Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
aus der Heimat getrieben, verschwieg er.
»Du gibst mir Nachricht vom Tode meines Bruders Ischak«, sagte der Emir bewegt. »Wir alle verdanken dir unser Leben, so bitte ich dich, warte hier auf mich, bis ich von der Pilgerfahrt zurückkomme. Am liebsten nähme ich dich mit zu den heiligen Stätten, aber es dauert zu lange, bis du wieder reisefähig bist. Ich lasse dich hier in der Obhut meines Freundes Athir ben Maksur. Er wird dich pflegen, bis du gesund bist, und wird dich als Gastfreund bei sich behalten, bis ich wiederkomme.
Dann nehme ich dich mit in mein Haus. Ich bin reich. Du sollst es bei mir gut haben wie ein Sohn. Und du wirst mir helfen, meinen Bruder zu rächen. Du kennst die Schlupfwinkel dieser Straßenräuber, denen nichts heilig ist. Aber der Kalif (Gott schenke ihm Kraft!) wird mir seinen Arm leihen. Sobald wir Kairo erreicht haben, werde ich ihn aufsuchen. Auch er hat eine Rechnung mit diesen Aufsässigen zu begleichen.«
Das Messer war scharf gewesen, der Stich also glatt. Die Wunde eiterte kaum, und auch das Fieber, das sich einstellte, war gering. Welid konnte schon nach zehn Tagen das Bett verlassen. Man ließ ihn aber nicht aus dem Haus gehn.
»Du weißt nicht, ob sich nicht Späher dieser Sippe hier herumtreiben, um auszukundschaften, ob du noch am Leben bist. Die Charidschiten haben Helfershelfer in jeder Stadt. Du kannst gar nicht genug auf der Hut vor ihnen sein.«
»Wäre es da nicht besser, ich brächte mich übers Meer in Sicherheit? Sizilien ist nicht weit. Und bis dorthin reicht ihr Arm wohl kaum. Auch sagt man, dass der Statthalter des Kalifen, Abu Kasein, ein frommer Mann sei und es sich gut unter ihm leben lasse.«
»Wo denkst du hin? Was meinst du, was geschieht, wenn dich mein Freund hier nicht mehr vorfindet? Weißt du denn nicht, dass Fadl ar-Rakiza der Wesir und Schwager Bologins ist, des Statthalters in Ifrikija, ein Mann, der des Kalifen Ohr hat, ein Mann, mit dem nicht zu spaßen ist? Ich werde mich hüten, seinen Anordnungen zuwiderzuhandeln!«
So also war das! Festgehalten wurde er hier unter dem Vorwand der Fürsorge, weil verhindert werden sollte, dass er sich Ibn ar-Rakizas Plänen entzog!
Nein, Ibn ar-Rakiza! Und wenn du zehnmal der Schwager des Statthalters bist und des Kalifen Ohr hast - ich werde dir nicht helfen. Ich will den Dolchstich Mamars nicht nachträglich rechtfertigen. Er wird ihn an jenem schrecklichen Tage allein zu rechtfertigen haben, und Allah, der den Herzen der Menschen auf den Grund sieht, wird wissen, ob er ihm verzeihen kann. Doch als ein Zeichen seiner Vergebung fasse ich es auf, dass ich am Leben blieb.
Hab keine Angst, Aniba, ich gebe dich nicht den rohen Söldnern des Fatimiden preis. Du bist meine Braut gewesen, und obgleich ich dich niemals sah, habe ich doch schon in Gedanken deine Haut an meinem Körper gespürt und meine Hand mit deinen blonden Haaren spielen lassen. Und nun sollte ich dir, du unschuldiges Kind, ein Schicksal bereiten, wie meine Mutter es ertragen musste?
Athir ben Maksur war auf alle Art bemüht, Welid das Leben in seinem Hause angenehm zu machen. Es war ein gastfreies Haus, in dem angesehene Männer aus und ein gingen, man sprach von allem, was die Herzen höher schlagen lässt: von Liebe und Freundschaft, von Treue und Verrat.
»Habt ihr gehört, dass Ibn Kennun sich nicht mehr in Kairawan aufhält, sondern nach Kairo gegangen ist? Was er dort will? Nun, doch zweifellos uns er m Kalifen (Allah schenke ihm Weisheit und Stärke!) in den Ohren liegen, dass er ihm die Mittel dazu bewilligt, seine Länder im Maghreb wiederzuerobern.«
»Aber er hat doch sein Wort gegeben«, fiel Welid, ein, »nie mehr in seine Heimat zurückzukehren.«
»Sein Wort! Sein Wort! Gilt ein Versprechen, zu dem man gezwungen wird?« sagte Athir ben Maksur, und einer seiner Gäste führte eine Stelle aus der Sure »Die Höhle« an: »Sprich von keiner Sache: Siehe, ich will das morgen tun, ohne hinzuzufügen: So Allah will!« Und er lächelte hintergründig.
Wie - findet man im Koran die Rechtfertigung jeden Wortbruchs? Und wer sagt den Wortbrüchigen, dass Allah es sei, der nicht wolle, dass er worthalte ...
Es war nicht Welids Art, sich leidenschaftlich in Streitgespräche zu stürzen, der Streit um das Für und Wider spielte sich in seinem Inneren ab. So schwieg er auch hierzu, während es in seinem Herzen kochte.
Wozu gebrauchen die Menschen die Heilige Schrift? Um sich von ihr leiten zu lassen oder um in ihr nach Worten zu
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