Zu Staub Und Asche
Wettstreit. Sie müssen an den beiden ganz schön verdient haben.«
»George war ein wundervoller Kunde. Ich vermisse ihn sehr.«
»Das kann ich mir lebhaft vorstellen.« Sie sagte nicht, dass sie ihren Mann ebenfalls vermisste. »Aber zumindest gab es auf dieser Scheißparty wenigstens einen Lichtblick für mich. Es hat mir einen Riesenspaß gemacht, Arlo Denstone Wein über den Anzug zu kippen.«
»Worum ging es denn überhaupt?«
Sie wischte die Frage beiseite. »Egal - es hat sich ohnehin erledigt.«
»Aber ...«
»Ich weiß nicht einmal, ob die Sache meine Begeisterung überhaupt wert war. Denstone hatte angeboten, Nathan anlässlich des Festivals eine Dichterlesung abhalten zu lassen. Könnte sein, dass er sein Angebot jetzt zurückzieht, obwohl ich hoffe, dass er nicht so nachtragend ist. Immerhin wäre es eine gute Gelegenheit, ein paar Bücher zu verkaufen.« Ihr Gesichtsausdruck war reumütig geworden. »Danke, dass Sie einige Exemplare genommen haben.«
»Ich setze sie in meinen nächsten Katalog.« Genüsslich ließ Marc die Johannisbeermarmelade, die er auf sein Scone gestrichen hatte, auf der Zunge zergehen. »Auch ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Ich hatte eigentlich vor, zu Georges Beerdigung zu kommen, aber im letzten Moment kam etwas dazwischen.«
Das stimmte natürlich nicht. Marc hasste Beerdigungen. Jegliche Form von Traurigkeit deprimierte ihn, und den Gedanken, an einem trüben, feuchten Tag an einem Grab zu stehen, hatte er beim besten Willen nicht ertragen. Er war also nicht hingegangen, hatte aber sein Gewissen dadurch beruhigt, dass er der von Wanda ausgesuchten, wohltätigen Vereinigung zu Georges Andenken einen ansehnlichen Scheck ausstellte. An Wandas hochgezogenen Augenbrauen erkannte er, dass sie seine Lüge zwar durchschaut hatte, dass es jedoch für sie keine Rolle spielte. Ihr gingen ganz andere Dinge durch den Kopf.
»Es ist nicht mein Ding, die trauernde Witwe zu spielen. Schließlich weiß hier jeder, dass George und ich - nun ja, mehr oder weniger getrennte Wege gingen. Klar, dass der Klatsch nicht auf sich warten lässt.«
»Ich verstehe nicht ganz.«
»Die Leute fragen sich doch, ob ich den Brand gelegt habe. Oder ob ich jemanden dafür bezahlt habe, es zu tun.«
»Niemand kann doch ernsthaft davon ausgehen ...«
»Aber natürlich können sie. Manchmal kommt es mir vor, als würde sich der ganze Lake District das Maul über mich zerreißen. Mein Ausraster auf der Party hat die Sache nicht besser gemacht.«
»Vielleicht war das Feuer ja doch ein Unfall.«
»Es war kein Unfall, und Selbstmord würde keinen Sinn ergeben. George hätte niemals Hand an sich gelegt, das dürfen Sie mir glauben. Und ganz bestimmt nicht auf eine so entsetzliche Weise. Wie die meisten Männer war er wie ein Kind. Er hatte dermaßen große Angst vor Schmerzen, dass es eine grauenhafte Qual für ihn gewesen sein muss. Allein der Gedanke ist kaum zu ertragen. Außerdem hätte er natürlich niemals seine kostbare Sammlung vernichtet. Er liebte Bücher mehr als alles andere auf der Welt - mich eingeschlossen.«
Mrs Beveridge tauchte aus der Küche auf. »Ist es in Ordnung, wenn ich in fünf Minuten schließe?«
Es klang vorwurfsvoll. Marc sprang auf. »Wir gehen Ihnen sofort aus dem Weg.«
Wanda Saffell stand ebenfalls auf. »Ich denke, ich sollte jetzt gehen. Vielen Dank fürs Zuhören.«
Aus Höflichkeit hätte er beinahe gesagt: Jederzeit gern, doch Mrs Beveridge hatte angefangen, rings um ihren Tisch die Stühle nach oben zu stellen; ehe auch nur ein Wort über seine Lippen kam, war Wanda zur Tür hinaus und in einem weiteren Graupelschauer verschwunden.
Als er wieder in seinem Büro saß, kümmerte er sich um die Einträge in den nächsten Katalog, prüfte Preise im Internet und bearbeitete Bilder von Einbänden am Computer, bis alle Details klar zu erkennen waren. Dank der digitalen Fotografie war es einfacher geworden, potenziellen Käufern ein Buch genau zu beschreiben und damit mögliche Beschwerden auf einem Minimum zu halten. Allerdings hatte es bei Marc nie viele Beschwerden gegeben. Er liebte Bücher viel zu sehr, um Lügen über sie zu verbreiten.
Die Tür ging auf. Anscheinend hatte Cassie sich das Klopfen abgewöhnt.
»Schließen Sie gleich ab?«
Er fuhr den Rechner herunter und sagte: »Ich bin in fünf Minuten fertig. Wir können dann zusammen gehen.«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, mich an der Bushaltestelle abzusetzen? Mein Auto ist in der Werkstatt.
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