Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
Vom Netzwerk:
Neigung zum Bierbauch. Dunkle Ringe unter seinen Augen zeugten von einer ausgiebigen Silvesterfeier. Einen guten Teil seines Berufslebens hatte er in Newcastle verbracht, wo er eine ehrgeizige Kollegin geehelicht hatte. Nachdem seine Frau ihn dann irgendwann in flagranti mit einer Schutzpolizistin erwischt hatte, folgte eine ziemlich schmutzige Scheidung, und er ging zur Northern Division nach Cumbria. Die meisten von Hannahs Kolleginnen mochten ihn, und eine hatte ihn sogar schon den »Tollen Greg« getauft. Aber über Geschmack ließ sich ja bekanntlich streiten. Irgendein mitfühlendes weibliches Wesen hatte sich jedenfalls bereitgefunden, Gregs blütenweißes Hemd perfekt zu bügeln. Er gehörte nämlich zu der Art von Männern, die Waschen und Bügeln als typisch weibliche Arbeiten betrachteten.
    Hannah hatte ihn schon sehr früh ins Büro kommen lassen, um ihn über den Fall Friend zu briefen, ehe das restliche Team die Arbeit aufnahm. Bereits nach zehn Minuten ging sie davon aus, dass es umso besser war, je weniger sie über Detective Sergeant Greg Wharf erfuhr. Seine blauen Augen glitzerten spöttisch wie die eines vorlauten Kindes.
    Seine Begeisterung, im Cold-Case-Team gelandet zu sein, hielt sich in Grenzen. Er war von der stellvertretenden Polizeipräsidentin Lauren Self in die Abteilung versetzt worden, nachdem er einen mehrfach für Sexualdelikte vorbestraften Täter veranlasst hatte, ein Geständnis im Fall einer vergewaltigten Prostituierten abzulegen. Alles sah ganz nach einwandfreier Ermittlungsarbeit aus, bis der Mann sich in seiner Zelle erhängte und zudem herauskam, dass die Nutte ihre Vergewaltigung nur vorgetäuscht hatte, um einem ehemaligen Freund eins auszuwischen. Greg kam zwar ohne Disziplinarverfahren davon, doch er hatte den Bogen überspannt. Der Preis, den er dafür zahlen musste, war das Exil im Cold-Case-Team.
    »Dann starb Bethany also am vierzehnten Februar.« Er kicherte kindisch. »Am Valentinstag.«
    Hannah nickte.
    »Hat das Datum irgendeine Bedeutung?«
    »Es ist an uns, das herauszufinden.«
    »Klar.« Seine Augen wurden schmal. Er sah aus wie ein Schachspieler, der den nächsten Zug plant. Leider hatte Hannah nie die Geduld aufgebracht, Schach zu lernen, aber Greg würde die Spielregeln ohnehin nicht befolgen. »Gibt es denn schon irgendwelche Theorien oder Anhaltspunkte?«
    »Bisher weist nichts darauf hin, dass ihr Tod etwas mit einem Beziehungskonflikt zu tun haben könnte. Natürlich ist es durchaus möglich, dass sie den Freitod gewählt hat, weil etwas in ihrem Liebesleben schieflief.«
    »Wie war sie? Exzentrisch?«
    Seine Grimasse ließ darauf schließen, dass Exzentrik seiner Meinung nach bei Frauen sozusagen zum Berufsrisiko gehörte.
    »Bethany war ruhig und las viel. Alle, die sie kannten, beschrieben sie als eher zurückgezogen lebenden Menschen.«
    »Selbst wenn wir jetzt monatelang widerwillige Zeugen verhören, kann es uns passieren, dass wir am Ende nicht weiter sind als heute.«
    »Ein Freitod ist möglich, aber eher unwahrscheinlich.«
    Greg deutete mit dem Kopf auf eine Nahaufnahme des Opfers, die an die Weißwandtafel geheftet war. »Wegen des Knebels?«
    Das Gesicht der Frau auf dem Foto war zerschunden und geschwollen. Mit geschlossenen Augen und offenem Mund schien sie in den Wollschal zu beißen. Hannah wandte den Blick ab. Niemand sollte so sterben müssen. Die junge Frau war nicht nur tot, sondern man hatte sie auch entwürdigt.
    »Der Knebel saß zwar sehr fest, aber rein physikalisch könnte sie ihn selbst geknotet haben. Das Gleiche gilt für die Fesseln.«
    »Hm. Hört sich ziemlich abgedreht an.«
    »Ihre Hände waren hinter ihrem Rücken gefesselt.« Hannah wollte sich nicht ködern lassen. »Mit einem Zündkerzenkabel, und zwar relativ locker.«
    »Es ist nicht ganz leicht, jemanden mit einem Starthilfekabel vernünftig zu fesseln.« Er grinste, als wolle er andeuten, dass er es selbst schon einmal versucht hätte.
    »Ihre Fußknöchel waren mit einem Abschleppseil zusammengebunden. Bis heute wissen wir nicht, ob das Seil und die Kabel der Toten gehörten oder ob sie jemand mitgebracht hat. Am Hals der Toten wurden Abschürfungen gefunden, als wäre sie gewürgt worden. Möglicherweise mit dem Schal. Vielleicht hat sie ihn um ihren Hals gebunden, sich dann aber anders entschlossen.«
    »Mit anderen Worten: Sie hätte sich das alles selbst antun und sich schließlich selbst ins Wasser werfen können?«
    »In ein Gewässer von fünfundvierzig

Weitere Kostenlose Bücher