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Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
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abhauen. Ich erinnere mich noch an Zeiten, als Kriminalbeamte sich vor Degradierung fürchteten. Heute wird man dadurch bestraft, dass man bei der Kripo bleiben muss, massenhaft Überstunden absolvieren darf, dafür aber die Zuschüsse für Zivilkleidung gestrichen bekommt.«
    »Was glauben Sie wohl, warum ich nicht zurück zur uniformierten Polizei geschickt wurde?« Greg Wharf wischte sich den Bierschaum von den Lippen. »Da stimmt wenigstens noch das Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben.«
    »Man hätte sich doch nicht träumen lassen ...«, begann Les, bevor er in einen wilden Niesanfall ausbrach.
    »Kein Wunder, dass es bei der Kripo so viele freie Stellen gibt.«
    Die beiden bilden schon jetzt eine Art Doppelspitze, dachte Hannah und nippte an ihrer Limonade. Die Schimpfenden Schutzmänner. Allerdings hätte Ben Kind ihnen vermutlich recht gegeben. Immer weniger Polizisten strebten die höhere Laufbahn an, weil die Arbeitszeiten zu lang waren. Freie Tage wurden fast schon routinemäßig gestrichen, Dienstpläne und Schichten wechselten kurzfristig, und unrealistische Zielvorgaben vergifteten die Polizeiarbeit. Die Regierung hatte in den vergangenen zehn Jahren dreitausend neue strafbare Handlungen ins Gesetzbuch aufgenommen, um zu beweisen, dass man sich um die Verbrechensbekämpfung kümmerte. Dies führte dazu, dass Jugendliche »bestraft« werden mussten, wenn sie sich in der Absicht, es irgendwann zu werfen, auch nur im Besitz eines Hühnereis befanden. Die Arbeit der Kriminalisten verschob sich immer mehr in Richtung statistischer Erfassung, weit entfernt von so zeitintensiven Dingen wie Einbrüchen oder Vergewaltigungen. Kriminalbeamte saßen am Schreibtisch und verbrachten ihre Zeit damit, Formulare auszufüllen, um die Bedürfnisse einer ganzen Armee von Anwälten und Sozialarbeitern zu befriedigen.
    »Ein häuslicher Streit wird doch heutzutage nicht mehr beruhigt!« Greg lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und jammerte der guten, alten Zeit nach. »Man provoziert eine Handgreiflichkeit und nimmt den Täter fest. Verbrechen, Ermittlung und Aufklärung - alles in ein paar Minuten. Locker vom Hocker.«
    »Aber wir müssten wirklich ...« Hannah hielt es für angebracht, Lauren ein wenig Schützenhilfe angedeihen zu lassen, wurde aber sofort von lautem Protest übertönt.
    »Oh nein! Da draußen laufen Einheiten rum, die statt Helmen gesponserte Baseballkappen tragen. Die Gerichtsmedizin ist privatisiert worden, und als Nächstes sind die Computerfreaks dran. Wie lange wird es wohl noch dauern, bevor wir ...«
    Das Summen von Hannahs Mobiltelefon unterbrach die Schimpftirade. Sie sah die Nummer auf dem Display und erkannte sie sofort.
    Daniel Kind.
    Eine Welle der Erregung durchfuhr sie wie ein elektrischer Schlag. Ob es wohl ein ähnliches Gefühl war, wenn sich ein Drogenabhängiger nach Monaten des kalten Entzugs wieder einen Schuss setzte?
    Sie murmelte eine undeutliche Entschuldigung und verließ hastig den Tisch, um auf jeden Fall außer Hörweite zu sein.
    »Hallo?«
    »Hannah? Hier ist Daniel. Daniel Kind.«
    Als ob er sich hätte vorstellen müssen! Ein anderer Daniel existierte nicht.
    »Entschuldigen Sie.« Er klang recht nervös; vielleicht hatte er ihr Schweigen als kalte Schulter interpretiert. »Störe ich irgendwie?«
    »Ich lasse gerade einen Redeschwall meiner Kollegen über die Schattenseiten moderner Polizeiarbeit über mich ergehen.«
    »Ich mache es kurz.«
    »Keine Sorge.« Sie zögerte. »Ehrlich gesagt kommt mir ein bisschen Ablenkung gerade recht. Am besten so lang, bis die beiden ihr Bier getrunken und sich vom Acker gemacht haben.«
    »Sie klingen, als hätten sie alles ziemlich satt.«
    »Und das so kurz nach den Feiertagen! Ich fühle mich schon jetzt wieder in der üblichen Tretmühle. Wie geht es Ihnen? Ich habe Louise getroffen ...«
    »Ich weiß.« Immer noch schwang eine gewisse Angst in seiner Stimme. Ob etwas nicht stimmte? »Wegen Louise rufe ich auch an. Ich würde gern mit Ihnen reden. Vertraulich, wenn möglich.«
    »Hat Ihre Schwester ein Problem?«
    »Also ...«
    Er geriet ins Schwimmen.
    »Was ist denn?«
    »Sie hat sich von Stuart Wagg getrennt, und jetzt ist er ...«
    Der sonst stets so eloquente Daniel Kind fand keine Worte? Seltsam! Und trotzdem - gib es zu, Hannah - war da dieser wohlige, erregende Schauder. Es tat so gut, dass er sie anrief, wenn er Hilfe brauchte!
    Sie bemühte sich um ihren kompetentesten Chief-Inspector-Ton, als sie sagte: »Das

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