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Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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Tropfen Blut.«
    Welid lag in einiger Entfernung von den beiden und tat, als wäre er vor Ermüdung eingeschlafen. Doch die Worte fielen in ihn hinein wie Dolchstiche. Und vor seinen geschlossenen Lidern tanzten Feuerflammen wie damals, als er am Verdursten gewesen war. So also wird’s gemacht, dachte er, und die, die ich für meine Retter und Wohltäter halte, wären vielleicht fast meine Mörder geworden. Im gleichen Augenblick wurde ihm klar, dass er die Karawane retten musste, und sollte es sein Leben kosten. Die ganze Nacht lag er wach und quälte sich mit Plänen, die er immer wieder verwarf.
    Da kamen ihm seine Kameraden selber zu Hilfe. Sie trugen ihm am nächsten Morgen ganz arglos ihre Überlegungen vor. Ein Glück, dass er sie schon kannte. So hatte er seine Erregung so weit in der Gewalt, dass er freudig zustimmen, ihre Umsicht und Klugheit loben und schließlich wie beiläufig sagen konnte: »Wenn ihr wollt, geh ich zu ihnen. Sie werden mir, der ich arabisch spreche, eher glauben, dass ich vor räuberischen Berbern auf der Flucht bin, als euch.«
    Mamar lachte. »Nicht schlecht, wenn du nur auch arabische Kleider anhättest. So aber könntest du ihren Argwohn vielleicht um so eher erregen.«
    »Wenn es weiter nichts ist«, meinte ein anderer aus der Schar und schnürte ein Bündel auf. »Diesen Rock habe ich einmal einem Araber ausgezogen. Und jetzt mit mir genommen - ich weiß selbst nicht warum.«
    Weil Allah es dir eingegeben hat, Freund, dachte Welid, und er zog den Rock an.

    Die Karawane konnte nicht mehr als fünfzehn Meilen am Tage zurücklegen, obgleich sie schnelle Pferde und noch schnellere und ausdauerndere Reitkamele mit sich führte, die aber auf das Fußvolk Rücksicht nehmen mussten. So war es ein Leichtes für die Berber, sie zu umreiten, ein leichtes für Welid, auf den Pilgerzug zu stoßen.
    Fadl ibn ar-Rakiza, der Emir der Wallfahrt, empfing ihn sehr freundlich. Nach Kairawan wolle er? Dann solle er sich ihnen doch anschließen. Allein zu reiten sei sehr gefährlich, die Gegend wimmele von Räubern, ob er nicht die große Staubwolke im Norden gesehen habe.
    Er habe sie gesehen. Und sei gerade deshalb umgekehrt, um den Emir zu bitten, unter seinem Schutz weiterreiten zu dürfen. Auf der Karawanenstraße habe eine so starke Schar nichts zu befürchten. Nur müsse sie sich hüten, sich vom Wege ablocken zu lassen, etwa unter der Vorspiegelung, man müsse den Räuberscharen nach Süden ausweichen. Falsche Führer, die mit den Berbern unter einer Decke stecken, hätten so schon manche Karawane in die Wüste und ins Verderben geführt. Erschrocken sah der Emir den neben ihm Reitenden an. »Mein Bruder Ischak ist vor zwei Jahren in dieser Gegend vom Weg abgeirrt und mit allen seinen Leuten verschollen. Meinst du, dass er ...?«
    Ich meine nicht, ich weiß, wollte Welid sagen, aber eine Stimme schrie in ihm auf: Schweig! Sprich so wenig wie möglich. Jedes Wort, das zu viel ist, hat den Tod in sich.
    Und er zuckte nur stumm mit den Achseln.
    Der Emir gab Befehl, so schnell wie möglich auszuschreiten, und als sie am Abend eine Karawanserei erreichten, begnügte er sich nicht damit, Menschen und Tiere in ihren Mauern zu bergen, sondern ließ um das Gehöft, das auf freiem Felde lag, Lagerfeuer anzünden und Männer bei ihnen wachen. Dazu stellte sich auch Welid zur Verfügung.
    Die Nacht wurde klar und kalt. Man rückte am Feuer zusammen und vertrieb sich die Zeit mit Scherzen. So wenig Welid sprach, konnte er es doch nicht verhüten, dass ihn sein Tonfall als Andalusier ausgab. Das bewog zwei Cordobaner, sich neben ihn zu setzen.
    Die Namen, die sie ihm nannten - Mudschadid und Hairan - waren ihm nicht geläufig. Im Feuerschein musterte er ihre Gesichter. Nein, er kannte sie nicht. Was aber nicht ausschloss, dass sie ihn kannten. Sollte er sich einen falschen Namen beilegen? Er sagte »al-Thoroschi« und beobachtete sie scharf. Doch keiner verzog die Miene.
    Sie fragten nach dem Woher und Wohin. Es gelang ihm, ihre Fragen abzubiegen und sie sehr bald selber zum Sprechen zu bringen.
    Was sie von der Mühseligkeit ihrer Reise erzählten, interessierte Welid freilich wenig. Doch er wagte nicht, sie zu unterbrechen und ohne Umschweife auf das loszusteuern, was ihn am meisten bewegte.
    Abu Amir, wo stehst du auf der Leiter des Lebens? Steigst du immer noch von Sprosse zu Sprosse? Hältst du dich krampfhaft fest? Oder begann schon dein Abstieg?
    Abstieg? Gibt es einen Abstieg aus solcher Höhe?

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