Zu Staub Und Asche
angehalten haben, sagte mehr als genug. Und das nur, weil er ein reicher Anwalt ist. Also benimm dich bitte!«
»So wie du bei Miranda?«
»Sie hatte es verdient.«
Stimmte das? Daniel erinnerte sich zurück an den Tag, als er zum ersten Mal mit Miranda in Brackdale gewesen war - einem ruhigen, zwischen Kentmere und Longsleddale eingezwängten Tal im Südosten des Lake District. Kaum hatte sie das Cottage in Tarn Fold entdeckt, da hatte sie es auch schon unbedingt kaufen und mit ihm einen Lebenstraum verwirklichen wollen. Bis sie jedoch das Gebäude renoviert und so gestaltet hatten, wie es ihnen vorschwebte, war Miranda auf dem Sprung zu einem neuen Traum gewesen. Trotzdem bereute Daniel keine Sekunde. Miranda hatte ihm durch eine schwierige Zeit geholfen, und dafür war er ihr dankbar.
»Sie hat mich übrigens gestern Abend angerufen, als du auf der Party warst. Ich glaube, sie war ein bisschen betrunken.«
Louises Augen wurden schmal. »Es wäre nicht das erste Mal.«
»Du hast sie nie leiden können, nicht wahr?«
»Sie war nicht die Richtige für dich.«
Man könnte das Gleiche von Stuart und dir sagen, dachte Daniel, hielt aber den Mund.
»Ich meine«, fügte Louise mit weicherer Stimme hinzu, »sie war wirklich sehr hübsch, aber irgendwie keine Frau für immer.«
»Irgendwann hast du sie mal eine hysterische Tussi genannt.«
»Einer musste schließlich einmal die Wahrheit aussprechen, Daniel. Und, wie war sie? Hat sie gefühlsduselig von alten Zeiten geschwärmt?«
»Sie hat sich von Ethan getrennt, daraufhin hat er sie gefeuert. Im Augenblick arbeitet sie freiberuflich für ein paar Hochglanzmagazine, aber es klang, als wisse sie nicht wirklich etwas mit sich anzufangen. Sie meinte, sie würde vielleicht für einige Zeit zurückkommen, um abzuschalten.«
»Um Himmels willen! Du hast sie doch hoffentlich nicht ermutigt?« Louise stieß einen theatralischen Seufzer aus. »Denk immer daran, wie sie sich innerhalb von fünf Minuten in den Lake District verliebt hat, ehe die hellen Lichter der Großstadt sie wieder in den Süden lockten. Sie ist so verdammt unberechenbar!«
»Als sie ging, haben wir uns gegenseitig versprochen, Freunde zu bleiben. Ich bin froh, dass sie sich gemeldet hat.«
»Sie hat dich benutzt, und wenn du nicht aufpasst, wird sie dich wieder benutzen. Aber du bist derjenige, der anschließend am Boden zerstört ist - das gnädige Fräulein bestimmt nicht!«
Daniel beugte sich über die Armlehne seines Ledersessels. »Aber so sind wir Menschen nun einmal. Jeder benutzt seine Mitmenschen auf die eine oder andere Weise. Und unter Erwachsenen, die sich darüber im Klaren sind, schadet das auch nicht.«
»Und ich dachte immer, ich wäre die Zynikerin der Familie!«
»Du hast mir noch immer nicht gesagt, wen du gestern Abend getroffen hast.«
»Willst du es wirklich wissen?«
Sie hatte ihren kühlen, forschenden Blick auf ihn gerichtet, als säße er bereit zum Kreuzverhör auf einer Anklagebank. Wieso hatte sie eigentlich nie als Anwältin bei Gericht gearbeitet? Ihre Verhörmethoden hätten die Leute im Old Bailey sicher beeindruckt.
»Klar doch.« Sie lächelte ihn frech an, als amüsiere sie sich auf seine Kosten. Okay, er würde also raten, auch wenn eher der Wunsch der Vater des Gedankens war. »Es war nicht zufällig Hannah Scarlett?«
»Erraten!« Sie betrachtete angelegentlich ihre Fingernägel, die in einem lebhaften Türkis glänzten. Daniel konnte sich nicht erinnern, dass sie ihre Nägel in der Vergangenheit überhaupt lackiert hätte. »Die Frau, die unser Vater so toll fand.«
»Du spinnst!« Unwillkürlich wurde Daniels Ton scharf. »Zwischen ihnen war nie etwas.«
»Wieso bist du dir da so sicher?«
»In Gottes Namen - Vater war doch deutlich älter als sie! Und außerdem hat er uns wegen Cheryl und nicht wegen Hannah verlassen, vergiss das nicht!«
»Wie sollte ich das je vergessen?« Louises Augen glänzten zufrieden. »Übrigens finde ich Hannah ausgesprochen nett.«
»Wie? Ein so hohes Lob aus deinem Mund?«
»Ich wollte nicht herablassend klingen. Sie hat mir erzählt, dass Dad ihr alles beigebracht hat, was sie über Kriminalistik weiß, und dass sie ihn bewunderte.«
»Ich auch.«
Louise seufzte. »Ich fürchte, ich bin zu hart mit ihm ins Gericht gegangen.«
Sein halbes Leben lang hatte Daniel auf dieses Eingeständnis gewartet. Louise war über Ben Kinds Weggang ebenso wütend und verletzt gewesen wie ihre Mutter. Er hatte seine Frau und die
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