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Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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geschehen lassen?«
    »Ihr klammert euch an etwas, was es gar nicht mehr gibt. Umsonst hat Hakam (Allah schenke ihm Frieden!) von seinen Gelehrten die Geschlechtsregister durchforschen lassen und verlangt, dass jeder Araber die ihm zukommende Stellung in seinem Stamm einnehme - die meisten wissen ja nicht einmal, welchem sie angehören.«
    »Weil sie ihre Ehre vergessen haben! Weil sie den Überläufern der Goten und Romanen ihre Reihen geöffnet haben! Wen wundert es, dass Männer wie du für diesen Abtrünnigen aus dem Stamm Ma'afir schwärmen? War nicht dein Urgroßvater noch ein Christ mit Namen Fernandez? Trat nicht dein Großvater erst zum wahren Glauben über und nannte sich Ibrahim?« Und, als Hairan, rot bis unter die Haarwurzeln, schwieg: »Aber selbst wenn du den Krieg, den Abu Amir gegen seinen Schwiegervater führte und in dem unser bester Feldherr fiel, rechtfertigst, womit willst du den Meuchelmord an Dschafar, dem Fürsten von Zab, rechtfertigen, der sich von den glänzenden Versprechungen dieses Fuchses verlocken ließ, mit sechshundert Reitern übers Meer zu setzen und in Andalus Kriegsdienst zu nehmen und den dein Held nun vor Kurzem hat meuchlings ermorden lassen?«
    »Das ist nicht wahr! Dschafar hatte sich auf einem Gastmahl, das der Großwesir ihm zu Ehren gab, sinnlos betrunken. Wer kann sagen, in was für Händel er sich beim Heimgang eingelassen und wer ihn erdolcht hat? Al-Manßur hat ihn jedenfalls tief betrauert.«
    »Al-Manßur billah! Wenn du schon den Namen, den sich Abu Amir angemaßt hat, benützt, so nenne ihn wenigstens vollständig: Der durch Allahs Hilfe Siegreiche.«
    »Angemaßt? War er vielleicht nicht siegreich in jeder Schlacht, die er geführt hat? Und kann ein Mann siegen ohne die Hilfe Allahs?«
    Das Zwiegespräch glich einem Gefecht, das mit spitzer Klinge geführt wird und in dem die Gegner so pausenlos aufeinander eindringen, dass jedes Dazwischenspringen tödlich sein könnte. Welid hütete sich deshalb auch einzugreifen, und trotzdem war ihm zumute, als gingen die Hiebe der beiden Gegner mitten durch ihn hindurch.
    Endlich schwiegen die Cordobaner erschöpft.
    Doch Welid war aufgewühlt. Er zog Hairan zur Seite und fragte ihn: »Also gesiegt hat al-Manßur?« (Wie ihm dieser Name von der Zunge sprang, als hätte er den Bruder nie mit einem anderen bedacht!) »Und in welchem Kampf?«
    »Gegen die Ungläubigen! Man hatte ihm prophezeit, seine christlichen Söldner würden in Scharen überlaufen, wenn er sie gegen die Grafen von Leon und Kastilien oder gegen den König von Navarra ins Feld führen würde, aber das Gegenteil war der Fall. Diese Männer wussten, dass sie von den Ihrigen als Überläufer betrachtet wurden und keine Gnade zu erwarten hatten, falls sie ihnen in die Hände fielen, und sie schlugen sich tapferer als die Moslems selbst. Man erzählte mir, dass sich al-Manßurs Truppen bei einem Gefecht vor der Übermacht der Gegner zurückzogen. Da sei er von seinem Hochsitz, von dem aus er die Schlacht beobachtete und seine Befehle erteilte, aufgesprungen, habe sich den Goldhelm vom Kopf gerissen und sich auf die nackte Erde gesetzt. Und es seien die Christen seines Heeres gewesen, die, von diesem Anblick beschämt, sich mit solcher Wucht aufs Neue in den Kampf gestürzt hätten, dass sie die Feinde in die Flucht schlugen.
    Glaube mir, Landsmann, al-Manßur allein ist imstande, zu verhindern, dass aus dem glücklichen, blühenden Andalus ein in Stücke gehauenes, unglückliches, verblutendes Land wird. Denn er erkennt die auseinanderstrebenden Mächte und hält sie mit starker Hand zusammen. Wenn es nach Mudschahid und seinesgleichen ginge, würden sich alle gegenseitig zerfleischen: die Araber, die Berber, die Romanen, die Goten, die Gläubigen, die Ungläubigen. Und sie haben doch ein Heimatland, das Brot hat für alle, Wasser für alle, Sonne für alle.
    Aber eine Hand, die so stark ist wie die seine - kann man es ihr verargen, dass sie manchmal einen, den sie festhält, auch zerdrückt?«
    »Du meinst also doch, dass al-Manßur den Meuchelmord an dem Emir von Zab veranlasst hat?«
    »Ich war nicht dabei, Vater der Neugier!«
    Die Miene Hairans wurde so starr und abweisend, dass Welid ihm den inneren Zwiespalt von der Stirn ablas und schwieg.
    Die Nacht verlief ruhig. Selbst Welids Ohren, die sich in den bei den Nomaden zugebrachten Jahren geschärft hatten, fingen kein verdächtiges Geräusch auf. Er hatte sich den Mantel um die Schultern geschlungen und

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