Zu Staub Und Asche
sind?«
»Warum nicht? Immerhin habe ich ein Buch und eine Fernsehserie über dieses Thema gemacht.«
»Bevor du alles über Bord geworfen hast.«
»Ich musste einfach raus aus dem Trott.«
»Ich glaube nicht ...« Louise brach ab. Ihr Bruder hörte plötzlich nicht mehr zu. »Was ist?«
Daniel spähte durch das Fenster. Der Regen war stärker geworden. Eine dunkle Gestalt in Kapuzenjacke und Wanderstiefeln kam aus Richtung des Weihers und platschte durch die Pfützen auf das Haus zu.
»Irgendwer läuft durch meinen Garten.«
»Vermutlich Stuart. Ich habe ihm von deinem Cottage erzählt, und er fand es faszinierend. Auf dem Weg habe ich ihn an der alten Mühle abgesetzt. Er wollte am Bach entlanglaufen. Ein bisschen frische Luft tut ihm bestimmt gut - er hat letzte Nacht nicht geschlafen.«
Daniel betrachtete die Gestalt im Garten. Das Gesicht des Mannes wurde von der Kapuze verdeckt, aber er musste bemerkt haben, dass man ihn beobachtete, denn er hob eine schwarz behandschuhte Hand.
Hätte Daniel Stuart Wagg nicht erkannt, hätte er die Geste nicht als Gruß, sondern als Drohung interpretiert.
»Louise hat mir gerade erzählt, dass es gestern Abend bei der Party Ärger gegeben hat.«
Stuart Wagg lümmelte sich auf ein Sofa und leerte den letzten Tropfen aus seinem Whiskyglas. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, seine Schuhe richtig abzustreifen; eine Spur aus lehmigen Fußspuren zog sich über Daniels Teppich.
»So schlimm war es nun auch wieder nicht.«
»Wie hat Arlo es denn geschafft, die Dame derart zu verärgern?«
Wagg zuckte die Schultern. »Weiß der Himmel! Ich hatte ihn eingeladen, weil wir das Festival sponsern. Wanda ist zurzeit ziemlich dünnhäutig, und beide hatten schon einiges getrunken. Wer weiß, vielleicht hat Arlo versucht, bei ihr zu landen.«
»Wäre das nicht ziemlich dreist gewesen? Immerhin ist sie erst seit sehr kurzer Zeit Witwe.«
»Wissen Sie was, Daniel? Mein Motto lautet: Wer nicht fragt, wird auch nicht angelogen. Solche Sachen passieren nun einmal. Morgen ist alles vergessen und vorbei. Schließlich ist niemand ums Leben gekommen.«
»George Saffell schon.« Louise schauderte. »Irgendwer hat sein Refugium am See in eine Feuerhölle verwandelt.«
»Aber das hat doch nichts mit gestern Abend zu tun.« Waggs Unterkiefer wirkte plötzlich angespannt. »Außer vielleicht, dass Wanda noch trauert. Wir sollten nicht so streng über sie urteilen.«
»Kennst du sie schon lang?«, fragte Louise.
»Wir waren zusammen in der Schule. Sie war ein paar Jahre jünger als ich, stach aber schon damals aus der Menge heraus. Als Jugendlicher habe ich sie ein paarmal ins Kino eingeladen - alles ganz unschuldig, versteht sich.«
»Klar doch.«
»Du darfst mir ruhig glauben.« Er heuchelte verletzte Unschuld. »Mehr als ein bisschen Fummelei in der letzten Reihe im Royalty in Bowness ist nie passiert. Wanda war eine sehr wohlerzogene junge Dame. Sie interessierte sich fast ausschließlich für ihr Hobby - etwas anderes konnte da nicht mithalten.«
»Ein Hobby?«
»Nun, vielleicht war es ja auch eine Berufung oder einfach nur ein Geschäft - wer weiß. Sie liebte alles, was mit Drucken zu tun hat. Schon als Jugendliche interessierte sie sich mehr für diese Dinge als für mich. Und heute ist es noch immer so.«
»Kannten Sie ihren Ehemann?«
»Den guten, alten George? Ja natürlich! Wir verkehrten in den gleichen Kreisen. Außerdem liebte er Bücher ebenso wie ich.«
Louise hob die Augenbrauen. »Bist du sicher, dass du Bücher liebst?«
»Wie meinst du das?« Wagg klang wie ein Bischof, den man der Blasphemie bezichtigte.
»Ich glaube, dass das, was du wirklich liebst, der Nervenkitzel der Jagd ist - die Faszination, eine seltene Erstausgabe ausfindig zu machen und sie sofort deiner Sammlung einzuverleiben, damit niemand anders dir das Vergnügen streitig machen kann, sie zu besitzen.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen.
Dann schüttelte Wagg den Kopf. »Du täuschst dich.«
»Wie viele von deinen wertvollen Büchern hast du tatsächlich gelesen?« Louise wandte sich an Daniel. »Du solltest mal seine Bibliothek sehen - eine Bodleian im Miniformat. Trotzdem glaube ich nicht, dass er auch nur ein Zehntel dieser Bücher gelesen hat.«
»Irgendwann einmal«, brummte Wagg. »Wenn ich mehr Zeit habe.«
»In der Zwischenzeit nehme ich an, dass du Marc Amos' Geschäft weiter unterstützen wirst.«
»Ich habe gehört, Sie kennen Marcs Lebensgefährtin.« Daniel bemühte
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