Zu Staub Und Asche
beiden Kinder verlassen und war in den Lake District gezogen, um mit einer jüngeren Frau ein neues Leben zu beginnen. Jahrelang weigerte sich Louise, die Frau beim Namen zu nennen - nie war sie Cheryl, sondern immer nur das »Blonde Gift«.
»Du hast also mit Hannah geplaudert.«
»Bis wir durch einen Zwischenfall unterbrochen wurden. Sie sah übrigens fantastisch aus. Sehr schlank.« Louise machte eine Pause, ehe sie hinzufügte: »Sie hat nach dir gefragt.«
»Ach wirklich?« Er wollte beiläufig klingen, aber Daniel wusste, dass es ihm nicht gelungen war.
»Sie wusste nicht, dass du wieder in England bist, und war ausgesprochen überrascht - allerdings angenehm.«
Er sollte besser gleich klarstellen, dass er wusste, dass Hannah nicht mehr zu haben war.
»Ich muss unbedingt wieder einmal in das Antiquariat von Marc Amos. Vielleicht führt er ja irgendwelches heimische Material über de Quincey.«
»Marc Amos war übrigens auch da. Als ich ihn entdeckte, machte er gerade einer Kellnerin schöne Augen.«
»Marc ist ein prima Kerl.«
Daniel hatte sich noch nie in die Beziehung eines anderen Paares gedrängt, und er hatte nicht vor, jetzt damit anzufangen. Aus Gründen, die er sich selbst nicht ganz erklären konnte, fühlte er sich zu Hannah Scarlett hingezogen, doch sie war außerhalb seiner Reichweite.
»Stuart lässt eine Menge Geld bei Amos Books. Ich könnte mir vorstellen, dass er zu Marcs besten Kunden gehört. Vor allen Dingen seit Saffells Tod.«
»Saffell?«
»Der Büchernarr - der Mann, der bei dem Feuer am Ullswater verbrannt ist. Ich habe dir auf dem Weg zur M6 davon erzählt. Oder hast du nicht zugehört? Die ganze Geschichte klingt ausgesprochen geheimnisvoll, und ich weiß doch, wie sehr du mysteriöse Dinge liebst.«
Aber Daniel erinnerte sich nur flüchtig. Nach einer gehörigen Verspätung auf dem Rückflug von Seattle war er ziemlich neben der Spur gewesen und hatte das Gespräch einfach über sich hinwegrauschen lassen.
»Zwischen den Zeilen der Zeitungsartikel war zu lesen, dass der Brand wohl kein Unfall war. Wenn Saffells Tod aber auf Brandstiftung zurückzuführen sein sollte, steht seine Frau unter Verdacht. Und ein sanftes Lamm ist sie ja nicht gerade.«
Daniel runzelte die Stirn. »Woher willst du das wissen?«
»Sie war gestern auf der Party. Stuart hat sie aus Höflichkeit eingeladen, weil er sie schon seit Jahren kennt. Allerdings ging er nicht ernsthaft davon aus, dass sie wirklich kommen würde. Und schon gar nicht, dass sie auch noch eine Szene macht.«
»Was ist passiert?«
»Sie und ich unterhielten uns mit Arlo Denstone.«
»Du kennst Arlo?«
»Stuart hat uns einander vorgestellt. Er ist ganz wild darauf, dich kennenzulernen, seit er weiß, dass du wieder in England bist.«
»Gerade eben habe ich mir die Aufzeichnung eines Fernsehinterviews mit ihm angeschaut. Er ist nicht nur der geborene Botschafter in Sachen de Quincey, sondern obendrein auch noch ein Charmeur.«
»Ein starker Charakter - intelligent, aber auch ein bisschen überdreht. Ich könnte mir vorstellen, dass er es durchaus auch schon einmal mit Opium probiert hat.«
»Also nicht dein Fall, oder?«
»Eher nicht - trotzdem kann ich verstehen, was Frauen an ihm fasziniert. Unser Gespräch dauerte allerdings nicht sehr lange. Irgendwann kam Wanda Saffell dazu, und es wirkte so, als wollte sie lieber mit ihm allein reden. Im gleichen Augenblick entdeckte ich Hannah. Sie unterhielt sich gerade mit Stuart, und ich habe mich entschuldigt. Ein paar Minuten später kippte Wanda ein Glas Rotwein über Arlos Jackett und rauschte heulend aus dem Raum.«
»Ein echter Partyschreck also.«
»Stuart fand sie im Schneidersitz am Fuß der Treppe. Sie saß nur da und weinte sich die Augen aus. Einer seiner Partner brachte sie schließlich nach Hause. Er sagte, ihre Nerven lägen blank.«
»Aber warum hat sie Arlo angegriffen?«
»Keine Ahnung. Stuart wollte nicht darüber reden und meinte nur, dass sie in letzter Zeit viel mitgemacht habe.«
»Womit könnte Arlo sie durcheinandergebracht haben? Immerhin ist sie eine Frau, die erst vor kurzer Zeit unter ziemlich schrecklichen Umständen Witwe geworden ist.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Mir fällt an ihm auf, dass er gerne Reaktionen provoziert. Mordfälle faszinieren ihn. Vielleicht hat er angedeutet, dass sie etwas über den Tod ihres Mannes weiß.«
Louise schüttelte den Kopf. »Glaubst du immer noch, dass Historiker gute Kriminalisten
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