licht der Sonne eines strahlenden Hofes gezogen. Habe dich mit Vertrauen überhäuft, mit Aufgaben betraut, die dir Ruhm und Ehre in Fülle einbrachten.
Und wozu hast du mich missbraucht? Meinst du, weil du imstande bist, ein Weib zu betören und dir einen Knaben gefügig zu machen, du könntest nach Willkür mit mir umspringen? Schon von manchem, der mir zu nahe getreten ist, schweigt jede Kunde - man weiß nicht, hat ihn der Wind weggerissen oder ein Blitz ihn verbrannt, eine Wüstenhexe ihn verzaubert, eine Steinlawine ihn erschlagen. Der Tode sind viele auf Erden, und du, hüte dich vor dem deinen!
An solchen Racheträumen berauschte sich der alte Mann und ließ sich von ihnen an Taten hindern. Abu Amir aber hütete sich, ihm unhöflich zu begegnen, tat, als merkte er nicht seine finsteren Blicke, ließ ihm den Vortritt bei allen Anlässen, sprach ihn stets ehrerbietig mit vollem Namen an.
Doch Welid hatte den Auftrag, die Dokumente der Präfektur genau daraufhin zu prüfen, ob sich belastendes Material gegen Othman und seinen Vater darin fände.
Auch die Beamten der Präfektur zitterten, denn kaum einer von ihnen hatte saubere Hände. Abu Amir aber war vorsichtig genug, sich nicht allzu viele Feinde zu machen. Einigen hohen Beamten, denen nachgewiesen werden konnte, dass sie sich an Räubereien und Erpressungen beteiligt hatten, wurde kurzer Prozess gemacht, den übrigen jedoch bedeutet, wenn sie sich nichts mehr zuschulden kommen ließen, würde der Mantel des Vergessens über das Vergangene gebreitet werden. 0 wie beflissen war man, sich durch erhöhte Pflichterfüllung hervorzutun. Offiziere wie Unteroffiziere überwachten sich gegenseitig. Alle Stunden der Nacht hallten die Schritte der Ronden durch die Straßen. Kein Missetäter wurde mehr geschont, kein Verbrecher gegen Geschenke laufengelassen. Wer am ärgsten gewesen war im Durch-die-Finger-Sehen, pries nun Abu Amirs Strenge und Rechtlichkeit am lautesten. Und doch waren nicht alle Stimmen, die sich gegen Abu Amir erhoben, zum Schweigen zu bringen. Durch seine strengen Maßnahmen war nicht nur die Zahl seiner Bewunderer und Anhänger, sondern auch die seiner Feinde erheblich gewachsen. Und seine Bevorzugung durch Subeiha war offensichtlich. Im Palast tuschelte man darüber, auf den Straßen aber sang man freche Lieder wie dieses:
»Wenn der Kalif zur Schule geht,
seine Mutter zu ihrem Buhlen geht.«
Sie holperten zwar in Versmaß und Reim, doch das hinderte ihre Verbreitung keineswegs. Wer das Gerücht aufgebracht hatte, ließ sich nicht ermitteln, aber die Vermutung, dass es aus den Kreisen Moßchafis kam, lag nahe genug.
Abu Amir tat alles, um ihm entgegenzuwirken. Seine Aufmerksamkeit galt stets mehr dem Kalifen als dessen Mutter. Er verstand es, Hischams Zuneigung in einem Maße zu gewinnen wie kein anderer der hohen Beamten. Nicht durch Schmeichelei, nicht durch Nachgiebigkeit, sondern dadurch, dass es ihm gelang, die Fantasie des Knaben mit Vorstellungen zu erfüllen, die weitab
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