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Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
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Bethanys Tod wusste, als er zugeben wollte. Es gab jedoch keinerlei Beweis, dafür aber viele andere dringende Fälle, bei denen zweifelsfrei feststand, dass ein Verbrechen begangen worden war. Er musste aufgeben, und das hat ihn zeitlebens gewurmt. Eine unerledigte Aufgabe.«
    »Handelte es sich bei diesem Beamten vielleicht zufälligerweise um Ben Kind?« Gregs weiße Zähne glänzten.
    Scheiße. Wäre es ein Spiel gewesen, hätte er sie jetzt ins Schach manövriert. Sie nickte kurz und betete, dass sie nicht errötete.
    »Ich habe mit ihm zusammengearbeitet.«
    »Das ist mir bekannt.«
    Sein wissendes Lächeln wurde breiter. Mistkerl! Was hatte man ihm über sie und Ben erzählt?
    »Seine Berichte über den Fall haben mich überzeugt, dass Bethanys Tod eine nähere Betrachtung verdient hätte, sobald wir Kapazitäten frei hätten.«
    »Aha.«
    »Oh ja. Und seit Sie zu unserem Team gestoßen sind, verfüge ich endlich über die nötige Manpower.«
    Friss oder stirb, du vorlauter Flegel!
    Greg Wharf runzelte die Stirn.
    »Aber was wissen wir denn überhaupt über sie?«
    Dann war er also doch interessiert? Auf keinen Fall sollte eine dumme Punktehascherei ihre Zusammenarbeit von Anfang an vergiften. Einem ehrgeizigen jungen Mann, der eine hohe Meinung von sich hatte, musste das Cold-Case-Team als Sackgasse erscheinen. Wenn es keine verwertbare DNA mehr gab - keine Beweisstücke, bei denen sich die Pressestelle in der Aussicht auf eine erotische Titelzeile die Lippen lecken konnte -, war nur ein verschwindender Teil der Ermittlungen von Erfolg gekrönt.
    Hannah lehnte sich an die Weißwandtafel und schloss die Augen. Sie brauchte ihre Notizen nicht. Nachdem sie sich stundenlang mit Zeugenaussagen und dem Untersuchungsprotokoll beschäftigt hatte, kannte sie die Eckdaten auswendig.
    »Bethany war fünfundzwanzig. Nach dem Universitätsexamen hatte sie unzählige kurzfristige Gelegenheitsjobs. Ihre Leidenschaft war die Schriftstellerei. Trotzdem musste sie natürlich irgendwie ihre Brötchen verdienen, aber jede freie Sekunde verbrachte sie mit Schreiben. Häufig ließ sie sich von Zeitarbeitsfirmen anheuern, verbrachte aber auch ein komplettes Semester als Sekretärin im Büro der University of South Lakeland. Bis kurz vor ihrem Tod ging sie mit einem Mann aus, der ab und zu Vorlesungen im Fach Englisch gab.«
    »Dieser Nathan Clare? Ihre Bumsbekanntschaft?«
    Hannah ging nicht auf seine Anzüglichkeit ein. »Clare bezeichnete das Verhältnis als ›Liebe ohne Bindungszwang‹.«
    »War der Kerl etwa verheiratet?«
    Hannah schüttelte den Kopf. »Mit Ehe hatte er nichts am Hut. Feste Beziehungen scheinen ihm ein Horror zu sein.«
    »Könnte er Bethany auf dem Gewissen haben?«
    »Nach allem, was ich über ihn gehört habe, liebt er seine Freiheit über alles.«
    »Ich kann den Kerl nur allzu gut verstehen.«
    »Er ist ganz wild auf Samuel Taylor Coleridge und solche Leute. Sie könnten sich bei einem Ale mit ihm über Xanadu unterhalten.«
    Er schob sich eine Haarsträhne aus der Stirn und sah sich um, als suche er nach einem Spiegel, vor dem er sich produzieren könnte. »Xanadu? Ist das nicht dieser Nachtklub in Whitehaven?«
    Hannah folgte seinem Blick. Er ruhte auf einem weiteren Foto des Opfers, einem Porträt, das Bethanys Mutter zwölf Monate vor ihrem Tod aufgenommen hatte. Bethany war mit ihrem schulterlangen braunen Haar, einer sehr reinen Haut und starken, regelmäßigen Zähnen auf eine unaufdringliche Art hübsch gewesen. Ein geheimnisvolles Mona-Lisa-Lächeln schien darauf hinzuweisen, dass sie sich über einen Scherz der Fotografin amüsierte. Keine Frage, dachte Hannah, sie hatte irgendetwas an sich, das Interesse weckte. Bethany Friend hatte mehr zu bieten, als es zunächst den Anschein hatte.
    Greg Wharfs Typ war sie jedoch nicht. »Eins ist mal sicher«, sagte er. »Dieser Nathan Clare scheint Herausforderungen zu lieben.«
    Als Hannah wieder im Refugium ihres eigenen Büros saß, schloss sie die Augen und stellte sich vor, selbst am Ufer des Schlangenweihers zu stehen. Wie mochte es sich anfühlen, eine Frau am Rande der Verzweiflung zu sein - eine Frau, die nur noch einen Ausweg sieht?
    War Bethany wirklich an jenem kalten Wintertag von Grasmere nach Ambleside gefahren und allein den Berg hinaufgewandert? Hatte sie den Schal um ihren Hals gezurrt, bevor sie es sich anders überlegte und ihn stattdessen in ihren Mund stopfte? Hatte sie die Zündkabel und das Abschleppseil aus dem Kofferraum ihres

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