Zu viel Glück: Zehn Erzählungen (German Edition)
ist fauliges Holz, in dem sich Schwamm gebildet hat, zwischen den Ringen. Aber im Allgemeinen ist die Festigkeit so, wie man sie erwartet – größer im Kernholz als im Splintholz und größer in den breiten Stämmen, die teilweise freistehend gewachsen sind, als in den schlanken, hohen, die sich mitten im Wald ihren Weg nach oben gesucht haben.
Überraschungen. Aber man kann sich auf sie vorbereiten. Und wenn man vorbereitet ist, besteht keine Gefahr. Er hatte immer vor, all das seiner Frau zu erklären. Die Arbeitsvorgänge, die Überraschungen, die Selbstbestätigung. Aber ihm fiel nicht ein, wie er das anfangen sollte, so dass ihr Interesse geweckt wurde. Manchmal wünschte er, es wäre ihm gelungen, sein Wissen an Diane weiterzugeben, solange sie noch jünger war. Jetzt hatte sie bestimmt keine Zeit mehr, ihm zuzuhören.
Und in gewisser Weise sind seine Gedanken an Holz zu privat – sie sind begehrlich und nahezu obsessiv. Dabei ist er nie in irgendeiner anderen Hinsicht habgierig gewesen. Aber er kann nachts wach liegen und an eine prächtige Buche denken, der er zu Leibe rücken will, und darüber nachsinnen, ob sie sich als so zufriedenstellend erweisen wird, wie sie aussieht, oder ob sie einige Tricks auf Lager hat. Er denkt an all die Waldstücke im Landkreis, die er noch gar nicht gesehen hat, weil sie sich am hinteren Ende von Farmen befinden, hinter privaten Feldern. Wenn er eine Straße entlangfährt, die durch ein Waldstück führt, wendet er den Kopf ständig von einer Seite zur anderen, aus Angst, ihm könne etwas entgehen. Auch was für seine Zwecke wertlos ist, interessiert ihn. Ein Bestand von Hainbuchen, zum Beispiel, zu zart, zu schwächlich, um sich damit abzugeben. Er sieht die dunklen, vertikalen Rippen an den helleren Stämmen schräg hinunterstreben – er wird sich merken, wo sie stehen. Er würde gern in seinem Kopf eine Karte von jedem Waldstück anlegen, das er sieht, und obwohl er das mit praktischen Zwecken rechtfertigen könnte, wäre das nicht die ganze Wahrheit.
Ein oder zwei Tage nach dem ersten Schnee ist er draußen im Wald und schaut sich markierte Bäume an. Er hat das Recht, hier zu sein – er hat schon mit dem Farmer gesprochen, dessen Name Suter ist.
Am Rande dieses Waldstücks befindet sich eine illegale Müllkippe. Die Leute haben ihre Abfälle an dieser verborgenen Stelle weggeworfen, statt sie zur städtischen Müllkippe zu bringen, vielleicht, weil deren Öffnungszeiten ihnen nicht passten oder deren Lage nicht so günstig war. Roy sieht, wie sich da etwas bewegt. Ein Hund?
Aber dann richtet sich die Gestalt auf, und er sieht, es ist ein Mann in einem schmutzigen Mantel. Nämlich Percy Marshall, der im Müll herumstochert, um zu sehen, ob sich etwas findet. Früher konnte man an solchen Stellen hin und wieder wertvolles Steingut oder alte Flaschen oder sogar einen kupfernen Badeofenkessel entdecken, aber das kommt kaum noch vor. Und Percy ist ohnehin kein sachkundiger Lumpensammler. Er hält nur Ausschau nach irgendetwas, das er gebrauchen kann – obwohl sich schwer vorstellen lässt, was das sein könnte, in diesem Haufen aus Plastikbehältern, zerrissenen Fliegengittern und Matratzen, deren Eingeweide herausquellen.
Percy wohnt alleine in einem Zimmer auf der Rückseite eines ansonsten leerstehenden und mit Brettern vernagelten Hauses an einer Kreuzung ein paar Meilen von hier. Er läuft die Landstraßen ab, läuft die Bäche entlang und durch die Stadt, führt dabei Selbstgespräche, spielt manchmal die Rolle eines schwachsinnigen Landstreichers und gibt sich dann wieder als gewitztes städtisches Original. Sein Leben aus Unterernährung, Schmutz und Verwahrlosung hat er sich selbst ausgesucht. Er hat es mit dem Städtischen Altersheim probiert, aber den geregelten Alltag und die Gesellschaft so vieler anderer alter Menschen konnte er nicht ertragen. Vor langer Zeit hat er mit einer recht guten Farm angefangen, aber das Leben eines Farmers war ihm zu eintönig – also hat er sich über Schwarzbrennerei, verpfuschte Einbrüche und einige Gefängnisaufenthalte hinuntergearbeitet, dann hat er sich in den letzten zehn Jahren mit Hilfe der Rente wieder zu einem gewissen geschützten Status hinaufgearbeitet. In der Lokalzeitung stand sogar ein Artikel über ihn mit Foto.
Der Letzte seiner Art. Hiesiger Freigeist mit spannenden Einblicken und Einsichten
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Er klettert schwerfällig aus der Grube, als fühle er sich verpflichtet, ein Gespräch
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