Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
Vom Netzwerk:
Jetzt musste er das verdammte Ding nur noch schreiben.
    Amerika hatte sich als perfekter Ort erwiesen, um der Erinnerung an Miranda zu entfliehen, aber jetzt musste er sich wieder an die Arbeit machen - und welche Gegend sollte da besser geeignet sein als der Lake District? Er hatte bereits einen großen Teil des vom Verleger gezahlten Vorschusses ausgegeben, und allmählich lief ihm die Zeit davon. Es gab keine Ausrede mehr, den Augenblick hinauszuschieben, in dem er sich hinsetzte und die beiden unbedeutenden Worte tippte. Manchmal dachte Daniel, es wären die beiden angsteinflößendsten Worte der Welt.
    Erstes Kapitel.
    Er gähnte erneut. Seine Gliedmaßen fühlten sich schwer an, seine Augenlider hingen, und er konnte noch nicht einmal eine Nacht voll Wein, Weib und Gesang für seine Müdigkeit verantwortlich machen. Machte es wirklich Sinn, sich an den Computer zu setzen, ehe Louise gekommen und wieder gegangen war? Es war ein merkwürdiges Gefühl zu wissen, dass sie nun nur wenige Kilometer entfernt in Stuart Waggs Villa am See wohnte. Als er in die USA abgereist war, hatte sie noch Unternehmensrecht in Manchester gelehrt. Damals hätte er sich nicht träumen lassen, dass sie ihren Job für einen Lehrauftrag an der University of South Lakeland aufgeben könnte, ganz zu schweigen davon, dass sie sich mit einem örtlichen Promi einließe.
    Er verbrannte sich am Kaffee. Wie lang würde diese Vernarrtheit in Stuart Wagg wohl dauern? Daniel hatte genau zehn Minuten in Waggs Gesellschaft verbracht, und zwar auf dem Rückweg vom Flughafen, als Louise in Crag Gill haltmachte, um die beiden Männer einander vorzustellen. Wagg hatte Daniel zuliebe seinen Charme spielen lassen, aber was sonst sah die eher sittenstrenge Louise in diesem cleveren, eleganten Rechtsanwalt? Wagg schien ihre Zuneigung für selbstverständlich zu halten, und Daniel hatte bereits zu oft erleben müssen, wie Louise verletzt wurde, um diesmal auf ein Happy End zu hoffen.
    Die Türklingel schrillte, und Daniel stand auf. Liebhaber kommen und gehen, aber die Familie bleibt einem erhalten. Zumindest sollte es so sein. Er öffnete die Tür.
    »Frohes neues Jahr, Daniel!«
    Louise küsste ihn auf die Wange. Ihre brandneue Barbourjacke stand offen und enthüllte ein eng anliegendes Kleid aus Seide und Kaschmir, das trotz der Kälte ziemlich viel helle Haut sehen ließ. Sie duftete nach einem samtigen, sinnlichen Parfüm. So viel zum Stuart-Wagg-Effekt. Aber wie sehr hatte sie sich wirklich verändert?
    »Dir auch ein glückliches neues Jahr!« Er zog sie ins Haus und schloss die Tür gegen den eisigen Wind. »Wie war die Party?«
    »Hm ...« Louise schürzte die Lippen. »Denkwürdig.«
    Sie hängte ihre Jacke an die Garderobe. Ihr Haar war vom Wind zerzaust, und ihre Wangen leuchteten so rosig, als hätte man sie gerade dabei erwischt, wie sie etwas Unerlaubtes tat. In diesem Moment erkannte Daniel, was Männer wie Wagg, die frei wählen konnten, in seiner Schwester sahen. Trotz ihrer Zurückhaltung hatte es Louise nie an Bewunderern gefehlt, jedoch einen Partner zu finden, der auch blieb, stellte sich als schwieriger heraus.
    »Erzähl!«
    »Gleich.« Sie musterte ihn. »Du siehst ziemlich kaputt aus. Bist du gerade erst aufgestanden?«
    »Immerhin ist heute Neujahr.«
    Sie schnalzte mit der Zunge, eine Angewohnheit, die sie von ihrer Mutter - einer immer leidenden, ständig vorwurfsvollen Frau - übernommen hatte.
    »Jede Wette, dass du noch nicht mit deinem Buch angefangen hast. Wahrscheinlich hast du noch nicht einmal einen Titel.«
    »Du bist unfair. Ganz abgesehen davon, dass es nicht stimmt.«
    »Und? Wie soll es heißen?«
    »Die Hölle im Innern.«
    »Wie ansprechend!«
    »Lass den Sarkasmus. Der Satz stammt aus dem Essay über Macbeth von de Quincey.«
    »Wie lautet das Zitat?«
    »Im Innern des Mörders tobt eine Hölle«, sagte Daniel bedächtig, »und wir müssen in diese Hölle hineinschauen.«
    »Dreimal darfst du raten, wen ich gestern auf dieser Party getroffen habe«, sagte Louise und wischte sich einen Toastkrümel aus dem Mundwinkel.
    »Elton John?«
    »Eiskalt.«
    »Madonna?«
    »Träum weiter.«
    »So eine Enttäuschung!« Daniel blickte aus dem beschlagenen Fenster. Draußen peitschte kalter Regen über die Winterheide. »Ich dachte, Stuart Wagg kennt jeden Menschen von Rang und Namen.«
    »Du bist gemein!«
    »Ich habe keinen Ton gesagt.«
    »Das brauchst du auch nicht. Schon wie du die Augen gerollt hast, als wir in Crag Gill

Weitere Kostenlose Bücher